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Wiesbaden Biennale-Finale – Unser Tipp: Taucht jetzt noch ein in Theaterfestival der doppelt anderen Art

Die Wiesbaden Biennale biegt, gefühlt kaum begonnen, schon wieder auf die Zielgerade. Wer bisher noch nicht da/bei war bei dem Theaterfestival, das Anderes und Außergewöhnliches aus aller Welt nach Wiesbaden bringt, hat schon einiges verpasst. Aber keine Sorge: Es stehen in den kommenden vier Tagen noch einige Highlights auf dem Programm. Man kann – und sollte – noch eintauchen in ein Theaterfestival der doppelt anderen Art.

Anders ist das Festival per se, weil es eben nicht das zeigt, was sonst im Staatstheater auf die Bühne kommt. Anders ist diese Biennale auch, weil sie unter neuer Leitung und völlig anderen Vorzeichen eben einen ganz anderen Charakter hat als ihre Vorgängerausgaben, mit denen 2016 und 2018 die tragisch verunglückte Maria Magdalena Ludewig und Martin Hammer unsere manchmal recht schläfrige Stadt aufmischten und zum Brodeln brachten.

Eintauchen in sonst kaum zu erlebende Welten

Gleich ist diese Biennale, die der neue Kurator Kilian Engels fast komplett im Staatstheater selbst auf die Bühnen bringt, weil sie seltene Chancen eröffnet, in sonst hier kaum zu erlebende Theater-, aber auch Themenwelten einzutauchen. Bevor man sich nun allzu lange überlegt, was genau diese Biennale will und bringt, was sie bietet oder eben auch was nicht, sollte man sich einfach einen Ruck geben und sich auf den Weg machen in eine der oder auch mehrere oder gleich alle verbleibenden Vorstellungen.

Großen Jubel gab es am Mittwochabend im Großen Haus für Dorothée Munyanezas berührende und beeindruckende Produktion „Mailles“ („Geflecht“), in der die 1982 in Kigali, Ruanda geborene und in Marseille lebende Musikerin und Choreografin gemeinsam mit fünf weiteren schwarzen Frauen auftritt – allesamt mit afrikanischen Wurzeln, aber alle leben in unterschiedlichen Ländern. Muyanzeza stellt die Frage nach einer universellen weiblichen Kraft, die diese Frauen über Kultur- und Ländergrenzen hinweg miteinander teilen. Heute um 19.30 Uhr gibt es eine zweite Chance, sich in den Sog der Bilder, der Musik und der Geschichten hineinziehen zu lassen.

Einen Strandbesuch der besonderen Art ermöglicht ab Freitag „Sun & Sea“. Die Wartburg ist komplett mit Sand gefüllt, auf und in diesem spielt sich eine subversiv-hintergründige musikalische Performance ab, die auf der Biennale in Venedig für stundenlange Warteschlangen sorgte und mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet wurde. Die eigentliche Aufführung der litauischen Künstlerinnen unter Mitwirkung von Wiesbadener:innen dauert nicht etwa, wie manche entsprechend der veröffentlichten Zeitpläne annehmen vier Stunden, sondern nur etwa eine Stunde – wer mag, kann aber länger im Geschehen verweilen und das Treiben der Akteur:innen mit Lesen, Picknicken, Ballspielen und anderen Aktivitäten beobachten – und sich dabei auch beabsichtigte Gedanken zur klimapolitischen Weltlage und Folgen des Massentourismus machen.

Alexandra Bachzetsis‘ neues Stück »2020: Obscene« setzt am Samstag und Sonntag, 10. und 11. September, Körper, Text und Bild ein, um die Doppeldeutigkeit von »Szene« und »Obszönität« zu erkunden. Gemeinsam mit drei Co-Performer:innen konzentriert sie sich auf das Verhältnis zwischen der Inszenierung des exzessiven Körpers und dessen Konsum durch den begehrenden Blick und die überwältigende Textualität. Die Performer:innen werden mit ihrer eigenen Körperlichkeit konfrontiert – mit den Widersprüchen zwischen Intuition und Geste, Licht und Nacht, Partitur und Skript, Norm und Form, Konzeption und Aktion. sensor verlost für „Obscene“ 5×2 Freikarten – Schreibt eine Mail mit Wunschtag bis Freitag, 9. September, 12 Uhr an losi@sensor-wiesbaden.de

»The Feminine and The Foreign« ist ein Projekt, bei dem das kenianische NEST-Kollektiv, das gerade auch einen besonderen Beitrag zur laufenden „documenta“ in Kassel geliefert hat, mit Aktivist:innen und Kulturinstitutionen auf der ganzen Welt zusammenarbeitet, um in verschiedenen Städten in Schwarze feministische, queere und Migrations-Aktivist:innengemeinschaften einzutauchen – auf der Suche nach den theoretischen, ideologischen, spirituellen, emotionalen und philosophischen Verbindungen zwischen all diesen Bewegungen und Communities. Nach Stationen in Kapstadt und London soll dieses Projekt anlässlich der Wiesbaden Biennale in der Rhein-Main Region und Nairobi fortgesetzt werden. Aktivist:innen aus beiden Regionen werden am Samstag, 10., und Sonntag, 11.9., in einem künstlerischen Dialog mit The NEST in einem interaktiven Screening einem breiten Publikum vorgestellt.

Getanzt werden darf im Foyer des Großen Hauses am Samstag bis 3 Uhr morgens – aber nicht von allen. THE NEST schmeißt mit „High Voltage“ eine FLINTA*-Party. Flinta*? Das steht für Frauen, Lesben, intersexuelle, nicht-binäre, trans und agender Personen. Wer sich dazu zählt, darf am Samstag ab 22 Uhr das Staatstheater-Foyer ansteuern – und gerne auch noch mitmachen bei unserer Verlosung von 3×2 Freikarten für die Party: Schreibt eine Mail bis Freitag, 9. September, 12 Uhr, an losi@sensor-wiesbaden.de

Festivalgarten mit afrikanischem Essen

Leckeres – afrikanisches – Essen und gute Getärnke gibt es übrigens während der Biennale bis Sonntag täglich von 15 bis 24 Uhr im Festivalgarten am Warmen Damm. Dort ist auch noch am Freitag (17 Uhr) und Samstag und Sonntag (13.30 Uhr) die sehr empfehlenswerte, unterhaltsame sowie fein- und tiefsinnige performative Tour „Group Walk(s)“ zu erleben, bei freiem Eintritt.

sensor präsentiert die Wiesbaden Biennale bis 11. September als Medienpartner. Das volle Programm, Infos und Tickets unter www.wiesbaden-biennale.eu

(Dirk Fellinghauer/Fotos Melanie Hofmann, Andrej Vasilenko, Leslie Artamonow)