Mit einem großen Ensemblestück und einer der meistgespielten Komödien William Shakespeares beschließt das Schauspielensemble seine Spielzeit. Am Samstag, den 21. Juni um 19.30 Uhr feiert „Wie es euch gefällt“ Premiere im Kleinen Haus. Das heitere Schauspiel um Machtklüngel am Hof, Rollentausch und die Wirren der Liebe gehörte 1599 zu den Eröffnungsstücken des Londoner Globe-Theaters und enthält das vielleicht bekannteste Shakespeare-Zitat „Die ganze Welt ist eine Bühne und Fraun wie Männer nichts als Spieler.“ Ähnlich der meisten Shakespeare-Komödien verhandelt es auch ernsthafte Themen, wie das Verhältnis von Spiel und Realität, von Schein und Sein, die Bedeutung der Liebe und der Beziehungen der Geschlechter für die eigene Identitätsfindung oder die Möglichkeiten und Grenzen eines alternativen Lebens in der Natur, in der der Wald als symbolischer Ort der Prüfung und Rehabilitation erscheint. Regie führt der preisgekrönte Regisseur Nurkan Erpulat.
Rosalinde, die Tochter des verbannten Herzogs, verliebt sich in Orlando, dessen Bruder Oliver ihm sein Erbe vorenthält. Unabhängig voneinander fliehen sie vor dem tyrannischen Herzog Frederick mit ihren engsten Vertrauten in den Wald von Arden. Rosalinde verkleidet sich in Begleitung ihrer Cousine Celia und dem Narren Touchstone als Mann und nennt sich fortan Ganymed. Im Wald leben der verbannte Herzog Senior und sein Gefolge und begreifen die neue Heimat als Ort voller Möglichkeiten. Rosalinde verkleidet als Ganymed trifft im Exil wieder auf Orlando, den sie als liebeskranken Rastlosen in ihrer Männerrolle auf die Probe stellt. Auch ihre Begleiter:innen finden im Wald ihr Liebesglück, unabhängig ihres jeweiligen Standes und Herkunft der/des angebeteten Liebsten. Erst das Aufdecken von Rosalindes Verkleidung löst die große Liebes(verw)irrung wieder auf …
Nurkan Erpulat zählt zu den prägenden Regisseuren im Bereich des postmigrantischen Theaters. Seine Produktionen setzen sich häufig mit Fragen von Identität, Migration und Integration auseinander. Im Zentrum dieses Theaterabends steht eine positive Exilerfahrung als Möglichkeit eines Neuanfangs. Mit seinem Team befragt er die Komödie hin auf eine zeitgemäße Umsetzung in Hinblick auf Genderklischees sowie Theaterkonventionen, die mit den Publikumserwartungen spielt. Bühnenbildnerin Gitti Scherer begreift den Theaterraum als weißes, unbeschriebenes Blatt Papier, das es zu bespielen gilt. Die Kostüme von Aleksandra Kica unterstreichen die Unterschiedlichkeit der aufeinandertreffenden Welten von Hof und Wald, die durch die Musik von Michael Haves atmosphärisch mitgeformt werden. Nurkan Erpulat, geboren in Ankara, ist Theaterregisseur, Autor und Dozent. Er studierte Schauspiel in Izmir und Regie an der Hochschule Ernst Busch in Berlin.
Schon frühe Regiearbeiten Erpulats, bspw. „Faked“ nach Kerem Kurdoglu beim Beyond-Belonging-Festival, erhielten ein ungewöhnlich großes Medienecho. Zusammen mit Jugendlichen aus Hannover inszenierte er „Heimat im Kopf“, das 2008 zum Theatertreffen der Jugend eingeladen wurde. Im selben Jahr brachte er sein gemeinsam mit Tunçay Kulaoğlu verfasstes Stück „Jenseits – Bist du schwul oder bist du Türke?“ auf die Bühne des HAU Berlin. Außerdem inszenierte er Feridun Zaimoglus und Günter Senkels „Schattenstimmen“ für das Eröffnungsfestival „Dogland“ des Berliner Ballhaus Naunynstraße.
Gemeinsam mit Jens Hillje adaptierte er den Film „Heute trage ich Rock“ von Jean-Paul Lilienfeld zum Theaterstück „Verrücktes Blut“, das bei der Ruhrtriennale gezeigt wurde und von Theater heute zum „Deutschsprachigen Stück des Jahres 2011“ gewählt wurde, zusätzlich wurde Erpulat als „Nachwuchsregisseur des Jahres“ ausgezeichnet.
Seit 2013 ist Nurkan Erpulat Hausregisseur am Maxim Gorki Theater Berlin und Mitglied des Artistic Boards. Seine Inszenierung „Dunkel lockende Welt“ von Klaus Händl im Wiener Werk X wurde im 2020 mit dem Nestroy-Theaterpreis für die „Beste Off-Produktion“ ausgezeichnet. Für die Produktion „Dschinns“ erhielt er 2023 den Friedrich-Luft-Preis. Mit „Werther“ von Jules Massenet inszenierte er 2021 am Theater Regensburg seine erste Oper.
Seit 2019 ist er zudem Dozent und Studiengangsleiter für Regie an der Akademie für Darstellende Kunst Bayern in Regensburg.
(sun/Foto: Laura Nickel)