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2×5-Interview: Luisa Frankenbach, 17 Jahre, Stadtschulsprecherin

2mal5_LuisaFrankenbach_ganzseitigInterview Dirk Fellinghauer. Foto Arne Landwehr.

BERUF

Du bist die Stimme von 38.000 Schülerinnen und Schülern in Wiesbaden – macht dich diese Vorstellung manchmal nervös?
Nervös? Es ist manchmal nicht so einfach, alle gleich zu repräsentieren. Es fängt schon mit den verschiedenen Schulformen an. Jeder hat da andere Interessen, und es gibt immer verschiedene Meinungen. Aber irgendwo findet man eine Mehrheit  und Einigkeit. Wir sind ja auch ein ganzer Vorstand, ein Team, da trage ich die Verantwortung zum Glück nicht ganz alleine. Immer zwei Schüler repräsentieren eine Schule, mit denen muss man wirklich dauernd in Kontakt stehen, um schließlich „die eine“ Meinung herauszuhören. Die Schüler sind auch sehr geduldig. Da ist schon viel Verständnis da, dass manches dauert und nicht alles klappen kann.

Was motiviert dich, Stadtschulsprecherin zu sein?
Es ist einfach schön, dass man seine Stimme als Schülerin nutzen kann. Mich hat es von Anfang an beeindruckt, dass man sozusagen in einer Kette steht – das fängt mit der Schülervertretung an, dann kommt der Stadtschülerrat, der Landesschülerrat, und am Ende die Bundesebene. Und es macht natürlich ganz viel Spaß. Ich habe tolle neue Leute kennengelernt. Das Wichtigste ist: Wenn man etwas ändern will, dann muss man halt auch was dafür tun.

Was war bisher dein größter Erfolg?
Der Bildungsstreik letztes Jahr war das Beeindruckendste, was wir auf die Beine gestellt haben, natürlich mit großer Hilfe von den Asten und der Landesschülervertretung. Schön war auch die No-Pegida-Demo. Wir hatten die Rede, die Henri Johna für den Stadtschülerrat hielt, zusammen erarbeitet. Das war ein schönes Gefühl, was danach für ein großes Feedback zurückkam. Und wenn in konkreten Einzelfällen die Schüler zu einem kommen und sagen, hey, ihr habt uns wirklich weitergeholfen, ist das das Schönste, auch wenn es nur kleine Schritte sind und kein Riesenprojekt.

Viele stöhnen über G8 – was bleibt auf der Strecke?
Die soziale Kompetenz bleibt total auf der Strecke. Ich selbst war immer eine sehr sehr gute Schülerin und musste zum Glück nie viel für die Schule tun. In der zehnten Klasse, wo man G8 zu spüren bekommen hat, fing es an: Tennisunterricht aufhören, Klavierunterricht aufhören – es war einfach keine Zeit mehr da. Schülern fehlt Freiraum, darüber nachzudenken, was sie eigentlich wollen. Das ehrenamtliche Engagement geht immer mehr zurück, die Schüler haben nur noch Lernen, Lernen, lernen im Kopf und die nächste Klausur. Auch die Lehrer merken, dass zu wenig Zeit da ist. Entsprechend sind dann auch die Leistungen. Sie merken auch, dass ein gewisser Ausgleich nicht mehr herrscht, dass Schüler  plötzlich müder sind, nicht mehr richtig aufpassen, den Unterricht vielleicht mehr stören, weil die Zeit, die sonst für Freizeit genutzt wurde und um mal nicht über die Schule nachzudenken, einfach wesentlich kürzer geworden ist.

Werden Schülerinnen und Schüler in dieser Stadt ernst genommen?
Als Stadtschülerrat machen wir die Erfahrung, dass uns schon zugehört wird. Wir haben Leute, an die wir uns wenden können, ob das jetzt die Stadt ist oder der Stadtjugendring, der uns auch extrem unterstützt. Trotzdem sind Schüler in verschiedene Strukturen zu wenig eingebunden. Zum Beispiel die G8/G9-Sache: Die Entscheidung liegt am Ende bei den Eltern. Momentan können die Schulen entscheiden, aber wenn ein Elternteil sagt, ich will G8 für mein Kind, zählen die Stimmen für G9 nicht mehr – ich finde, da läuft extrem was schief. Die Schulen an sich müssten noch mehr mit den Schülern zusammenarbeiten. Da wird vieles entschieden, wo die Schüler nicht mitreden dürfen, obwohl es sie ja am Ende betrifft.

MENSCH

Hast du einen Trick, morgens aus dem Bett zu kommen, wenn es eigentlich noch viel zu früh ist?
Ich weiß nicht, ob es ein Geheimtipp ist, aber Kaffee gehört auf jeden Fall dazu. Sonst kommt es auf den Tag darauf an. Oft gibt es Tage, an denen mir etwas persönlich wichtig ist. Dann fällt es leichter. Man muss sich halt immer ein Ziel vor Augen halten. Und wenn man ein Ziel hat, sollte man auch dafür aufstehen.

Wo und wie intensiv gehst du in Wiesbaden feiern?
Ich muss sagen, ich bin gar kein Feiermensch. Das liegt vielleicht auch daran, dass ich immer ganz froh bin, mal Wochenende zu haben und nichts zu machen. Wo ich jedes Jahr war, ist auf jeden Fall Folklore – ob mit Stand vom Stadtschülerrat oder als Privatperson. Jetzt bin ich ja erst 17, also kommen die ganzen Sachen ab 18 sowieso noch nicht in Frage.

Welche sozialen Medien nutzt du und wie?
Auf jeden Fall Facebook als Privatperson, aber auch, um die Seite vom Stadtschülerrat zu verwalten. Mein persönliches Facebook-Profil ist mittlerweile eigentlich auch nur noch politisch, also da findet sich wenig Privates. Ansonsten: Instagram, Whatsapp, Twitter, Snapchat – da bin ich relativ breit vertreten. Mein E-Mailpostfach ist natürlich auch stark frequentiert, diese alte soziale Medie (lacht) – alles, was das ehrenamtliche Engagement betrifft, läuft noch über Mail oder Whatsapp-Gruppen, die manchmal aber auch ziemlich nervig sein können.

Hast du ein persönliches Vorbild?
Was mein soziales Engagement betrifft, ist das eine Freundin von mir: Lena Althen, die vorherige Stadtschulsprecherin. Sie hat mich extrem motiviert und auch ein bisschen da reingezogen damals. Und meine Eltern, klar. Aber sonst fällt mir da niemand spontan ein.

Was macht Luisa Frankenbach in 5, 10 und 25 Jahren – und wo?
Nächstes Jahr mache ich mein Abitur. Danach möchte ich eigentlich gleich anfangen zu studieren. Momentan ist mein Plan, Medizin zu studieren. Und ich möchte noch etwas in die soziale Richtung machen, gerne nochmal mit dem DRK irgendwo hin oder so etwas. Dann steht erst mal, wenn es mit den NC klappt, ein ewig langes Medizinstudium an. In 25 Jahren? Wenn ich eine Tochter hätte oder einen Sohn, fände ich es schön, wenn sie auf eine Schule gehen, wo sie vielleicht nicht diesen Druck haben, wo der Fokus mehr auf sozialen Kompetenzen liegt. Ich glaube, das soziale Engagement wird bei mir nicht aufhören. An der Uni werde ich sicher in den Asta gehen und danach vielleicht parteipolitisch aktiv werden, nicht beruflich, aber nebenbei. Ich komme aus Mainz, das ist für mich auch immer noch total schön. Ich wohne jetzt seit sieben Jahren in Wiesbaden. Die Stadt ist mir auf jeden Fall ans Herz gewachsen. Ich denke, ich werde hierbleiben. Momentan zieht es mich nirgendwo anders hin.