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Banal mit Charme: Wiener Kultautorin Stefanie Sargnagel las im Kulturpalast – und musste dem Publikum einiges erklären

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Von Leonard Laurig. Foto Kulturpalast.

„In Österreich bin ich ja schon sowas wie eine Legende. Da kennt mich jeder“, beginnt die Frau, deren Markenzeichen eine rote Baskenmütze ist, selbstbewusst ihren ersten Satz. Als würde sie versuchen, die hiererorts verhältnismäßig niedrige Besucherzahl zu rechtfertigen.  Zu der vom Tattersall in den Kulturpalast und dort dann ausverkauften Lesung von Stefanie Sargnagel sind 75  Leute erschienen, die meisten von ihnen sind weiblich und etwas jünger als die 30-jährige Autorin. Doch auch Männer und Paare im mittleren Alter sind gekommen, um die Wienerin in ihrem angenehm leichten Dialekt lesen zu hören.

Ihr Alter macht Sargnagel an diesem Abend gleich mehrmals zum Thema, als sie in pointierten und teilweise sarkastisch überspitzten Tagebucheinträgen davon berichtet, was es bedeutet, als Frau in einer von Machos dominierten Welt zu leben, das Single-Dasein depressionsfrei zu überstehen oder mit dem Gedanken ans Kinderkriegen zurecht zu kommen. „Warum eigentlich die Zigarettenstummel im Park aufsammeln, wenn sie die kleinen Kinder doch eh auffressen?“ fragt sie sich laut und das Publikum reagiert zum Teil mit herzhaftem Lachen oder auch nur mit einem milden Lächeln.

Ihre deftige, zeitweise obszöne Wortwahl trifft wahrlich nicht jedermanns Humor. Von eskapistischen Tagträumen – die sexuelle Fantasien mit Tieren beinhalten – über kleinere und größere Kuriositäten – denen sie als Mitarbeiterin eines Call-Centers  begegnet – bis hin zu elenden Alltags-Banalitäten, die in der Erzählweise Sargnagels ihren ganz eigenen Charme entwickeln. An Mut, die Dinge so zu benennen, wie sie von ihr wahrgenommen werden, fehlt es der Österreicherin nicht. Jedoch bleibt ihre direkte Art und Weise, gepaart mit dem ausdrucksreichen Wiener Humor, hierzulande nicht für alle zugänglich.

Wenn Zusammenhänge und Wortschöpfungen zuerst erklärt werden müssen, bevor sie für den Zuhörer verständlich sind, leidet der Redefluss und die Pointen kommen nicht gleichermaßen direkt und unverhofft, wie für das österreichische Publikum. Vielleicht ist das auch ein Grund dafür, warum eine der besten deutschsprachigen Autorinnen unserer Zeit in der Bundesrepublik noch nicht die Aufmerksamkeit erfährt, die sie eigentlich verdienen würde.