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Befremden über Autoschau vor Rathaus und Marktkirche – „Fridays for Future“-Aktion heute um 14 Uhr

Seit Jahren ist es ein Thema, seit Jahren gibt es Menschen, die Anstoß daran nehmen, dass alljährlich im Rahmen des „Ostermarktes“ eine große Autoschau vor dem Wiesbadener Rathaus und vor der Marktkirche sowie dem Hessischen Landtag stattfindet. In diesem Jahr, in Zeiten von Dieselfahrverbots-Diskussionen und „Fridays for Future“-Demonstrationen, erscheint die Blech- und PS-Schau so manchen befremdlicher denn je. Deutliche Kommentare zum Beispiel in sozialen Medien zeugen davon, und am Sonntag um 14 Uhr wird es eine Protestaktion von „Fridays for Future Wiesbaden“ geben.

„Gestern hat die Autoausstellung in Wiesbadens Innenstadt wieder begonnen, wir haben uns gedacht, wir sind da auch vor Ort und machen aufmerksam auf ein ökologischeres Wiesbaden!“, heißt es in dem Aufruf vom Samstag auf der „Fridays for Future Wiesbaden“-Instagram-Seite: „Um 14 Uhr treffen wir uns beim Schloßplatz und werden alle ein weißes T-Shirt anhaben. Die Idee dahinter: Wir kapitulieren nicht vor dem Klimawandel! Aber nicht still und heimlich, sondern mit vielen coolen Leuten, die Bock haben Wiesbaden zu einem besseren Ort zu machen!“ Die Botschaft der Aktion, zu der alle, die das genauso sehen, eingeladen sind: „Wir sagen: Autofahren ist schlecht fürs Klima, und es gibt bessere Alternativen- beispielsweise der ÖPNV!“.

20 Autohäuser zeigen ihre Modelle

Während des Wiesbadener Ostermarktes, der der Stadt heute auch wieder einen verkaufsoffenen Sonntag beschert, zeigen seit Freitag und bis Sonntag wieder jeweils von 10 bis 18 Uhr über 20 Autohäuser ihre aktuellen Fahrzeugmodelle und einige Prototypen auf der 31. Wiesbadener-Automobil-Ausstellung (WAA) . „Dort können die Besucher in aller Ruhe die Modelle sich anschauen, in den Fahrzeugen probesitzen und jederzeit Fachleute zwecks Informationen ansprechen“, heißt es in der Ankündigung der KfZ-Innung. Zwar sind unter den zahlreichen ausgestellten Autos inzwischen auch einige Elektro- und Hybridfahrzeuge zu finden. Ihr Anteil ist aber überschaubar. Gezeigt werden Fahrzeuge aller Größen und Klassen, gerne auch SUVs.

Quasi auf dem „Center Court“ des Schlossplatzes wurde ein schnittiger Lotus platziert – mit ausgewiesener CO2-Effizienzklasse G, das ist die „tiefrote“ schlechtestmögliche Kategorie – und ein ziemlicher Stinkefinger in Richtung all jener, die sich Gedanken über Klimaschutz, Ökologie und Nachhaltigkeit und über die Zukunft und Rettung des Planeten machen.

„Aus der Zeit gefallen“

In einem Videointerview auf der offiziellen Facebookseite der Landeshauptstadt Wiesbaden nennt Wirtschaftsdezernent Oliver Franz die Autoschau als erste Attraktion des Wiesbadener Ostermarktes. Darunter hat ein Wiesbadener kommentiert: „Da sag noch mal einer, in Wiesbaden wäre nix los. Ich liebe diese jährliche Biennale. Besonders die 31. Autoschau auf dem Schlossplatz ist der Kracher und spielt dialektisch gekonnt mit dem gerade abgewendeten Dieselfahrverbot. So eine Ambient-Performance fällt weniger hippen Städten einfach nicht ein. Das Ganze dann auch noch im Namen in einen religiösen Kontext zu setzen, ist großartig.“ Ein offenbar zugezogener Wahl-Wiesbadener kommentiert an anderer Stelle: „Seit ich das hier zum ersten Mal gesehen habe, staune ich jedesmal darüber – anderswo würden die Händler mit dem bloßen Ansinnen hochkant aus dem Rathaus fliegen …“

Unter einem sensor-Instagram-Post zur Autoschau und „Autovergötterungsstadt Wiesbaden“ ist zu lesen: „Aus der Zeit gefallen“. In der Tat fühlt man sich fast ein bisschen an den Film „Goodbye, Lenin“ erinnert, wenn man über die Freiluft-Auto-Ausstellung läuft, die suggeriert, als wäre alles super und könnte einfach immer so weitergehen. Man fragt sich auch, wo eigentlich die „Umweltmeile“ abgeblieben ist, die mal immerhin am Rand der Autoschau als kleiner zeit- und zukunftsgemäßer „Kontrapunkt“ beziehungsweise Ergänzung Platz gefunden hatte.

Nichtsdestotrotz lockt die „WAA“ natürlich auch in diesem Jahr wieder zahlreiche Autofans und Interessierte an, und es gibt genügend Menschen, die gar kein Problem damit haben – im Gegenteil. Der FDP-Oberbürgermeister-Kandidat Sebastian Rutten postete am Samstag ein Bild von der Schau und schrieb dazu: „Schön, dass es sie direkt vor dem Rathaus noch geben darf. Man weiß ja nie, wann der erste Verbotsantrag auf dem Tisch landet.“ Und provozierte damit einen munteren „Gedankenaustausch“ mit ein paar grünen Stadtverordneten. (Text und Fotos: Dirk Fellinghauer)

4 responses to “Befremden über Autoschau vor Rathaus und Marktkirche – „Fridays for Future“-Aktion heute um 14 Uhr

  1. Das Dernsché Gelände ist ein schöner Platz für Märkte, Feste und Demonstrationen. Was an einem Blechhaufen in einer vom Individualverkehr vermüllten Innenstadt hipp, oder ein highlight sein soll, erschließt sich mir nicht. Ich bin schon f. für den kleinkarierten Vergleich mit der Bienale für´s abschaffen.

    1. Die Automobilausstellung ist für mich ein absoluter Grund, um in die Stadt zu kommen. Bei schönem Wetter kann man sich alle Modelle verschiedener Marken ansehen, ohne in die Autohäuser zu fahren. Ich würde auch keinen Sportwagen fahren, aber es ist doch OK wenn dieser ausgestellt wird, sicherlich gibt es auch hierfür Interesse. Ich habe auch nur diesen einen gesehen, ansonsten waren doch alles normale Autos. Ich interessiere mich auch nicht für einen Kleinwagen, weil ich Kinder habe und Platz benötige, aber ich beschwere mich auch nicht über die ausgestellten Kleinwagen, wenn mich ein SUV interessiert. Übrigens fahre ich auch mit dem Bus in die Stadt aber fahre auch gerne Auto. Wie sollten die Kirche etwas im Dorf lassen. Ich finde die Ausstellung gut.

  2. Schade, dass auch jeder auch so faktenlosen Meinung hier ein Forum geboten wird. Diese Umweltdebatte ist schon lange aus dem Ruder gelaufen und einfach nur wirtschaftlicher Selbstmord. Sollen wir bald kollektiven Selbstmord begehen, weil wir atmen? Es fehlt einfach ein sinnvoller Mittelweg der Evolution der Mobilität, zum Beispiel die Entwicklung und Subventionierung von E-Fuels, davon haben die meisten selbsternannten Umweltaktivisten sicherlich noch nie gehört.
    Autos mit Verbrennungsmotoren werden noch lange unser Straßenbild prägen, auch mit aller Gewalt und öffentlicher Falschberichterstattung kann sich das Elektroauto nicht so schnell durchsetzten wie gefordert. Schade, dass wir eine tolle Sache wie diese Ausstellung öffentlich so in den Dreck ziehen, das schadet uns allen.

  3. „Ostermarkt“ sollte andere Funktionen erfüllen als ausgerechnet Autowerbung!!
    Vielleicht kennen manche Wiesbadener noch die Bedeutung der Osterfeiertage – mit Werbung für Autos hat sie nichts zu tun. Neben den vielen „Dreckschleudern“ gabe es noch ein Karoussel:
    Motive ausschließlich AUTOS – so erziehen viele Leute ihre Kinder nicht zukunftsorientiert!!!
    Wie wäre es mit Osterhasen und anderen Tieren???

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