Interview Dirk Fellinghauer. Foto Arne Landwehr.
BERUF
Was ist Ihre Mission in Wiesbaden? Wie setzen Sie diese um?
Meine wichtigste Mission ist es, mich um die Menschen der Garnison zu kümmern. Ich muss sicherstellen, dass sie einen Platz haben zum Leben, zum Arbeiten, zur Freizeitgestaltung – was immer sie benötigen. Mein Tagesgeschäft beinhaltet ganz unterschiedliche Aufgaben. Mal besuche ich einen Kindergarten, dann schaue ich, ob die Straßen in Ordnung sind, ob mit der Infrastruktur alles funktioniert oder auch, was die Kirchengemeinden machen. Ich fahre viel herum, telefoniere, unterhalte mich mit den Menschen. Es ist eigentlich ein wenig so, wie wenn man Verantwortung für eine Stadt hat, fast wie ein Bürgermeister.
Gar keine militärischen Aufgaben?
Wir veranstalten jeden Monat militärische Zeremonien, auch oft zusammen mit der Bundeswehr. Auch wird gemeinsames militärisches Training absolviert oder Teambuilding-Maßnahmen. Ich höre mir viele Vorträge und Reden an, die aber immer übersetzt werden müssen. My Deutsch is not good at all. Manchmal müssen wir uns um Soldaten kümmern, die in Probleme geraten, weil sie gegen den „Uniform Code of Military Justice“ (das Wehrstrafrecht der Vereinigten Staaten, Anm. d. Red.) verstoßen und diese dann vorzeitig nach Hause schicken oder sogar ins Gefängnis. Auch das gehört zu meinem Job.
Wie würden Sie Ihre Führungsphilosphie beschreiben?
Es gibt Manager, und es gibt Führungskraefte. Wenn ich eine größere Vision haben und das großse Ganze im Auge haben, aber ebenso alle Details, wenn ich nicht nur andere informiere, sondern selbst immer genau informiert bin, wenn ich weiß, wann ich etwas tun muss und wann ich etwas lassen muss, und wenn ich weiß, wie ich mich um die Menschen kümmere – dann bin ich eine Führungskraft, und zwar für jede und jeden, ganz unabhängig von Rang, Herkunft oder Status.
Wenn Wiesbadener an die Präsenz “der Amerikaner” in unserer Stadt denken, verbinden sie das oft mit Sorgen – Lärm, NSA, Terrorgefahr zum Beispiel. Sorgen Sie sich um solche Sorgen?
Wir setzen immer auf offene Kommunikation und auf gegenseitiges Kennenlernen, zum Beispiel haben wir Partnerschaftsprogramme mit Wiesbadener Schulen. Es kommen auch immer wieder Besuchergruppen, denen wir die Kaserne zeigen. Was den Lärm angeht, hat die Lärmschutzkommission in ihrem letzten Bericht bestätigt, dass der Lärm deutlich reduziert wurde. Man muss auch genau hinhören, wo der Lärm herkommt, es ist nicht immer die Clay-Kaserne. Auch die Autobahn, die Zugstrecken, der Frankfurter Flughafen sorgen für Lärm. Was das Thema NSA angeht, hat das nichts mit meiner Funktion zu tun, das ist eine vom Militär unabhängige Einrichtung der US-Regierung. Es kann höchstens sein, dass wir logistischen Support leisten. Wiesbaden ist kein potenzielles Terrorziel wegen der US-Armee, es ist ein mögliches Ziel als Landeshauptstadt, ebenso wie Frankfurt als Rhein-Main-Metropole. Wir hoffen im Gegenteil, dass unsere Präsenz hier die Terrorgefahr reduziert. Umgekehrt erledigt die Stadt Wiesbaden ihren Part hervorragend, um unsere Truppen zu beschützen.
Ihr Job in Wiesbaden war von vornherein auf zwei Jahre beschränkt. Noch ein knappes Jahr liegt vor Ihnen. Wissen Sie schon, wohin Ihr Weg Sie dann führen wird?
Wahrscheinlich wird meine nächste Station in Washington DC sein, obwohl ich das nicht hoffe. Wenn es aber so kommt, mache ich es gerne. Viel lieber würde ich nach Florida gehen oder nach Hawaii (lacht). Man kann nie wissen. Dort wo ich gebraucht werde, werde ich meinen Dienst tun.
MENSCH
Ständiges Umziehen – von einer Stadt in die andere, von einem Lands ins andere, von einem Kontinent in den nächsten – ist fester Bestandteil Ihres Jobs. Wie schaffen Sie es, sich in diesen vielen Zuhauses auf Zeit zuhause zu fühlen?
Man sagt, Zuhause ist dort, wo die Familie ist. Nun bin ich Single, und für mich gilt: Zuhause ist da, wo die Armee mich hinschickt. Das ist die Karriere, die ich gewählt habe. Das bereue ich nicht. Ich genieße die Möglichkeiten, so viel zu reisen. Ich bringe überall hin die Dinge mit, die mich an all die Orte erinnen, wo ich gewesen bin. Ich schaffe es, aus jedem neuen Raum „meinen“ Raum zu machen – mit Gegenständen, Fotos von Familie und Freunden, der Gestaltung mit meinen Lieblingsfarben. So wird jedes Zuhause zu meinem Zuhause. Auch mein Büro, in dem ich viel Zeit verbringe, richte ich entsprechend „wohnlich“ ein. Und selbst an der Front habe ich es geschafft, mich in meiner spärlichen Unterkunft heimisch zu fühlen.
Welche historische Persönlichkeit und welche Person in der aktuellen Politik beeindruckt und beeinflusst Sie am meisten?
Das ist in einem großen Maße unser derzeitiger Präsident – also praktisch eine historische und aktuelle Persönlichkeit in einem. Ich wurde 1965 geboren. Ich hätte lange nicht zu träumen gewagt, diese Entwicklung erleben zu dürfen. Noch mehr fasziniert mich seine Familie, die so positiv und bescheiden ist.
Haben Sie Verständnis für Pazifisten?
In gewisser Weise schon – aus der Überzeugung heraus, dass jeder Mensch unterschiedliche Ansichten hat, wir aber letztlich doch alle Menschen sind. Deshalb muss ich Anderen auch Ansichten zugestehen, die nicht meine eigenen sind.
Haben Sie Freunde und Familie in den USA? Wie halten Sie den Kontakt?
Ich komme aus einer kleinen Stadt im Staat Georgia. Meine Eltern leben noch dort. Ich besuche sie regelmäßig. Wenn ich in diese winzige Stadt zurückkehre, ist wieder alles wie früher, das erdet mich sehr. Und es erinnert mich an meine ethischen Grundsätze und Werte, die für mich immer gelten werden und mir helfen, das Richtige zu tun.
Wie gestalten Sie Ihre Freizeit?
Ich bin ein introvertierter Mensch. Ich habe so viele Verpflichtungen, dass ich dann, wenn ich Freizeit habe, einfach nur relaxen will. Oft schaue ich mir dann Filme an. Zuletzt zum Beispiel „War Room“ – ein Film über die Kraft des Gebets, der mich sehr fasziniert hat. Ich koche und backe auch gerne, aber dazu komme ich nicht oft. Wenn ich mal in den Ruhestand gehe, werde ich ganz viel kochen und backen, aber nicht für mich selbst, sondern für andere.