Von Dirk Fellinghauer (Text und Foto).
Ewald Hetrodt hält Brisantes in der Hand. Viele werden das Buch des 1963 geborenen F.A.Z.-Poltikredakteurs, das heute erschienen ist, interessiert lesen. Einige werden es aber sicherlich auch reichlich nervös lesen. „Die Unverfrorenen“ heißt es und verspricht im Untertitel Aufklärung darüber, „wie Politiker unsere Städte als Beute nehmen“. Das „Exempel“ beschreibt er auf 175 Seiten anhand der Stadt, in der er lebt und arbeitet: Wiesbaden.
Am Beispiel der Landeshauptstadt Wiesbaden zeigt Ewald Hetrodt in seinem Buch, wie drei Charaktere – der Oberbürgermeister, ein einflussreicher Fraktionschef und der Geschäftsführer der städtischen Immobilien-Holding – sich der städtischen Gesellschaften auf schamlose Weise bedienten. Er zeigt es nicht verschlüsselt, sondern er nennt Akteure und Aktivitäten beim Namen: Sven Gerich (SPD-OB), Bernhard Lorenz (CDU-Fraktionschef), Ralph Schüler (WVV Holding Geschäftsführer). Alle drei sind mittlerweile nicht mehr in den Ämtern, die sie im Buch noch bekleiden, und die sie alle mehr oder weniger missbraucht oder mindestens schamlos ausgenutzt haben. Wie sie das gemacht haben, beschreibt der Autor, der seit 2009 F.A.Z.-Korrespondent in der Landeshauptstadt war, sehr detailliert, akribisch und ausführlich – und dabei wohl trotzdem nicht erschöpfend.
Drei zentrale, aber bei weitem nicht einzige Akteure
Die drei genannten Personen sind die zentralen Akteure bei der „Verteilung der Pfründe der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden nach Gutsherrenart“ (Klappentext), aber natürlich längst nicht die einzigen. Äußerst Pikantes berichtet Hetrodt zum Beispiel auch über den heutigen Bau- und Stadtentwicklungsdezernenten Hans-Martin Kessler, mindestens Bedenkliches auch über weitere auch heutige aktive Spitzen-Lokalpolitiker sowie Führungspersonal städtischer Gesellschaften und Vertreter von Wirtschaftsunternehmen. Es geht um Abhängigkeiten, Versorgung mit hochdotierten Posten und Zuschanzen von lukrativen Aufträgen an befreundete Unternehmer.
„Kleine parteiübergreifende Clique nimmt die Stadt als Beute“
„Eine kleine parteiübergreifende Clique von Entscheidungsträgern nimmt mit einer erstaunlichen Unverfrorenheit die Stadt als Beute“, lautet das auf dem Buchumschlag vorweggenommene und im Buch, mit eigenen Recherchen und Erkenntnissen und auch mit Verweis auf in Sachen der Aufklärung „bahnbrechende“ Berichterstattung des Wiesbadener Kurier, vielfältig belegte Resümee.
„In Wiesbaden hat jeder ein Preisschild am Kopf“, zitiert Hetrodt im allerersten Satz des Buches Volker de Boer und beschreibt auch dessen unverfrorenes Verhalten, als er als Projektentwickler die Bebauung des Kurecks maßgeblich verantwortete. Nun sind „Die Unverfrorenen“ für jedermann käuflich – auf dem Preisschild am Buch steht 14,90 Euro.
Nachfrage nach Buch am Erscheinungstag „wie sonst bei Harry Potter“
Das Interesse scheint groß zu sein. Eine örtliche Buchhandlung meldete heute zum Verkaufsstart eine „Nachfrage wie sonst vielleicht bei Harry Potter“, auf Amazon stehen „Die Unverfrorenen“ am Montagabend auf Bestseller-Rang 57 und bei den Politischen Romanen auf Platz 2. Die Lesung mit Ewald Hetrodt am 7. November in der Buchhandlung Vaternahm ist längst ausverkauft, ein Zusatztermin in Vorbereitung. Man darf gespannt sein, ob und welche Wirkung das Buch über den reinen Erkenntnisgewinn der Lektüre bei der Leserschaft hinaus entfalten wird.
Aktuelle Tagespresse-Berichterstattung bestätigt Unverfrorenheits-These
Nur rein zufällig erscheint das Buch, das streckenweise Neues enthüllt und ansonsten bereits Bekanntes, bei dem Otto-Normal-Bürger und -Zeitungsleser angesichts der Fülle und Komplexität der Unglaublichkeiten jedoch leicht den Überblick verlieren können, zusammenfasst und in Zusammenhänge bringt, inmitten aktueller Tagespresse-Berichterstattung, die die Unverfrorenheits-These bestätigt und weiter befeuert. Sei es beim Thema nun publik gewordener haarsträubender Hinterzimmer-Auftragsvergaben zur CityBahn. Oder sei es in Sachen der „Gerich/Kuffler“-Affäre, wo die um ihre Kurhaus- und RMCC-Gastronomie- und Spielbank-Verträge bzw. Konzession bangende Münchener Gastronomenfamilie Kuffler mit der Beantwortung eines Fragenkatalogs zu zugegebenen und tatsächlich getätigten Übernachtungen und Vergünstigungen in Luxusunterkünften den Ex-OB schwer belastet. So schwer belastet, dass dieser Berichte über Reaktionen aus der Kommunalpolitik mit der Überschrift „Gerich hat offen gelogen“ über sich lesen muss (und sich am Wochenende von Facebook verabschiedet hat).
„Die Unverfrorenen“ erscheint im in Wiesbaden ansässigen Verlagshaus Römerweg. www.verlagshaus-roemerweg.de
Ich finde es grosse klasse die gesamte recherche und das diese herren vor allen dingen herr schüler zu fall gebracht wurden mit erfreiten grüssen ulla leitner
Am Ende wählen alle wieder das „Weiter so“. Wandel sieht anders aus als OB Mende.
Die wichtigen Posten sind immer noch in den Händen der „grauen Eminenzen“ und ihrer Puppen.
Daher „Augen auf“, Transparenz einfordern und immer fleißig Fragen! 😉
Die nächste Generation muss sich befreien von der Machtkultur der Clique Lorenz. Zu viele seiner Jünger sitzen noch in gut dotieren Posten.
Stürzt jene, die dem Gemeinwohl entgegenwirken! Ihr habt die Wahl.
#NiemalsAFD #NieCDU #NiewiederSPD