Direkt zum Inhalt wechseln
|

Editorial Mai-sensor: Haben Sie schon von der Firma Stärkande gehört, die sich in Wiesbaden angesiedelt hat?

Haben Sie schon von der Firma Stärkande gehört, die sich in Wiesbaden angesiedelt hat,

liebe sensor-Leser:innen? „Stärkande wurde 1999 von den Schwestern Jessica und Alia Stärkande gegründet. Beide studierten an der damaligen Fachhochschule Wiesbaden. Familie und Freunde waren und sind den Schwestern wichtig, und so wurde Stärkande in Wiesbaden gegründet. Genau die Ruhe, die Ende der Neunzigerjahre in Wiesbaden herrschte, tat der Entwicklung des Unternehmens gut. Es gab keine andere IT-Firma, die von Frauen gegründet worden war, und das machte einige Kapitalgeberinnen neugierig.

 

Heute hat das Unternehmen nach letztem Stand 1160 Mitarbeitende, diese arbeiten in den vier Geschäftsfeldern Software for HR (Human Resources), Office Design/Schreinerei, Organizational Consulting und CoCreate – Onlinecoaching. Die Stärkander:innen nutzen bekannte, aber auch gänzlich neue New-Work-Praktiken in ihrem Unternehmen. Einzelne Maßnahmen werden dabei von ihnen nicht isoliert betrachtet, sondern in ihrem gemeinsamen Einsatz und der Wechselwirkung miteinander. Die Mitarbeitenden sind Vorreiter:innen beim Thema Empowerment, sie haben die Digitalisierung von HR-Prozessen und die Zusammenarbeit mit einer künstlichen Intelligenz perfektioniert. Stärkande ist eine faszinierende Vision für eine moderne Organisation.“

 

Stärkande ist, jetzt kann ich es ja verraten, eine imaginäre Firma, erdacht – und in Wiesbaden angesiedelt – von Carsten C. Schermuly, beschrieben in seinem vor einem Jahr erschienenen Buch „New Work Utopia“. Auf 150 Seiten zeigt dieses, „dass New Work viel mehr ist als flache Hierarchien und dezentrales Arbeiten“.

Im Jahr 2023 ist „New Work“ auch in Wiesbaden nicht nur Fiktion, sondern vielerorts Realität. Mal mehr, mal weniger konsequent, mal als Schlagwort, mal als gelebte Praxis, mal in zaghaften Anfängen, mal längst tief verinnerlicht. „New Work“ – oder auch „Good Work“, wie es in einem weiteren, in Wiesbaden geschriebenen, Praxisbuch mit der Botschaft „Zwischen Alt und Neu liegt Gut“ heißt – ist ein faszinierendes Thema. Und es ist Titelthema dieser (alles neu macht der?)-Mai-Ausgabe.

Der (Arbeits-)Weg muss dabei nicht gleich, wie bei Wiesbadener Protagonist:innen unserer Titelstory, bis nach Südafrika, New York oder Barbados führen. „Neues Arbeiten“ ist auch im angestammten Büro, oder natürlich Home- oder Mobile-Office, möglich – und nötig. Dass nicht alles glänzt, was „new“ ist, sollte dabei klar sein. Man darf und sollte auch einiges hinterfragen, was mit dem sich manifestierenden Trend einhergeht – so wie es zum Beispiel Falk Fatal in seiner Kolumne zum Thema tut und wichtige und richtige Fragen aufwirft.

Und Carsten C. Schermuly selbst hat gerade ein weiteres Buch veröffentlicht, das seinem eigenen widerspricht: „New York Dystopia“ heißt dieses, und der Psychologie-Professor und HR-Experte schreibt in seinem Vorwort: „Bei einigen Mitarbeiter:innen scheint New Work vermehrt Verzweiflung auszulösen, denn nicht wenige Unternehmen setzen Praktiken unter dem Label `New Work´ um, die […] eher der Maximierung des Profits dienen.“

Der Begriff „New Work“ werde instrumentalisiert, trivialisiert und missbraucht, „um einen Changeprozess attraktiver und weniger bedrohlich klingen zu lassen.“ Das fiktive Unternehmen heißt diesmal Kaltenburg. Angesiedelt hat es der Autor in Pirmasens. Wiesbaden bleibt von der Dystopie verschont. Hoffentlich auch in den reellen Arbeitswelten unserer Stadt.

Dirk Fellinghauer, sensor-Malocher

„Eine Firma wandert aus“ – Der Film über das Kapstadt-Workation-Abenteuer der Wiesbadener Firma hello agile: