Von Dirk Fellinghauer (Text und Fotos).
Bevor an diesem Sonntag (23. Juni) das mit Spannung erwartete neue Museum Reinhard Ernst (mre) endlich „für alle“ öffnet, hatte das Stifter-Ehepaar Sonja und Reinhard Ernst zu einer exklusiven Eröffnungsgala geladen. Rund 250 Gäste – am Bau Beteiligte, Wegbegleiter und Wegbereiter des Mega-Projektes und Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft – feierten am Samstagabend auf allen Ebenen des weitläufigen Hauses ein rauschendes Fest für die Kunst. Als die Gäste nach einem mehrstündigen Dinner endlich in die Ausstellungräume hinein durften, kamen sie aus dem Staunen nicht mehr raus. Was für ein neues Museum für Wiesbaden! Was für ein durch und durch beglückender Abend in Wiesbaden!
Ein gestandener Journalistenkollege, sonst nicht gerade für Gefühlsausbrüche bekannt und streng der journalistischen Distanz verpflichtet, kriegte sich kaum wieder ein, nachdem er den ersten Ausstellungsraum betreten und „erfasst“ hatte – „das ist ja der Hammer! das ist der Hammer!“, rief er wiederholt aus und schaute sich geradezu ungläubig immer wieder um im Raum. Ja, das ist der Hammer, und es ist wirklich da und wirklich wahr: Wiesbaden hat ein neues Museum, und es ist ein Museum der Extraklasse, ein Museum von Weltrang. Der Eindruck des ersten Raumes verfestigt und verstetigt sich beim Erkunden der vielen weiteren Räume, ein jeder völlig anders und doch alles unfassbar stimmig. Ein Haus voller Harmonie und voller Spannung. Wahrlich: der Hammer!
Und die Eröffnung dieses Museums auf der Wilhelmstraße 1 ist wahrlich ein „Jahrhundertereignis“. Zuletzt wurde vor 110 Jahren ein neues Museum in Wiesbaden eröffnet, wusste der nicht minder beeindruckte Vorsitzende des Kulturausschusses der Stadtverordnetenversammlung, Nikolas Jacobs, zu berichten.
Und ein Jahrhundertereignis muss natürlich gebührend gefeiert werden, erst recht wenn der Gastgeber Reinhard Ernst heißt. Unter „State of the Art (!)“ macht dieser Mann es einfach nicht. Nicht als Kunstsammler, nicht als Mäzen, nicht als Bauherr – auf 80 Millionen Euro haben sich die Kosten bis zur Eröffnung summiert – , und auch nicht als Gastgeber.
Nach dem Champagnerempfang und kurzer Begrüßung durch das Moderations-Gespann Babette von Kienlin und Stefan Schröder nehmen die Gäste – Dresscode „Black Tie“, übersetzt Smoking und Abendkleid, hatte auf per Post versandten den edel gestalteten Einladungen mit „unboxing“-Effekt gestanden – an festlich gedeckten Tischen Platz. Als Partner für den VIP-Fahrservice darf es das Porsche Zentrum Wiesbaden sein, der Ministerpräsident fährt natürlich mit eigener Limousine vor. Ein erster Cloueffekt des Abends sind die Spiegelmenschen, die ankommende Gäste schon vor dem Eingang begrüßten und auch einige Passanten auf der Wilhelmstraße neugierig auf das Geschehen – und damit auf das neue Museum – machen.
Das mehrstündige Dinner nehmen die Gäste im Maki Forum, s0 heißt der – natürlich – state-of-the-art-Veranstaltungssaal, sowie an langen Tischen auf allen Etagen und Ebenen des weitläufigen Hauses ein. Inmitten von Kunst und Architektur speisen, trinken und parlieren sie in einer einmaligen Kulisse für einen einmaligen Abend. Günter Gollners Team der Museumsgastronomie „rue1“ besteht seine Feuerprobe bravourös.
Drei Gänge werden kreiert und serviert, wahre kulinarische Kunstwerke mit Referenzen an die Themen des Hauses. „Farbe ist alles!“ heißt, so wie die Eröffnungsausstellung, der erste Gang mit Ikamiri-Lachs im Noriblatt mit Gurke, Rote Beete und Mango – auf dem Teller als buchstäblich runde Sache komponiert. „The Beat Goes On“ ist der Titel der Hauptspeie mit Surf & Turf (Nebraska-Beef und Maine-Lobster, Kartoffel-Pavé, Gemüse, Sauce Bearnaise) und zum Dessert geht es schließlich mit Riesenpraline „Gegen den Strich“. Klar, dass auf Wunsch auch vegetarische und vegane Varianten gezaubert werden.
An den Tischen sitzt eine sorgsam platzierte illustre Gesellschaft. Auf der Gästeliste standen unter anderem Landtagspräsidentin Astrid Wallmann, Finanzminister Alexander Lorz, Stadtverordnetenvorsteher Gerhard Obermayr, die früheren OBs Helmut Müller und Sven Gerich, aber auch hr-Intendant Florian Hager, arte Deutschland-Chef Wolfgang Bergmann mit seiner Frau Tanja Bergmann, die selbst Galeristin und Künstlerin ist, „Staatsanwalt“ Rainer Hunold, Michael Herrmann und Marsilius Graf von Ingelheim vom Rheingau Musik Festival, Kunstsammler und Mäzen Frank Brabant sowie Sylvia von Metzler und Thilo von Debschitz und Laurenz Nielbock von der Wiesbadener Agentur Q, die das visuelle mre-Erscheinungsbild entwickelt hat. Besonders sympathisch: Auch das gesamte Team schloss Reinhard Ernst in den Galaabend, und auch ausdrücklich in seinen Dank, ein.
Zwischen den Gängen Informatives und Unterhaltsames und Talks etwa mit mre-Gründungsdirektor Oliver Kornhoff oder dem mit seiner japanisch traditionell gekleideten Familie aus Tokio angereisten Gary Kamemoto, CEO des Büros Maki und Associates, sowie den anwesenden Künstlerstars wie Katharina Grosse und Tony Cragg. Diese haben eigens und genau abgestimmt auf das neue Museum Kunstwerke angefertigt, ebenso wie die natürlich auch anwesenden Bettina Pousttchi, Claudia Walde alias Mad C und der Wiesbadener Künstler Karl-Martin Hartmann. Dieser hätte nichts dagegen, so verrät er sensor, wenn sein prominent im (eintrittsfrei zugänglichen) mre-Foyer präsentes Werk auch der Aufmerksamkeit für sein Langzeitprojekt „Stelen der Toleranz“ neuen Schub bescheren würde.
Ebenfalls in den Dinnerpausen gibt es obligatorische Reden, im Wechsel auf den einzelnen Etagen und jeweils live übertragen via Bildschirme an alle Tische. Vor lauter Freude über die Eröffnung habe er ganz vergessen, nervös zu sein, meint Musumsstifter Reinhard Ernst. In Stocken gerät seine Stimme, als er an den Architekten des Hauses, Fumihiko Maki, erinnert. Dieser war wenige Tage zuvor im Alter von 95 Jahren in Tokio verstorben. Für Reinhard Ernst war Maki, mit dem er auch schon ein Mäzenaten-Projekt in Japan realisiert hatte, längst zum Freund geworden.
Gemeinsam gemeinsam mit seiner Frau Sonja hat der 78-Jährige dem Projekt acht Jahre seines Lebens – drei Jahre Planung und fünf nervenaufreibende Jahre Bau („es hat aber trotzdem Spaß gemacht“, versichert er) – gewidmet. Ein „filmreifes“ Leben attestiert Ministerpräsident Boris Rhein dem Ehepaar und mehr noch ein Handeln für die Allgemeinheit in „Nächstenliebe“ – und überrascht es mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse im Namen des Bundespräsidenten. Dieser hat übrigens auch die Schirmherrschaft für die Eröffnungsausstellung unter dem Titel „Farbe ist alles!“ übernommen. Auch OB Gert-Uwe Mende ist hin und weg: „Das Museum Reinhard Ernst ist nicht nur in Architektur und Sammlung herausragend, sondern auch in der Dimension der Großzügigkeit.“
Das gilt auch für den Abend, den das Ehepaar Ernst seinen Gästen mit dieser Eröffnungsgala schenkt (und anstelle von Geschenken um Spenden für die Tafel bat). Auf das Dinner folgt eine spektakuläre etwa zehnminütige und von Musik begleitet Projektionsshow auf die riesigen Wände des verglasten Atriums. Und dann endlich: Die inzwischen bereits vertrauten „Spiegelmenschen“ öffnen einladend die Türen zu den neun in Dimension und Gestaltung völlig unterschiedlichen Ausstellungsräumen.
Schnell wird klar, was Museumsstifter Reinhard Ernst meinte, als er dem gängigen Vorurteil, dass viele mit abstrakter Kunst nichts anfangen könnten, einleuchtend widersprach: „Für abstrakte Kunst brauchen Betrachter keinerlei Vorkenntnisse.“ Einfach schauen und wirken lassen und erspüren, was man selbst in einem Werk sieht. Und siehe da: Es funktioniert!
Was für eine Präsentation! Was für eine Atmosphäre! Und was für eine Nacht: An der bestens bestückten Bar wird in ausgelassener und freudiger Stimmung bis weit in den nächsten Morgen hinein gefeiert. Und jetzt dürfen endlich auch alle Wiesbadener:innen und überhaupt alle Neugierigen und Interessierten das neue Museum feiern.
Am Sonntag, 23. Juni, all diejenigen, die eines der kostenfreien und ruckzuck vergriffenen Tickets für den Tag der offenen Tür ergattert haben. Und ab Dienstag, 25. Juni, dann wirklich alle. Der Ticketvorverkauf läuft hier, und auch Jahreskarten sind schon sehr gefragt, berichtete mre-Gründungsdirektor Oliver Kornhoff bei der Gala. Es wird auch ein umfangreiches und vielfältiges Begleitprogramm und Führungen in unterschiedlichen und teilweise innovativen Formaten geben. Eine stadtbekannte Kunstkennerin wird dabei auch am Start sein: „Ich werde hin und wieder Führungen leiten“, verriet uns Galagast Christine Rother. Sie betrieb über Jahrzehnte eine der Wiesbadener Galerien, die sie vor einiger Zeit an ihren Sohn übergab. Somit hat sie nicht nur Expertise, sondern nun auch Zeit. Schöne Aussichten. Vorfreude ist alles!
Eindrücke von der Eröffnungsgala–