Von Dirk Fellinghauer.
Es ist vollbracht: das Nutzungskonzept für einen künftigen, sanierten und wiederbelebten Wiesbadener Kulturort Walhalla liegt vor – und wird heute erstmals öffentlich diskutiert. OB Gert-Uwe Mende und Projektleiterin Vanessa Remy, die das Konzept erarbeitet hat, kommen dazu zur öffentlichen Sitzung des Kulturbeirats. Diese beginnt heute um 18 Uhr im Raum 318 des Rathauses, Interessierte sind willkommen. Mit „Perspektive des Stadtmuseums in der Immobilie Galerie Kaufhof“ steht heute ein weiteres großes Thema auf der Tagesordnung.
Die künftige Nutzung des leerstehenden Galeria Kaufhof-Gebäudes in der Kirchgasse, und die Idee, ob und wie das derzeit als „sam“ (Stadtmuseum am Markt) unter zunehmende schwierigen Bedingungen im Keller unter dem Dern´schen Gelände untergebrachte Stadtmuseum dort ein neues Zuhause finden könnte, wird bei der Sitzung als Erstes behandelt. Hierzu hat sich auch Bürgermeisterin und Wirtschaftsdezernentin Christiane Hinninger als Gast angekündigt.
Ab circa 19 Uhr wird sich dann alles um das Thema Walhalla drehen. Im Auftrag der Stadt hat Vanessa Remy in einem einjährigen Prozess ein gut zwanzigseitiges Nutzungskonzept vorgelegt. Dieses wurde den interessierten Medien bereits zur Berichterstattung vorgelegt.
Entstanden ist es vor dem Hintergrund, das als Grundlage für die Raumkonzeptplanung ein Nutzungskonzept benötigt wird, das eine Richtung für die spätere Nutzung vorgibt. Auf dem Kulturbeirat heraus wurde hierfür als Ergebnis und Auflösung einer langwierigen Henne-Ei-Diskussion über die Reihenfolge von Sanierung und Konzeptentwicklung der Begriff vom iterativen Prozess geprägt.
Vorgabe für das Nutzungskonzept war es, „einen Kulturort für die gesamte Stadtgesellschaft“ zu entwickeln – und: „Der Kulturort soll al ein Plus zum bisherigen vielfältigen Kulturangebot in Wiesbaden wahrgenommen werden“. Betreiber soll die Stadt sein, von einem bezuschussten Betrieb wird ausgegangen. Mitgedacht werden soll aufgrund der Lage mitten im Zentrum der Stadt der Faktor der Innenstadtbelebung.
Vanessa Remy hat in ihrem Papier nun eine „flexible Nutzung auf Höhe der Zeit“ als Ziel des künftigen Walhalla definiert und schreibt: „Kooperation ist ein Leitmotiv der Programmkonzeption“ – gemeint im Sinne einer durchlässigen und diversen Programmatik. Ausdrücklich soll das Walhalla der Zukunft auch als „Dritter Ort“, also als öffentlich und frei zugänglicher Sozialraum und Treffpunkt für die Stadtgesellschaft, gestaltet werden. Als Einzelkulturdenkmal biete das Walhalla die Chance, „einen attraktiven Ort der Identität, des Authentischen und der Baukultur mit den Bedarfen der heutigen Stadtgesellschaft zu verbinden“, der mit seinem Angebot auch die Innenstadt verändern wird.
Eine programmatische Grundidee ist aufgrund der unterschiedlichen Räume und Zugänge die Bespielung mit einer Festivalstruktur. Von multifunktionalen Räumen ist die Rede und von der Funktion und Aufgabe des Hauses, den demokratischen Dialog zu stärken – und einen Ort zu entwickeln, „der der sich verändernden Welt und damit dem sich verändernden Kulturort Rechnung trägt“. Das Papier weist auch im Hinblick auf eine künftige Nutzung auf die Bevölkerungsstruktur Wiesbadens hin, zum Beispiel auf 32.500 Schüler:innen, ähnlich viele über 65-Jährige, aber auch 14.000 Student:innen und knapp ein Viertel Wiesbadener:innen ohne deutsche Staatsbürgerschaft.
„Die Besitzerin und Betreiberin, die Landeshauptstadt Wiesbaden, versteht sich an diesem Ort als Gastgeberin, die ein offenes und einladendes Haus führt, niederschwellig und barrierefrei“, schreibt Vanessa Remy im Sinne einer „sich permanent weiterentwickelnden Programmatik“.
Ganz neue Perspektiven wird die künftige mögliche Nutzung des Erdgeschosses mit einer Öffnung des Walhalla hin zum Mauritiusplatz eröffnen, hier ist an eine zum kulturelle Angebot passende und auch selbst als Ort für kulturelle Formate dienende Gastronomie und an die Nutzung als „Dritter Ort“ gedacht.
Bezüglich der Programmatik des Walhalla mit seinen unterschiedlichen Räumen denkt die Verfasserin des Nutzungskonzeptes sowohl an thematische Blöcke auch an Themenbänder, mit dem Festsaal – der sich sogar in einen Tageslichtsaal verwandeln könnte – und dem Spiegelsaal als prägende Orte. Mit der Unterschiedlichkeit der Räume ergebe sich auch ein breites Spektrum an Programmangeboten, mit Räumen und Bühnen für etablierte Künstler:innen ebenso wie für Newcomer. „Der Festsaal ist ein Raum idealer Größe, nicht zu groß und nicht zu klein, ergänzt er mit seinen Kapazitäten ergänzt er das bisherige Angebot in Wiesbaden“, ist zu lesen. Als mögliche Formate werden unter anderem Theater, Tanztheater, Konzerte etwa Alte Musik, Neue Musik, Jazz, Chormusik, aber auch Ausstellungen, Meisterkurse, Varieté und besondere Lichtspiel-Ereignisse sowie Digitale Kunst.
Auch Schultheater, Fastnachtssitzungen, Abibälle, Swing-Tanzabende und Hochzeiten kann sich Vanessa Remy vorstellen, ebenso Nutzungen als Bandräume, für Puppentheater und einiges mehr.
Der große Festsaal wird in der Bespielung flexibel gedacht, Bühnengeschehen könnte hier zum Beispiel auch mitten im Raum stattfinden. Auch TV-Formate seien vorstellbar.
Ein großer Fokus der Nutzungsideen liegt auf Angeboten für die Jugend in Wiesbaden – dabei auch das Schaffen eines Ortes zum „einfach ungestört chillen“ oder selbst organisierte U-16-Partys.
Die erste Wurf schafft schon ein Bild, wie ein Walhalla der Zukunft aussehen könnte, soll aber nicht als in Stein gemeißelt verstanden werden. Das Nutzungskonzept soll fortlaufend angepasst werden, auch unter Einbeziehen der Stadtgesellschaft, wird versprochen. Der Weg bis zur erhofften Wiedereröffnung ist schließlich nach wie vor lang – in Aussicht gestellt wird nach heutigem Stand der Herbst 2028.
(Hinweis: Der Verfasser ist gewähltes Mitglied des Kulturbeirats Wiesbaden und der Steuerungsgruppe Walhalla. Die in diesem Beitrag verarbeiteten Informationen sind alle presseöffentlich und in Kürze auch gesamtöffentlich zugänglich.)