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Ein Theatercafé auf der Wilhelmstraße? Staatstheater sucht Investor und Betreiber für neue Gastronomie

Von Dirk Fellinghauer (Text & Fotos)

Neues gastronomisches Leben auf der Rue? Tagsüber, abends und bis in die Nacht hinein? In einem lebendigen Anlauf- und Treffpunkt für Theatergänger, Theatermacher, aber auch offen für willkommene andere Besucher? Eine Vorstellung, die im besten Fall schon binnen Jahresfrist Wirklichkeit werden soll. Das Staatstheater Wiesbaden wünscht sich auf der Wilhelmstraße ein neues Theatercafé – in dem seit Jahren leerstehenden früheren Café Wagner (noch früher: „Milchbar“) zusammen mit dem „Postanbau“ (zwischenzeitlich „Biennale“-Büro und -Festivalzentrum, derzeit „Kiezkaufhaus“). „Wir sind auf der Suche einem  Betreiber für ein neues Theatercafé in Kombination mit der bestehenden Theaterkantine“, bestätigt der Geschäftsführende Direktor des Staatstheaters, Bernd Fülle, auf sensor-Anfrage. Einen Knackpunkt für Interessenten könnten erwartete hohe Sanierungskosten darstellen, die ein künftiger Betreiber selbst übernehmen muss. Im Gegenzug soll es für den Investor einen langjährigen Pachtvertrag geben, von mindestens fünf Jahren ist die Rede.

Ausschreibung im Doppelpack: Theaterkantine und Theatercafé

Die Idee: „Eine Theaterkantine mit ihren vielschichtigen Ansprüchen betriebswirtschaftlich erfolgreich zu betreiben, ist kaum zu schaffen“, beschreibt Bernd Fülle die Ausgangssituation. Mindestens zwei Tagesgerichte, eines mit und eines ohne Fleisch, frisch zubereitet, zu einem sozial verträglichen Preis von unter fünf Euro – da sei, auch unter der derzeitigen Prämisse des pachtfreien Kantinenbetriebs, kein wirkliches Geschäft zu machen. Also soll ein künftiger Betreiber mit einem neuen Theatercafé ein zusätzliches gastronomisches Standbein bekommen, das sich dann auch betriebswirtschaftlich rechnet. Deshalb wird nun auch das Doppelpack ausgeschrieben – das eine gibt es nicht ohne das andere, gesucht wird ein Betreiber von Kantine und Theatercafé. Fülle erwartet sich von der Kombilösung auch Synergien.

Die in die Jahre gekommenen rondellartigen gastronomischen Räume an der Wilhelmstraße für sich alleine bieten allerdings allerdings auch nicht wirklich Idealbedingungen (kleiner Gastraum, extrem kleine Küche). So kam man auf die Idee, auch den 50-er-Jahre-Postanbau in eine Gastronomie zu verwandeln und so ein attraktives Gesamtpaket für alle Beteiligten – Staatstheater, Betreiber, Gäste – zu schaffen. Das Rondell mit seinem besonderen Charme und das einstige Postgebäude lassen sich über einen Durchbruch räumlich offenbar problemlos verbinden. „Wir wollen eine Lösung im Bestand finden“, erteilt Fülle Überlegungen einer Machbarkeitsstudie aus dem Jahr 2007, die Gebäude komplett abzureißen, eine Absage.

Ganz offen gespannt auf Ideen und Konzepte

Zur Frage, wie genau das Theatercafé künftig aussehen soll, gibt man sich auf Theaterseite völlig offen. „Wir sind da unvoreingenommen und machen zu dem Konzept keine Vorgaben“, betont Fülle: „Wir verstehen etwas von Theater, aber nicht von Gastronomie.“ Deshalb erwartet er von Bewerbern so entspannt wie gespannt deren Ideen inhaltlicher und wirtschaftlicher Art und will sich die Vorschläge in Ruhe anschauen. Letztlich gebe es dann ein Auswahlverfahren, in das auch die Mitarbeiter des Hauses und der Personalrat mit einbezogen würden: „Das muss eine breite Zustimmung im Haus finden, sonst funktioniert es nicht.“

Treffpunkt auch für 600 Theaterbeschäftigte

Neben der Kantine soll auch das Theatercafé für die rund 600 Beschäftigten des Staatstheaters, allen voran die Ensemblemitglieder, ein Anlaufpunkt werden, wo sie (mit Sonderkonditionen) nach Vorstellungen oder Proben zusammenkommen oder Premieren feiern können. „Das Bedürfnis der Ensemblemitglieder, zusammen zu kommen, respektiere ich. Aber eine Theaterkantine ist keine Kneipe“, zieht der Geschäftsführende Direktor klare Linien und hat deshalb auch durchgesetzt, dass die Kantine eine Stunde nach Vorstellungsschluss schließen muss. Betrieben wird diese seit gut einem Jahr als „Lalenburg“ von Hans Reitz, der auch nicht abgeneigt sein soll, das Projekt Theaterkantine plus Theatercafé zu stemmen. Mit ihm wurde letztes Jahr auf die Schnelle zunächst ein Ein-Jahres-Vertrag für den Kantinenbetrieb abgeschlossen, nachdem die langjährigen Kantinenbetreiber recht überraschend aufgehört hatten. Und seitens der Theaterleitung hört man nur Gutes über die Zusammenarbeit mit Reitz und seinem Team.

Zeitplan: Rasch, aber nicht mit heißer Nadel

Bernd Fülle hofft einerseits, dass die Idee vom Theatercafé auf der Wilhelmstraße so rasch wie möglich – also am liebsten zur kommenden Spielzeit – Wirklichkeit wird. „Wir wollen das jetzt aber nicht mit schneller heißer Nadel stricken“, gibt er Sorgfalt Vorrang vor Schnelligkeit, „sondern uns auf jeden Fall Zeit lassen, um der Sache gerecht und frei von Druck zu entscheiden.“ Ob früher oder doch etwas später: Fülle zeigt sich optimistisch, dass ein passender Investor gefunden wird und berichtet von vielen Gastronomen, die sich immer wieder erkundigt hätten und von „potenten Interessenten“. Auch ein externer Berater wurde offenbar eingeschaltet, um bundesweit bei der Suche behilflich zu sein.

Wer sich als potenzieller Investor und Betreiber für das Projekt, das in dieser Woche auch offiziell hier ausgeschrieben werden soll, interessiert, kann sein Interesse per Mail an y.baumstark@staatstheater-wiesbaden.de bekunden.

Und ihr, die potenziellen Gäste: Was haltet ihr von der Vorstellung? Was würdet ihr euch von einem Theatercafé auf der Wilhelmstraße wünschen?