Das Jahr 2012 war für mich in vielerlei Hinsicht ein Neustart: neuer Job, neue Liebe, neue Wohnung. Und ein neues Stadtmagazin schickte sich an, die erstarrte Wiesbadener Medienlandschaft aufzuwirbeln. Der sensor stand in den Startlöchern, und Dirk Fellinghauer suchte das Team, das den Wind dafür entfachen sollte. Ich weiß leider nicht mehr, ob ich ihn ansprach oder er mich, doch während ich eigentlich nur darauf hoffte, hin und wieder einen Artikel unterbringen zu können, hatte Dirk anderes im Sinn: er bot mir eine monatliche Kolumne an.
Die Entscheidung fiel mir nicht schwer. Eine eigene Kolumne ist vermutlich der Traum aller Autor:innen, bedeutet sie doch Freiheit beim Schreiben und die Möglichkeit, gnadenlos persönlich zu sein – im Fall des sensors ganz besonders. Es wäre zwar schön, wenn die Kolumne einen Bezug zu Wiesbaden hätte, aber letztendlich könne ich schreiben, was ich wolle, solange es interessant sei, erklärte mir mein künftiger Chefredakteur.
Zehn Jahre und 99 Kolumnen später, sitze ich an der 100. und kann sagen: Dirk hat sein Wort gehalten. Ich konnte über alles schreiben, was ich wollte. Nie kam eine verwunderte Nachfrage, wenn ich eine Kolumne in Reimform abgab, über Steffen Seiberts Telefonanrufe schrieb oder Tanzverbote beklagte, obwohl ich selbst nie tanze. Was ich aber im Lauf der Jahre noch viel mehr zu schätzen lernte, war Dirks hundertprozentige Unterstützung. Nie musste ich ein Wort ändern, nie musste ich einen Satz streichen oder eine Formulierung abschwächen, auch wenn das bedeutete, das Anzeigenkunden abspringen oder Geschäfte den sensor nicht mehr auslegen wollen, weil ihnen der Inhalt meiner Kolumne nicht gefällt. Vielen Dank für die Rückendeckung!
Zehn Jahre sensor sind für mich aber auch jeden Monat die Frage: Über was soll ich in der nächsten Ausgabe schreiben? Manchmal liegt das Thema auf der Hand, und ebenso schnell schüttele ich die Kolumne aus derselbigen. Oft habe ich zwei, drei lose Ideen, aus denen sich dann langsam der nächste Text herausschält. Zum Glück nur selten sitze ich bis kurz vor Redaktionsschluss vor einem weißen Blatt Papier, raufe mir die Haare und ringe um jedes Wort, in der Hoffnung, dass daraus schon etwas Unterhaltsames oder Interessantes entstehen wird.
Zehn Jahre sensor sind zehn Jahre Lokaljournalismus, der nicht nur über den berühmt-berüchtigten Taubenzüchterverein berichtet, sondern die Vielfalt dieser Stadt zeigt, der Bock auf Zukunft hat und Themen Raum gibt, die in anderen Wiesbadener Medien allenfalls eine Randnotiz wären.
Der sensor bereichert diese Stadt und ich bin dankbar, meinen kleinen Teil beitragen zu dürfen. Ich freue mich auf die nächsten zehn Jahre.
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