Anja Baumgart-Pietsch. Fotos Kai Pelka.
Ein ganz Netter! Das kommt als erstes in den Sinn, setzt man sich mit Axel Mitsch in sein winziges, im Retro-Stil eingerichtetes Café. Er serviert einen Cappuccino, „Spezialmischung für uns von Fornara!“ und erzählt ganz aufgeräumt, wie er auf die Idee kam, in der Mitte des der Siedlung Gräselberg seine „Backditorei“ zu eröffnen.
Von Haus aus ist Mitsch eigentlich in der Veranstaltungsbranche tätig. Seine Firma GSM Veranstaltungsservice findet sich im gleichen Haus im Gräselberg. Natürlich brach während Corona das Geschäft zusammen.
Rarer Treffpunkt für den Gräselberg
„Aber es gingen andere Türen auf“, sagt der positiv eingestellte Gastgeber. Der Bäcker, der vorher in den Räumen seinen Laden hatte, schloss. „Es dauerte nicht so lange, bis ich mir überlegt hatte: Warum mache ich hier nicht eigentlich wieder einen Bäckerladen auf?“, erinnert sich Mitsch. Während seiner Ausbildung hatte er in einer Bäckerei gejobbt, weiß also, wie Backen funktioniert. Und der Gräselberg ist nicht gerade mit einem breit gefächerten Geschäftsangebot ausgestattet: Möglichkeiten, sich zu versorgen, sind rar, und Treffpunkte ebenso. In diese Bresche sprang Axel Mitsch, der mit Freunden den Laden renovierte und liebevoll ausstattete.
Ein Freund hat in Hochheim eine Eismanufaktur und war bereit, ihn zu beliefern. Der Bäcker „Köstner“ aus der Gibb wurde zum Partner für die Backwaren. „Ich habe ihm erstmal das ganze Sortiment abgenommen“, denkt Mitsch zurück an die Eröffnung mitten im Coronajahr 2021. „Dann habe ich den Teil, der sich gut verkaufte, im Angebot behalten“. Mittlerweile gibt es eine ausgewogene Mischung von Backwaren, die im „Kiez“ angesagt ist. Es gibt Stückchen, Kuchen, belegte Brötchen, Frühstück, auf Bestellung auch Torten. „In diesem Jahr war die Herausforderung, dass Ostern und Ramadan zusammenfallen“, berichtet Mitsch. Auch zum Fastenbrechen und zum Zuckerfest werden nämlich gerne besondere Torten bestellt.
Eissorte fürs Enkelkind
Sonderwünsche erfüllt die „Backditorei“ immer sehr gerne. Und auch bei den Eiskreationen mischt der Chef selbst mit: „Ich habe für mein erstes Enkelkind eine Sorte kreiert“, sagt er stolz. „Nele“ heißt das Kind, und die Eissorte auch: Nektarine-Lemon-Geschmack, himmlisch! Das Eis hat weniger Zucker, die Fruchteissorten sind meist Sorbets. Die Kühltheke wurde genau angepasst, mit unterschiedlichen Kältezonen, damit auch an jedem Tag, egal welche Temperatur außen herrscht, das Eis schmeckt.
Der zweite Enkel wird demnächst auf die Welt kommen, „den Namen hat mir meine Tochter noch nicht verraten, aber natürlich bekommt der er dann auch ein Spezialeis“, sagt der über alle Maßen stolze Opa. Er hat auch ein „Black-Cherry-Kakao-Eis“ kreiert, „dafür kommen im Sommer auch Leute von außerhalb des Quartiers“, sagt er. Aber natürlich stellen die Bewohner und Bewohnerinnen vom Gräselberg die Haupt-Kundschaft. Er arbeite sehr gerne mit allen Akteuren und Akteurinnen im Stadtteil zusammen: Mit Angelika Wust zum Beispiel, der aktiven Quartiersmanagerin, die ihr Büro gegenüber in den Räumen der Lukasgemeinde hat. Mit Kirchen und Moscheen, mit Schulen und Kitas. Wird vor der Tür auf dem Quartiersplatz der Weihnachtsbaum geschmückt, gibt es Kakao von der „Backditorei“, probt der Stadtteilchor open air, ebenso.
Malen, Basteln, Musizieren
„Donnerstags treffen sich hier einige Menschen aus der Ukraine zum Malen und Basteln“, berichtet der Geschäftsmann mit Herz, „da habe ich gestern mal ein paar Donuts vorbeigebracht.“ Zum Dank bekam er Bilder geschenkt und diese gleich im Café aufgehängt. Er unterhält sich mit der Kundschaft, kennt die Vorlieben und Wünsche. „Ich bin einfach ein offener und interessierter Mensch, das sollte man auch sein, wenn man ein Geschäft hat“, meint er. Und so nimmt er auch gerne Anteil am Leben der Nachbarn, weiß, wer krank ist oder wer mal nicht so viel Geld hat.
Auch draußen stehen ein paar Tische, an denen es sich prima frühstücken lässt. „Demnächst kommt noch ein Klavier ins Café, das hat mir ein Nachbar angeboten“, sagt Mitsch. Dann gibt’s auch mal Musik vor Ort. Die „Backditorei“ und der Gräselberg – das passt einfach. Übrigens: Weitere Aushilfen würden sowohl in der Backditorei als auch bei GSM-Veranstaltungsservice gerne genommen, das sagt Axel Mitsch noch schnell zum Abschied.