Mit großer Trauer ist im Rathaus die Nachricht vom Tod der Ehrenbürgerin Christa Moering aufgenommen worden. „Zahllos sind die Verdienste von Christa Moering: Sie galt als herausragende Malerin, als zielstrebige Galeristin und als engagierte Lehrerin, die das Kunstleben im Wiesbaden der Nachkriegszeit nachhaltig prägte“, würdigen Oberbürgermeister Dr. Helmut Müller und Kulturdezernentin Rose-Lore Scholz die im Alter von 96 Jahren Verstorbene, die zuletzt im Altenheim der Blindenfürsorge in der Riederbergstraße.
Christa Moering wurde am 10. Dezember 1916 in Beesenstadt an der Saale geboren . Für sie stand schon früh unverrückbar fest, dass sie nichts anderes wollte als malen. Folgerichtig besuchte die 20-jährige die Kunstgewerbeschule in Stettin, wo Vincent Weber ihr Lehrer war; dann studierte sie in Leipzig an der Kunstakademie, setzte ihr Studium in Berlin fort, um es 1945 an der Städelschule in Frankfurt abzuschließen.
Die Welt bereist und immer wieder zurückgekehrt
Durch ihre Ehe mit dem Maler Alo Altripp kam Christa Moering 1942 nach Wiesbaden. Sie bereiste die Welt und kehrte immer wieder hierher zurück, um 1950 endlich ihren ständigen Wohnsitz in der hessischen Landeshauptstadt zu nehmen, wo sie Lisa Kümmel, einer Weggefährtin von Alexej von Jawlensky, und Clemens Weiler, dem damaligen Museumsdirektor, begegnete. Sie befreundete sich mit Hanna Bekker vom Rath, mit dem Maler Ludwig Meidner und mit Otto Ritschl, bei dem sie Ernst Wilhelm Nay kennen lernte und in dessen Atelier sie arbeiten durfte. Hans Laabs, Fred Dahmen, Bele Bachem gehörten zu ihren Freunden, mit denen sie sich längere Zeit auf Ibiza aufhielt.
„Gruppe 50“ begründet
Schon 1950 rief sie die noch heute existierende „Gruppe 50“ ins Leben; sie gab Unterricht und unterhielt Gesprächskreise. 1956 bezog sie ihr eigenes Atelier in der Martinstraße, zwei Jahre später eröffnete sie ihre Galerie – nicht für sich selbst, sondern zugunsten anderer Künstler, der „Unbehausten“, wie sie sie nannte, die nicht nur um ihre Kunst, sondern auch um ihren Lebensunterhalt rangen.
In der Auswahl der Künstler war sie gewissenhaft, aber undogmatisch, ihr ging es um das Herausspüren von Qualität und nicht um eine bestimmte Stilrichtung. Ihre Toleranz ließ unterschiedlichste Talente wachsen, machte Mut auf dem Weg von Versuch und Irrtum, den jeder beschreitet, der sich entwickeln will. Viele dieser Talente, die später weit über hiesige Grenzen hinaus bekannt wurden, hatten bei ihr ihren ersten Auftritt und fanden durch ihre kritische Begleitung den persönlichen Stil und die selbständige Existenz. Die im Elternhaus erlernte Verantwortlichkeit für andere und die Freude an der Entdeckung künstlerischer Begabungen waren treibende Kräfte, und die Überzeugung, dass Kunst lebensgestaltend und lebensbestimmend sein kann.
Arbeit mit Strafgefangenen
Die Freunde im „Atelierkreis Christa Moering“ unterstützten diese verantwortungsvolle Aufgabe, zu der das Lehren und die Arbeit mit jugendlichen Strafgefangenen hinzukamen. Erfahrung, Wissen und künstlerische Techniken gab sie weiter, aber noch wichtiger war ihr die „Erziehung zu menschlichem Format“. Daraus sprach ihre Erkenntnis, dass die Kunst nur so gut und überzeugend sein kann, wie der Mensch, der sie macht. Und das Besondere an all ihrem Engagement für Andere ist die Kraft und die Kreativität, die sie sich für sich selbst bewahren konnte.
Farbintensive, atmosphärisch dichte Bilder
Christa Moering reiste gerne, ließ sich von fremden Kulturen beeindrucken und verarbeitete diese Eindrücke in farbintensiven, atmosphärisch dichten Bildern. Sie entwickelte ihr eigenes künstlerisches Werk, das, geschult am Expressionismus, Impressionismus und Kubismus, eine hohe Eigenständigkeit und Qualität auszeichnet, die viel Annerkennung und Bewunderer gefunden hat. Sie malte viele Porträts, Interieurs und wundervolle Landschaften, in denen persönliche Begegnungen, Reiseerlebnisse und ihre subjektive Weltsicht einfließen. Durch Christa Moering bekam Wiesbaden damals ein kleines, aber bedeutendes Zentrum für Künstler und Kunstliebhaber aus der Umgebung und aus aller Welt. Sie hat viel getan für die Kunst und die Kultur und wurde 1978 dafür mit dem Bundesverdienstkreuz, mit der Bürgermedaille und 1996 mit der Ehrenbürgerschaft der Landeshauptstadt Wiesbaden ausgezeichnet (erstmals in der Geschichte der Stadt wird einer Frau die Ehrenbürgerwürde verliehen). Sie war Namensgeberin für den zentralen Quartiersplatz im Wiesbadener Künstlerinnenviertel („Christa Moering-Platz“), 2008 lieh sie dem „Christa Moering-Preis“ ihren Namen, der regelmäßig einmal pro Jahr in wechselnden Sparten vergeben wird.
„Dabei ist Christa Moering bescheiden geblieben und setzte mit ihrer herzlichen Freundlichkeit Maßstäbe im umsichtigen, respektvollen Umgang miteinander. Bis zuletzt lebte sie, umgeben von Familie und Freunden, hier in Wiesbaden. Wir danken unserer Ehrenbürgerin für alles, was sie für unsere Stadt, für die Entwicklung des kulturellen und künstlerischen Lebens getan und was sie uns als Malerin und als Menschenfreundin gegeben hat. Wir werden es bewahren, sehr gut darauf achten und Christa Moering ein ehrendes Andenken bewahren“, so der Oberbürgermeister, der im Dezembetr letzten Jahres einen Empfang für die Künstlerin zu ihrem 95. Geburtstag im Rathaus ausgerichtet hatte, und die Kulturdezernentin.