Der Sommer ist endlich da und mit ihm natürlich auch die erhöhte Waldbrand- und Hautkrebsgefahr, erhöhte Ozonwerte und selbstverständlich die Wasserknappheit später im Jahr. Aber jetzt freuen sich alle nur an den herrlich warmen Temperaturen und dem Sonnenschein und strömen hinaus ins nächste Naherholungsbiotop. Das ist ja auch gut für das Vitamin D und dem allgemeinen Wohlbefinden. Der Dürerpark ist da keine Ausnahme. Im Gegenteil. Die vertrauten Gesichter sind wieder alle da.
Die abendliche Yogagruppe wie auch der abgeklärte Sonnenanbeter, der täglich mehrere Stunden in kurzer Hose auf der Wiese liegt und schon nach drei Tagen Sonnenschein so aussieht, als habe er die vergangenen drei Monate im Solarium verbracht. Manchmal liest er ein Buch, meist liegt er einfach nur auf seiner Decke und döst.
Vor allem an Wochenenden strömen junge Familien in den Park. Die Kids toben sich aus, mal im Bach, mal auf der mit Bauzäunen spärlich abgegrenzten Baustelle rund um den mittleren Teich oder auf dem angrenzenden Spielplatz. Wenn jedoch der Eiswagen kommt und am Wendehammer sein Sortiment präsentiert, strömen die Kinder dorthin und die Eltern hinterher.
Dass hier ein Revierkampf zwischen rivalisierenden Eisverkäufern tobt, merken die Kids nicht, selbst wenn die Hupfanfare des ankommenden Eiswagens plötzlich aggressiv klingt, weil Eis Mario mit seinem Wagen am Wendehammer steht und die Jugend von morgen mit Schokoeis versorgt, und Eis Casal unverrichteter Dinge wieder abrauschen muss.
Der Oberkörperfrei-Tänzer gibt sich davon unbeeindruckt. Stoisch vollführt er seine Capoeira-anmutenden Tanzschritte auf der kleinen Betonbrücke, die über den kleinen Bach führt. Dazwischen immer wieder Stretcheinlagen und Kontrollgriffe in den Schritt, ob noch alles sitzt.
Unbeeindruckt ist auch der alternde Gigolo. Für einen Mann jenseits der 50 ist er überdurchschnittlich gut trainiert. Tinderlos scannt er sein Revier schon seit Jahren.
Sobald er eine herrenlose Frau sieht, schlägt seine Stunde. Dann gockelt er vor ihr auf und ab, versucht sie in ein Gespräch zu verwickeln und ihr mit seinem dichten Brustpelz zu imponieren.
Über das Imponiergehabe hinaus sind die zwei balzenden Erpel, die ein Entenweibchen über die Wiese jagen. Empört quakend bahnt sich das Weibchen zwischen den Naherholenden ihren Weg – letztlich mit Erfolg: Die Balzerpel geraten in Streit und vergessen den Anlass dafür. Dem Weibchen ist es egal. Es zieht sich auf die Mitte des Ententeichs zurück. Nach kurzem Zank geben die Streiterpel Ruhe. Frieden kehrt wieder ein und alles geht weiter seinen Gang. Wie zuvor, wie bisher.
Mehr Falk Fatal: “Saure Äppler im Nizza des Nordens – 100 sensor-Kolumnen”, Edition subkultur, ISBN: 978-3-948949-24-2