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Kolumne: Falk Fatal kämpft mit dem Brett vorm Kopp

Der Mensch ist ein seltsames Tier. Wir sind hochentwickelt und so intelligent, dass wir uns die Erde untertan machen konnten. Wir haben das Rad erfunden, sind zum Mond geflogen und können riesige Datenmengen per Funkwellen in Windeseile um den Erdball schicken. Andererseits sind wir unglaublich dumm und laufen mit einem dicken Brett vor dem Kopf durch die Welt. Wir, oder die meisten von uns, wissen zwar, dass unser Lebensstil unsere Lebensgrundlagen täglich ein Stück mehr zerstört. Aber wirklich etwas ändern tun wir nicht. Das ist im Großen genauso zu beobachten, wie im Kleinen. Obwohl ich weiß, dass die Zigarette, die ich mir eben angezündet habe, die Wahrscheinlichkeit, dass ich an Krebs erkranke, wieder ein bisschen erhöht, ziehe ich den giftigen Rauch trotzdem in die Lungen. Warum ich das mache? Weil ich dumm bin. Und hoffe, dass es irgendwie gut gehen wird.

Oder nehmen wir das Thema Sicherheit. Das wird heiß diskutiert. Oft voller Emotion, die häufig den rationalen Blick verstellt. Kaum wird ein schlimmes Verbrechen publik, etwa ein Überfall, eine Messerstecherei oder eine Vergewaltigung, werden sie wieder laut, die Rufe nach härteren Strafen. Dann wird über die Kuscheljustiz geschimpft und eine Lockerung des Waffenrechts gefordert. Im Affekt ist das vielleicht verständlich, rational betrachtet verschlimmert es die Situation nur. Da braucht es nur einen Blick auf die USA, wo in vielen Bundesstaaten die Todesstrafe noch praktiziert wird und es gleichzeitig fast jedem Bürger erlaubt ist, Schusswaffen zu besitzen. Trotzdem (oder genau deshalb) ist die Mordrate in den USA deutlich höher als in Deutschland. Dennoch hält sich der Irrglaube, drastische Strafen würden zu mehr Sicherheit führen.

Ich wundere mich immer, warum werden solche Forderungen nicht laut, wenn ein Vollidiot den Kaiser-Friedrich-Ring als Rennstrecke missbraucht und dabei jemanden tot fährt? Warum werden solche Forderungen nicht gestellt, wenn ein Unfall verursacht wurde, weil ein Autofahrer mehr mit seinem Handy als dem Straßenverkehr beschäftigt war? Jährlich sterben deutlich mehr Menschen im Straßenverkehr als durch Gewalttaten. Nicht anders verhält es sich mit der Zahl der verletzten oder schwer verletzten Personen. 90 Prozent aller Verkehrsunfälle sind menschengemacht.

Wer also wirklich mehr Sicherheit will, sollte nicht die Todesstrafe fordern, sondern Tempo 30 in Innenstädten und mehr Blitzer, um Verkehrssünder zu bestrafen. Wem das Wohl seiner Mitmenschen wichtig ist, sollte nicht die Lockerung des Waffenrechts befürworten, sondern ein durchgängiges Tempolimit auf deutschen Autobahnen. Aber dafür müssten wir uns weniger von unseren Gefühlen und mehr von unserem Verstand leiten lassen. Das wird leider nicht passieren.

Mehr Falk Fatal.

(Illustration: Marc „King Low“ Hegemann)