Von Dirk Fellinghauer. Foto privat.
Wiesbaden verliert eine wertvolle kritische und – als Wortspiel sich aufdrängend und dabei als Zuschreibung treffend – kluge Stimme. Prof. Franz W. Kluge verstarb am 2. Weihnachtstag nach kurzer schwerer Erkrankung. Der emeritierte Hochschulprofessor, der das Geschehen dieser Stadt vielfach begleitete, wurde 73 Jahre alt.
Franz Kluge – das war ein Mann mit gütigem Lächeln und scharfem Verstand. Ein Mann mit kritischem Geist, vielfach engagiert und talentiert und wohltuend unbequem. Die Dinge und Geschehnisse in der Stadt, in der er seit 1976 lebte – mit seiner Ehefrau, Weggefährtin und Mitstreiterin Christa Bisenius und mit ihren beiden Kindern Annalena und Maxleon – waren ihm eben nicht egal.
Engagement für ein „Haus der Stadtkultur“
Franz Kluge war ein Mann, der sich einmischte – und einbrachte. 2015/16 zum Beispiel, als er sich nach den turbulenten Auseinandersetzungen um ein geplantes Stadtmuseum auf der Wilhelmstraße zusammen mit anderen engagierten Wiesbadener:innen dafür stark machte, ein Stadtmuseum mit „Haus der Stadtkultur“ im Alten Gericht zu realisieren. Er wurde Sprecher der Initiative, deren Petition seinerzeit 10.000 Unterstützer:innen fand und deren Ideen und Konzepte hier noch zu erkunden sind.
Wortmeldung zur Walhalla-Zukunft
Auch die Entwicklung, oder eher die Nicht-Entwicklung, rund um das Walhalla trieb den Verstorbenen um. Zuletzt hatte er sich, wenige Monate vor seinem plötzlichen Tod, mit einem „Zwischenruf“ zum „Walhalla-Komplex“ zu Wort gemeldet. Auf 33 Seiten identifizierte er Irritationen, stellte berechtigte Fragen und wollte sein Plädoyer für ein „Review Walhalla“ verstanden wissen als „von der bürgerschaftlich motivierten Hoffnung getragen, dass belastbare und nachhaltige kulturelle Entwicklungen insbesondere im innerstädtischen urbanen Kontext ihre Chancen wahren.“
Kulturpreis-Träger mit dem „HinterHaus“
Er selbst bezeichnete sich als „der Stadt in vielfältiger Weise verbunden“ – und das galt auch schon in früheren Jahren und Jahrzehnten. 1988 erhielt er zusammen mit den Aktiven der Kulturinitiative „Wiesbadener HinterHaus“, wo er für die Film und Neue Medien zuständig war und über viele Jahre herausragende experimentelle Filmschaffende einlud und präsentierte, den Kulturpreis der Stadt Wiesbaden.
In seiner freikünstlerischen Tätigkeit erhielt er als Regisseur, Drehbuchschreiber und Produzent bedeutende internationale Preise (Internationale Kurzfilmtage Oberhausen, Prix Ars Electronica) wie auch den Hessischen Filmpreis, er gewann Kunst-am-Bau-Wettbewerbe, sein Film „Babels Monument“ wurde in der renommierten ZDF-Reihe „Das kleine Fernsehspiel“ ausgestrahlt. Bei diesem zeigte sich auch sein Pioniergeist, nächtelang animierte er nach seinen Entwürfen an der TU Darmstadt kreierte Wireframes und gilt als der erste, der dieses Medium im Film ein- und umgesetzt hat.
Innovativer Künstler, leidenschaftlicher Hochschullehrer
Franz Kluge war passionierter und innovativer Künstler, und er war leidenschaftlicher Hochschullehrer. An der Hochschule Trier entwickelte er innovative Studiengänge (Intermedia Design). Er setzte sich in seiner aktiven Zeit als Dekan des Fachbereich Gestaltung aktiv für eine produktive Wechselwirkung zwischen Hochschul- und Stadtentwicklung ein und wirkte weit in das kulturelle Leben der dortigen Stadtgesellschaft hinein. In Abstimmung mit dem Trierer Oberbürgermeister und dem Präsidenten der Hochschule Trier schuf er den „Campus Gestaltung“ im innerstädtischen urbanen Kontext und initiierte einen Kooperationsvertrag zwischen Campus und Stadt. Im thematischen Bezugsfeld der „Lebendigen Stadt“ pflegte Prof. Kluge intensive akademische Beziehungen nach Fernost. In Wiesbaden wirkte er an der Hochschule RheinMain als Lehrbeauftragter für Baukulturerbe.
Kundig, eloquent und unerschrocken
Die Sprecherin des Wiesbadener AK Stadtkultur, Margarethe Goldmann, erinnert an Franz Kluge „als einen kundigen, eloquenten unerschrockenen Menschen, der der Stadtpolitik mit seinen Interventionen zusetzen konnte“ und würdigt sein Engagement für die Kultur in Wiesbaden. Franz Kluge hielt mit seinen Erkenntnissen und Ansichten nicht hinterm Berg, auch nicht in den Sozialen Medien. Auf Facebook ging er sicher auch manchen auf die Nerven, geriet auch mal mit anderen aneinander. Aber er pflegte den Streit – leider eher eine Seltenheit in der heutigen Zeit – zivilisiert und kultiviert. Wiesbaden täte gut daran, mindestens dem einen oder anderen seiner Gedanken weiterhin Beachtung zu schenken.
Kondolenzadresse: abschiedfranzkluge@gmail.com
Lieber Dirk,
herzlichen Dank für Deinen so aufrichtigen, mitfühlenden Beitrag zum Ableben von Herrn Professer Kluge.
Er hinterlässt eine große Lücke, sein Engagement wird allen schmerzlich fehlen, er ist einfach nicht ersetzbar!
R.I. P. 🕊🖤🤍❤
Brigitte Tilemann
Ein Mann mit Courage !
Franz war auch ein unerschrockener Denker, der auch sehr komplizierte Zusammenhänge aufgesucht hat. Und er liebte das Leben, das Schöne und Besondere. Und er liebte seine Frau, seine Kinder, seine Familie,
Er war aber vor allem eines: Ein Freund!
Lieber Herr Fellinghauer,
Sie haben sehr schöne Worte als Nachruf für unseren Freund Prof. Franz Kluge gefunden, dem wir privat sehr verbunden waren. Wir kannten natürlich sein Engagement für die Stadt Wiesbaden, aber die vielen Ehrungen waren mir persönlich nicht bekannt. Das war der private Franz Kluge, der im kleinen privaten Kreis immer seine Meinung vertrat, aber in erster Linie der Familienmensch war, riesig stolz auf seine Frau Christa, auf Maxleon, in dessen Videos er auftrat und auf Tochter Annalena und Schwiegersohn Matthias und seinem geliebten Enkel.
Wir werden ihn sehr vermissen und ihn in schöner Erinnerung behalten.