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Lautstarke Parolen und lässige Drinks: Vielfältige AfD-unerwünscht-Demonstration auf dem Wallufer Platz

Es hat etwas Ritualhaftes und wirkt doch, in zunehmend verhetzten und schamgrenzüberschreitenden Zeiten wie diesen mehr denn je, richtig und wichtig – erst recht in einem Viertel, das für Weltoffenheit und Menschlichkeit steht. Schätzungsweise rund 150 Menschen protestierten am Donnerstagabend mit Präsenz, Plakaten und Parolen auf dem Wallufer Platz vor dem Hilde-Müller-Haus friedlich, aber bestimmt dagegen, dass im Hilde-Müller-Haus die AfD Wiesbaden einen sogenannten „Themenabend“ abhielt – und dies das Jahr 2018 hindurch an jedem 1. Donnerstag im Monat vorhat.

In der angekündigten „Kunstaktion“ hielten die Protestierenden den AfD-Anhängern einen Spiegel vor – im tatsächlichen und im übertragenden Sinne. Besonders linke und besonders junge Menschen gaben den Ton des Protests an, es war aber eine ganz bunte Mischung aus besorgten bis wütenden Bürgerinnen und Bürgern vom Schulkind bis zum Senior, die den Platz füllten und Zeichen setzen wollten, dass eine AfD in Wiesbaden und erst recht im Rheingauviertel einfach nicht erwünscht ist.

„Schämt euch“-Rufe begleiteten AfD-Anhänger

Die  überwiegend betagten Besucher der AfD-Veranstaltung, die vereinzelt eintrudelten, in der Summe aber doch für einen offenbar gefüllten Saal sorgten (als wir uns ein Bild von der Veranstaltung machen wollten, wurde uns am Eingang zum Hilde-Müller-Haus von Ordnern der Zutritt mit Verweis auf „Überfüllung“ und Brandschutz verwehrt), wurden mit Pfiffen und „Schämt euch“-Rufen begrüßt. Polizei war präsent, aber entspannt und hatte keinen besonderen Einsatzbedarf. Eine Weile nach dem offiziellen Beginn der AfD-Veranstaltung löste sich die Gegenveranstaltung langsam auf. Keiner bekam kalte Füße, aber einige hatten kalte Füße.

„Wakker“ als eigentliche Gegendemonstration – des bunten, offenen, entspannten (Zusammen-)lebens

Eine buchstäblich naheliegende Aufwärmstation war das „Wakker“ direkt neben dem Hilde-Müller-Haus – an dem Abend fast so etwas wie die eigentliche Gegendemonstration. Hier wurde lässig und entspannt und mit einem Augenzwinkern (Ankündigung eines „Blockadetrinkens“ und Regenbogen-Smiley-Fahne im Fenster) charmant ein locker-leichtes offenes und herzliches Leben und Miteinander zelebriert und demonstriert – ein klarer Gegenentwurf zu vielem, was die AfD verkörpert und vertritt.

An diesem Eindruck änderte auch der AfD-Stargast des Abends – der Bestseller-Autor Thorsten Schulte – nichts, als er draußen vor der Tür freudig mit einem älteren Herrn diskutierte, dessen ruhig und sachlich vorgetragenen Argumente und Vorbehalte gegenüber der AfD affektiert weglachte und ihn überzeugen wollte, dass es mit der AfD ganz und gar keine Ausgrenzung gebe – mit Verweis auf die AfD-Fraktionschefin im Bundestag Alice Weidel, die schließlich lesbisch sei und zwei Kinder aus Sri Lanka adoptiert habe und der Offenbarung, dass er selbst homosexuell sei.

Ach ja, wer war eigentlich Hilde Müller, nach der das Bürgerhaus, in dem die AfD tagte, benannt ist, fragten an dem Abend so manche. Die Antwort steht hier.

Das sensor-Fotoalbum vom (Anti-)AfD-Abend am Wallufer Platz findet ihr hier. (Text/Fotos Dirk Fellinghauer)