Von Hendrik Jung. Fotos Samira Schulz.
Zwei wichtige Aspekte prägen die berufliche und ehrenamtliche Arbeit von Marc Arthur Tsanang: Sprachen vermitteln und für die Belange der queeren Community sensibilisieren – auch als Mr. Gay Germany-Kandidat.
„Schlau“ lautet der Titel eines Kooperationsprojekts ehrenamtlicher Mitarbeiter der AIDS-Hilfe Wiesbaden und des Vereins Warmes Wiesbaden. Es handelt sich um ein Bildungs- und Antidiskriminierungsprojekt zu geschlechtlicher Identität und Orientierung an Schulen. Ende Januar ist Marc Arthur Tsanang in dieser Sache erstmals seit zwei Jahren wieder in Präsenz an einer Schule aktiv gewesen. „Es ist wichtig, Jugendliche zu sensibilisieren, damit die Homophobie nachlässt. Das hätte ich mir in meiner Schulzeit auch gewünscht, um zu verstehen, dass es Queerness gibt und dass es nichts Anormales ist“, erzählt der 32-Jährige.
Homosexualität im Heimatland strafbar
In seinem Heimatland Kamerun gebe es eine klare Norm, auf die es zu achten gelte. Nach Schule und eventuellem Studium sehe diese nur die Heirat und das Gründen einer Familie vor. Homosexuelle Handlungen können in der ehemaligen deutschen Kolonie strafrechtlich verfolgt werden. „In Kamerun habe ich nicht verstanden, ob ich auf Männer oder Frauen stehe. Erst als ich in Deutschland angefangen habe, zu studieren, habe ich realisiert, dass ich auf Männer stehe“, blickt Marc Arthur zurück.
Als Schüler eines deutsch-französischen Gymnasiums ist er bereits zweisprachig aufgewachsen. Nach dem Abitur sei es in seiner Familie Tradition, nach Europa zu gehen. Auch sein drei Jahre älterer Bruder lebe nach wie vor in Deutschland. Er selbst ist bereits im Alter von 17 Jahren hierher gekommen, worauf er auch seine schnelle Integration zurückführt. „Ich war die ganze Zeit mit Gleichaltrigen unterwegs und habe sofort Freundschaften gefunden“, erinnert sich Marc Arthur. Auch über den Tennis-Sport, den er seit dem Alter von acht Jahren mit Begeisterung betreibt.
Flüssig in acht Sprachen
In Düsseldorf hat Marc Arthur zunächst ein Bachelor-Studium in Germanistik absolviert, am Fachbereich Translations-, Sprach- und Kulturwissenschaft der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz in Germersheim dann den Master Translation abgeschlossen. Inzwischen könne er neben den beiden Sprachen, mit denen er bereits aufgewachsen ist, noch in sechs weiteren flüssig kommunizieren: Englisch, Italienisch, Portugiesisch, Russisch, Spanisch und Thai. „Ich finde, dass man die Leute besser erreicht, wenn man sie in ihrer Muttersprache anspricht. Ich habe Thai-Freunde, mit denen ich nur auf Thai spreche“, erklärt Marc Arthur, der bisher 36 Länder bereist hat.
Inspiriert von seinem Interesse für die Kultur des Landes sei er derzeit dabei, auch die türkische Sprache zu lernen. Er selbst vermittelt in einer Sprachschule Deutsch an erwachsene Schüler: „Das macht mir viel Spaß, denn ich lerne neue Kulturen und Impulse kennen. Das ist etwas Neues für mich, das mich bereichert.“
Queere Themen zur Sprache bringen
Allerdings ist ihm im Rahmen dieser Tätigkeit aufgefallen, dass im Orientierungskurs, der als Teil des Integrationskurses des Bundes über den deutschen Staat und die deutsche Gesellschaft informiert, queere Themen kaum zur Sprache gebracht werden. Um dies zu ändern, hatte er sich in diesem Jahr für die Wahl zum Mr. Gay Germany beworben. Hier steht nicht nur das obligatorische Foto-Shooting im Fokus, sondern vor allem die Ausarbeitung einer Kampagne, mit der die Kandidaten die queere Community stärken wollen.
Aufmerksamkeit als Mr. Gay Germany-Kandidat
„Der Gewinner wird ein Jahr lang dabei unterstützt, seine Kampagne umzusetzen“, erläutert Marc Arthur. Auch wenn es für ihn im Finale nicht zum Titel gereicht habe, so habe er durch die Teilnahme doch große Aufmerksamkeit erzielt. Sein Projekt #freeyourselfnow, mit dem er vor allem Migranten informieren möchte, die aus einem homophoben Umfeld stammen, werde trotzdem unterstützt, etwa durch den Lesben- und Schwulenverband in Deutschland. Ein weiteres wichtiges Engagement ist für Marc Arthur die Beteiligung an der Gründung eines queeren Zentrums in Wiesbaden, das in Zukunft eine Anlaufstelle für die Community sein soll.