Von Jan Gorbauch. Fotos Frank Meißner.
Stefan Vicentic (rechts) ist dreißig Jahre alt und mit der Gastronomie aufgewachsen. Seine Familie führte seit 2008 ein Restaurant in Kastel, in dem er „immer voll involviert war“. Nach dem Studium stand er dann am „Scheideweg“, wie er selbst sagt: „normaler Job oder Gastro“. Letztlich hörte er auf sein Herz und stieg voll in das Restaurant ein, zwei Jahre führte er es zuletzt alleine.
Bei einem Spaziergang mit seiner Frau durch Wiesbaden im letzten Herbst blieb er dann „wie angewurzelt“ vor dem Uhrturm in der Marktstraße stehen: „Der Inhaber suchte einen neuen Pächter… ehrlich gesagt musste ich in dem Moment nicht lange überlegen“, erzählt der „Wiesbadener Junge“ lachend. Natürlich nicht, denn den Uhrturm kannte er aus seiner Kindheit und Jugend gut, immer wieder hatten Verwandte dort bei vorigen Pächtern gearbeitet und er selbst hat auch immer wieder mit angepackt. Jetzt schließt sich der Kreis und er macht „den nächsten Schritt“, wie er sagt.
„Eine Herzensangelegenheit“ und eine glückliche Fügung für den jungen Gastronom – und natürlich den Uhrturm, der nach dem leider nur kurzen Gastspiel von Fumiko Tukuoka mit ihrem „Fumi“ leer stand. Vicentic bekam rasch den Zuschlag, gab sein Restaurant in Kastel ab und bringt im „Uhrturm“ jetzt „wieder Leben in die Bude“. Und das wortwörtlich, denn dass das Traditionslokal weniger als eine Woche nach Eröffnung unter der Woche um 17.30 Uhr rappelvoll ist, spricht für sich. Hier kommt dem neuen Pächter all seine Erfahrung zu Gute, plus er hat sein eingespieltes Team mitgenommen und meistert den Ansturm mit viel Routine und noch mehr Elan.
Er weiß um die Schwierigkeit der Aufgabe und sieht diese realistisch: „Es geht nur mit harter Arbeit und viel Fleiß“. Zudem besinnt er sich auf die Tradition des Hauses. „Unsere Küche ist passend zur Geschichte“, beschreibt er sein Konzept. 1873 wurde der eigentliche Uhrturm abgerissen, das obere Stadttor als einer der letzten Teile der alten Stadtmauer verschwand somit, und kurze Zeit später eröffnete das erste Restaurant – seitdem war der Name „Uhrturm“ in Wiesbaden als gemütliches Wirtshaus mit bodenständiger Hausmannskost bekannt.
Moderner gemütlich
Gemütlich ist es nach der Renovierung der vorigen Pächterin immer noch, neben aller Tradition aber auch heller, moderner und frischer. Das gleiche gilt nun auch für die Karte, die Vicentic sich ausgedacht hat. Deutsche Klassiker mit internationalen Einflüssen, frischen Zutaten, saisonalen Tagesgerichten und „alles natürlich selbst gekocht“ – das ist Vicentics Plan. Dabei fehlt die nötige Kreativität nicht: neben Wiener Schnitzel, Rumpsteak und Forelle sticht das „Uhrturmschnitzel“ heraus – Schweinerückensteak gefüllt mit Hirtenkäse und Dörrfleisch ist eine leckere Abwechslung zu den Klassikern. Abgerundet wird das Angebot mit einer guten Weinauswahl aus Rheinhessen (Rupp) und dem Rheingau (Ott) sowie einem tollen Mittagstisch (Suppe, Hauptgang, Salat und Getränk für 13,50).
Restaurant Uhrturm, Marktstr. 15, 65183 Wiesbaden, Tel.: 0611/44839566, Mo-Sa 11.30-23 Uhr
Rezept für das „Uhrturmsteak“
1 Schweinerückensteak, 1-2 Scheiben Dörrfleisch, Hirtenkäse, Kartoffeln, Zwiebeln
Das Steak wird zunächst ganz dünn geklopft. Anschließend werden das Dörrfleisch und eine Seite des Steaks scharf angebraten. Dann wird das Steak gewendet und die obere Seite mit Dörrfleisch und Hirtenkäse belegt, danach zugeklappt (so dass sich die Füllung innen befindet). Jetzt wird das Steak noch einmal von beiden Seiten kurz gebraten und ist dann fertig. Dazu werden goldbraune Bratkartoffeln gereicht. Hierzu werden die Kartoffeln gewürfelt, mit Zwiebeln angereichert und krossgebraten.