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Schieflagen auf der Spur: Das exground filmfest mit Länderfokus Chile – und der ganzen Welt zu Gast

Von Max Blosche.

In diesem Jahr richtet das exground filmfest – am Freitag, dem 17. November, geht´s los – den Blick nach Chile. Aber auch die ganze Welt ist bis zum 26. November auf den Festival-Leinwänden, und auch ganz real in Person zahlreicher internationaler Gäste, zu Gast in Wiesbaden. Und schließlich: Auch vielfältiges Filmschaffen aus Wiesbaden selbst hat seinen festen Platz im exground-Programm.

Die Proteste in Chile ab 2019 haben ihren Ursprung in eklatanten Missständen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. „Die Filme des Länderfokus setzen sich verstärkt mit den Grundlagen dieser Schieflagen auseinander: patriarchalen Strukturen, (neo-)kolonialer Gewalt oder der nachwirkenden Terror der Militärdiktatur“, kündigt das Festivalteam an. Bewusst blicke man dabei auf die Werke einer jüngeren Generation. Klassisch narrative Studentenprojekte sind ebenso vertreten wie unabhängig realisierte Experimentalfilme oder das Regiedebüt einer etablierten Schauspielerin. Aber auch die Oscar-Einreichung Chiles und gefeierte Werke aus Berlin, Cannes und Rotterdam sind zu sehen.

Eigenwillig, emotional, relevant

Bei einer Pressekonferenz stellten Festivalleiterin Andrea Wink und Gerald Pucher aus dem Organisationsteam des exground 36-Programm gemeinsam mit Kulturdezernent Hendrik Schmehl und Julia Cloot vom Kulturfonds Frankfurt RheinMain im Caligari-Foyer vor. Foto: Dirk Fellinghauer

„Konzeptionell eigenwilliges, emotional bewegendes und gesellschaftlich relevantes Kino, ergänzt um ein äußerst vielseitiges Zusatzprogramm“, kündigen die exgroundler:innen an. In seiner 36. Auflage insgesamt bringt exground – mit sensor als Medienpartner – vom 17. bis 26. November ein umfassendes Film- und Rahmenprogramm nach Wiesbaden. Rund 200 Produktionen aus aller Welt werden zu sehen sein – „ein Querschnitt durch den 2022/2023er-Jahrgang des internationalen Kinos aus rund 2.000 eingereichten Kurz- und Langfilmen“. Begleitende Diskussionen, Ausstellungen, Lesungen, Konzerte – und viele teilweise von weither angereiste Gäste – machen das Festivalfeeling perfekt.

Politthriller „1976“ zur Eröffnung
Eröffnet wird exground 36 mit dem präzise inszenierten Politthriller „1976“ (Foto oben), der inmitten des chilenischen Staatsterrors des Jahres 1976 spielt. Manuela Martelli betrachtet in ihrem fesselnden und zutiefst beeindruckenden Regiedebüt das Leben ganz aus der Wahrnehmung einer Frau, deren wohl situierte Familie sich mit dem Leben unter einer Diktatur arrangiert hat. Im Ferienhaus am Meer wird Carmen einer anderen Realität gewahr und handelt. Die Bilder sind opulent, untermalt von atmosphärischer Musik und elegantem Schauspiel.

Highlights aus dem Programm  
In der Reihe Made in Germany zeigt exground das preisgekrönte Drama „Leere Netze“. Regisseur Behrooz Karamizadeh nutzt eine starke Bildsprache, um die Ungleichheiten in der Gesellschaft zu zeichnen. In der Reihe European Cinema ragt der in den Tagen nach der manipulierten Präsidentschaftswahl 2020 in Belarus angesiedelte Politthriller „Minsk“ des Regisseurs Boris Guts heraus. Der in Echtzeit und in einer einzigen Einstellung gedrehte Film entfaltet eine peitschende Choreografie des Grauens.  Nicholaus Goossens Komödie „Drugstore June“ läuft in der Reihe American Independents.

Fotoausstellung und Videokunst

Neben der traditionellen Foto-Ausstellung im Murnau-Filmtheater zeigt der Nassauische Kunstverein im Rahmenprogramm schon seit Ende Oktober und bis 17. Dezember den Film „Los Huesos“ von Joaquín Cociña und Cristóbal León, den das MoMA in New York bereits für seine Sammlung erworben hat. Die in schwarz-weiß erzählte Geschichte spielt mit der Vergangenheit Chiles, in der die Schicksale von Diego Portales, einem Vertreter der Oligarchie, und Jaime Guzmán, einem Gefolgsmann des Diktators Pinochets, in der Hand eines kleinen Mädchens liegen.

Für das junge Filmpublikum zeigt exground filmfest in der 20. Ausgabe der youth days in diesem Jahr 13 internationale Lang- und Kurzfilme, in denen die Lebensrealitäten junger Menschen im Fokus stehen.

Alle Infos, das volle Programm und Tickets gibt es auf www.exground.com.

Der Festivaltrailer:

Konzept, Produktion und Realisation: Martin Gessner, Musik: Alexander Sonntag, i-o music

Eine experimentelle Montage kommuniziert die Titel der Programmreihen von exground filmfest 36. „Prompt: imagine …“, erstellt von Martin Gessner mithilfe generativer KI-Anwendungen. Animierte, farbcodierte Tableaus mit symbolischen und ikonischen Bildinhalten fließen ineinander und illustrieren die Programmreihen von exground filmfest 36. Künstliche Bildwelten und Handwerk, plakative Klischees, Verweise und Zitate und ein ernsthafter Subtext zur melancholisch-hypnotischen Toncollage von Alexander Sonntag.