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sensor enthüllt: Das ist der Künstler, der die umstrittene Erdogan-Statue in Wiesbaden errichtet hat

Von Dirk Fellinghauer (Text und Foto).

Viel wurde und wird über die Anfang der Woche in Wiesbaden überraschend aufgebaute und überstürzt wieder abgebaute überlebensgroße Erdogan-Statue diskutiert – und spekuliert. Der Künstler wolle anonym bleiben, seine Identität tue eigentlich gar nicht zur Sache, wimmeln die  Wiesbaden Biennale-Leiter Maria Magdalena Ludewig und Martin Hammer konsequent alle Anfragen ab. Sie selbst gerieten in den „Verdacht“, das Kunstwerk geschaffen zu haben, ebenso im Rennen  war für manche „Experten“ Staatstheater-Intendant Uwe-Eric Laufenberg. Nun hat sensor herausgefunden, wer tatsächlich der Künstler ist.

Aus best informierten Kreisen erfuhren wir, dass der Schweizer Aktionskünstler Christoph Büchel der Schöpfer des im Rahmen des Festivals „Wiesbaden Biennale“ mitten in Wiesbaden errichteten Kunstwerks ist, das die Stadt in Aufruhr versetzt und weltweit Wellen schlägt.

Der am 11. September 1966 in Basel geborene und in Island lebende vielfach preisgekrönte Künstler macht regelmäßig international mit provokanten Kunstaktionen von sich reden – so baute er 2015 bei der Kunstbiennale in Venedig eine Moschee in eine Kirche, erklärte die Prototypen Trumps geplante Mauer zu Mexiko zur „Land Art“ oder initiierte in der Schweiz eine kostspielige Volksbefragung zur Abschaffung der zeitgenössischen Kunst.

„Büchels Installationen, konzeptionelle Interventionen und Videos sind Eingriffe in die gebaute Architektur sowie in Räume des sozialen und politischen Lebens. Meist sind sie auf Provokation angelegt; Realität und Fiktion werden dabei auf irritierende Weise ineinander verwoben und miteinander verschränkt, so dass Situationen verdichteter Ambivalenz entstehen“, ist auf sikart.ch über den Künstler zu lesen: „Damit überschreitet und verunklärt er Grenzen, stiftet Verwirrung, stößt vor den Kopf und setzt immer wieder heftige Diskussionen in Gang.“

Schonungsloses Spiel mit der Verunsicherung und Verwirrung

Der Text liefert auch Erklärungen für Büchels bisherige Anonymität im Zusammenhang mit dem in Wiesbaden realisierten Projekt: „So präsent Büchels Provokationen in den Medien sind, so absent bleibt seine Person. Es gibt von ihm keine bekennenden Manifeste, nur wenige Interviews und kaum Fotos. Die meisten Kataloge seiner Ausstellungen sind als Künstlerbücher konzipiert, die keine Auskunft über den Künstler und sein Schaffen geben. Nicht zuletzt durch dieses Schweigen scheint Büchel sein Ziel, permanent Verunsicherung zu stiften, zu erreichen. Gezielt und ohne Position zu beziehen, spürt er die Ängste und Tabus der westlichen Gesellschaft auf und treibt damit sein schonungsloses Spiel. “

„«Christoph Büchels Werke sind nie harmlos. Sie zielen auf persönliche Erfahrungen ab und verlangen, Stellung zu beziehen», wird Roland Wäspe, Direktor des Kunstmuseum St. Gallen, einem Beitrag der Schweizer Zeitung Tagblatt zitiert. Der Freund des Künstlers sagt in dem Artikel auch: „Büchels zwanghaft präzise Darstellungen der Realität erscheinen realer als die Realität selbst.“ und „Seine Kunst ist wie ein Spiegel, in den die Gesellschaft nicht gerne hineinschaut, weil er unangenehme Realitäten auf sie zurückwirft.“

Die von sensor als Medienpartner präsentierte Wiesbaden Biennale läuft noch bis zu diesem Sonntag, 2. September. www.wiesbaden-biennale.eu

sensor Wiesbaden-Chefredakteur Dirk Fellinghauer im Interview mit detektor.fm zur Erdogan-Kunstaktion: https://detektor.fm/kultur/stadtgespraech-erdogan-statue-wiesbaden