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So wohnt Wiesbaden – Achim Hupfauf & Verena Thiels, Berliner Straße, Erbenheim: Die Vorteile des Vororts

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Von Selma Unglaube. Fotos Heinrich Völkel und Andrea Diefenbach.

Große Glasfassaden, moderne Bauweise – ein Haus, wie man es in Erbenheim zunächst nicht unbedingt vermutet. Und dennoch steht es dort: Von der Straße nicht einsehbar, zwischen dem Gewerbegebiet Kreuzberger Ring und der Siedlung Hochfeld.  Seit acht Jahren bewohnt hier das Architektenehepaar Achim Hupfauf und Verena Thiels gemeinsam mit ihrer Tochter und zwei Hunden ihr außergewöhnliches Wohnhaus an der Berliner Straße. Ausschlaggebend für die Ortswahl war, dass das Architektenduo nicht mehr als zwanzig Autominuten von einer Metropole entfernt leben wollte. Die 1969 in Aachen geborene Verena Thiels, die mit ihrem Mann erst 2003 von München nach Wiesbaden gezogen ist, ist begeistert von Erbenheim als Wohnort. „Man erreicht in kurzer Zeit Frankfurt, Darmstadt, Offenbach, zum Flughafen brauchen wir gerade einmal zwölf Minuten. Besuch von außerhalb lassen wir ihn zum Flughafen Fernbahnhof fahren, statt zum Wiesbadener Hauptbahnhof.“ Thiels kann nicht verstehen, weshalb so viele Wiesbadener immer nur die einschlägigen Wohnviertel bevorzugen und dafür in Kauf nehmen, auf dem Weg zur Arbeit stundenlang im Auto zu sitzen.

„Ein Idyll im Rhein-Main-Gebiet“, schwärmt Hausherr Hupfauf, der Vorsitzender der Gruppe Wiesbaden des Bundes Deutscher Architekten BDA und des Wiesbadener Architektursommer e.V. ist, von seinem Familiendomizil. Am liebsten hält sich die Familie übrigens draußen auf, im Garten oder auf den Terrassen, wo sie in heißen Sommernächten auch schon Mal übernachten.  Entworfen haben das 160 Quadratmeter große zweistöckige Haus, das 4,4 Meter breit, 13,4 Meter lang und 8,3 Meter hoch ist, die Hausherren selbst. Und zwar gemeinsam. „Wenn zwei Architekten ein Haus entwerfen wollen, ist es manchmal schwierig“, erklärt der 1956 in Mainz geborene Achim Hupfauf schmunzelnd. Die Eheleute haben es gemeistert. Und das, was sie an ihrem Haus erstmal ausprobiert und dabei für gut befunden haben, setzen sie mit ihrem direkt benachbarten Architekturbüro auch für ihre Kunden um. Die lackierte Betondecke mit den eingelassenen Spots zum Beispiel war ein solches Experiment, ebenso wie die Küche, die bereits in Serie ging. Gebaut wurde das Haus übrigens auf einem Garagengrundstück. „Das Baurecht hat viel vorgegeben“, erklärt der Architekt die Bauweise und Formgebung: „Was uns wichtig war, sind die Bäume. Sie spenden Schatten, deshalb brauchen die Fenster keinen Sonnenschutz.“ Außerdem verfügt das Niedrigenergiehaus über eine Lüftung, die bei Bedarf warme Luft in kühlere Räume leitet. Das macht das Heizen im Winter fast überflüssig.

Wohnen ohne Türen, aber mit Himmelsleiter

Achim Hupfauf führt durch das Haus, von einem Raum in den nächsten, die imposante, 5,40 Meter hohe „Himmelsleiter“ führt hinauf in den ersten und zweiten Stock und endet in einer Baumkrone. Klassische Zimmer sucht man vergebens. Außer an Schlaf- und Badezimmer finden sich keine Türen. Alle anderen Bereiche sind räumlich so voneinander getrennt, dass es einfach keiner Türen bedarf. Trotz des zurückgenommenen Einrichtungsstils, den das Ehepaar als „eine Mischung aus Modernem und Ererbtem“ beschreibt, gibt es viel zu entdecken. Vor allem die Erbstücke beider Familienlinien fügen sich im ganzen Haus harmonisch zusammen. So stammen die Esstischstühle von Thiels Familie, die das Arrangement abrundende Stehlampe ist ein Erbstück von Hupfaufs Eltern. Diese Aufteilung zieht sich mehr oder weniger durch das ganze Haus. Einige Kunstwerke fallen dabei besonders auf: Eines ist das Stillleben der Fotografin Barbara Burg, das den Arbeitsplatz des berühmten italienischen Architekten Renzo Piano zeigt. Das andere ist eine Serie von Picassos Tier-Kunstdrucken, die an der Wand im Flur hängen.

Privathäuser entwerfen Hupfauf und Thiels nur für enge Freunde und Familienangehörige. Ihre Bauten sind dennoch häufig für die Allgemeinheit zugänglich. So war das Architektenpaar mit dem Neubau der Johanneskirche im Weidenborn beauftragt, die jüngst Einweihung feierte. Darüber hinaus tragen etliche weitere öffentliche Gebäude in Wiesbaden – vom Kinderhospiz Bärenherz über eine Erweiterung der Diesterwegschule bis zur geplanten Verbindung von Schlachthof-Halle zum Wasserturm –  die Handschrift des bundesweit tätigen Duos. Die Arbeiten gibt es allesamt auf www.hupfauf-thiels.de zu sehen. Und zum hessischen Tag der Architektur (28./29. Juni, www.akh.de) führt das Ehepaar Interessierte durch ihr Wohnhaus (Anmeldung erforderlich unter hupfauf@hupfauf-thiels.de).