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„Vorteilsannahme in 12 Fällen“ – Wiesbadens Ex-OB Sven Gerich verurteilt und vorbestraft

Als vor ein paar Monaten eines der gegen ihn laufenden Ermittlungsverfahren von der Wiesbadener Staatsanwaltschaft eingestellt wurde, postete Wiesbadens Ex-OB Sven Gerich auf seinem Instagram-Account genüsslich ein Foto mit einer effektvoll drapierten Flasche Pommery Cuvée Louise Brut Nature 2004, das ist ein Champagner der 150-Euro-Klasse. „Ein schöner Tag“, schrieb er dazu. Mit den Vermerken „Grins“ und „PS: selbst bezahlt“ machte er sich nochmals lustig über Vorwürfe, wegen derer er 2019 nicht mehr als Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Wiesbaden antrat – sein Nachfolger hat am 1. Juli einjähriges Dienst“jubiläum“ – und wegen derer er nun doch verurteilt wurde und vorbestraft ist.

„Wegen Vorteilsannahme in 12 Fällen“ wurde der der frühere Rathauschef zu einer „Geldstrafe in deutlich fünfstelliger Höhe“ verurteilt, wie die Staatsanwaltschaft München I am Montag mitteilte. Mit dem erlassenen Strafbefehl gilt der 45-Jährige als vorbestraft. Das Urteil ist durch den Rechtsmittelverzicht Gerichs rechtskräftig. Der Strafbefehl ahndet, dass der SPD-Politiker während seiner Amtszeit als OB mehrfach Einladungen des Münchener Gastronomen Roland Kuffler annahm, so zu wiederholten Aufenthalten in dessen Villa in St. Tropez oder zu Übernachtungen in 5-Sterne-Hotels der Kuffler-Gruppe wie dem „München Palace“. Allein in den Jahren 2014 bis 2017 hätten die Vorteile einen Gesamtwert von über 20.000 Euro gehabt.

Auch wenn die Vorteile laut Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit seinem Amt als Oberbürgermeister der Stadt Wiesbaden standen, ergaben Ermittlungen, dass Gerich als OB keinen direkten Einfluss auf städtische Vergaben an Kuffler genommen habe. Ein Ermittlungsverfahren gegen den mittlerweile 82-jährigen und Berichten zufolge schwer erkrankten Kuffler-Seniorchef Roland Kuffler, der die intensiven Kontakte zu Gerich pflegte, ist eingestellt worden. Gegen seine beiden Söhne Sebastian und Stephan Kuffler, die „freiwillig und überobligatorisch mit der Staatsanwaltschaft kooperiert“ und „ansonsten schwer  oder unmöglich zu erlangende Beweismittel“ zur Verfügung gestellt hätten, wird es kein Ordnungswidrigkeitsverfahren geben. Gegen das Unternehmen Kuffler CC Gastro wurde ein „Einziehungsbescheid“ in Höhe von 50.000 Euro erlassen.

Die Familie Kuffler, die in Wiesbadener Gastronomien im Kurhaus und im RMCC betreibt und Anteile an der Spielbank hält, plant nun nach dreißig Jahren Präsenz in der Landeshauptstadt ihren Rückzug aus Wiesbaden, wie just vor einer Woche bekannt wurde.

Sven Gerich hatte nach seinem Ausscheiden als Oberbürgermeister zunächst für zehn Monate bei der Frankfurter Sicherheitsfirma VSD Victory gearbeitet und am 1. Mai in Ingelheim einen neuen Job angetreten als Projektentwickler und Mitglied des Vertriebsteams bei der Firma J. Molitor Immobilien. Die immer wieder kolportierten Ideen, Gerich könne ein Polit-Comeback etwa als Bundestagskandidat der SPD Wiesbaden feiern, sind mit der Verurteilung wohl endgültig Makulatur. Eine Entwicklung, die für ihn spätestens dann zu verschmerzen sein dürfte, wenn entschieden ist, dass er trotz der Verurteilung seine Ruhestandsbezüge auf Lebenszeit nicht verlieren wird. Entschieden wird über diese Frage im hessischen Innenministerium in dessen Funktion als Kommunalaufsicht. Mal schauen, ob an dem für Gerich dann im besten Falle „schönen Tag“ der Entscheidung auf seinem Instagram-Account wieder die Korken knallen werden. (Text/Fotos Dirk Fellinghauer)