Von Dirk Fellinghauer. Bild Monica Bonvicini.
Die lange unrühmliche Geschichte „Wie Wiesbaden Künstler von Weltrang vergrault und Kunst am Bau nicht auf die Reihe kriegt“, bekommt ein neues Kapitel. Die Künstlerin Monika Bonvicini wird ihr geplantes Kunstwerk am RheinMain CongressCenter RMCC nicht realisieren. Ihr Geduldsfaden ist nun doch gerissen. Wie die Stadt heute früh mitteilte, hat Bonvicini erklärt, dass sie von den laufenden Verhandlungen und Bestrebungen zur Realisierung zurücktrete und das Projekt beenden möchte.
Die Künstlerin sei sich, so heißt es in der Pressemitteilung, „nach eigenen Angaben bewusst, dass viele Bemühungen – gerade auch persönlich vom Betriebsleiter der TriWiCon, Thomas Sante, – unternommen wurden, um ein Vorankommen des Projektes zu ermöglichen.“ Die letzten Jahre der Planungsphase seien erschwert gewesen durch die öffentliche Diskussion des Entwurfes, begründet Bonvicini ihre Entscheidung. Vor fast genau einem Jahr hatte Thomas Sante verkündet: „Das Kunstwerk kommt“. Nicht zuletzt dank einer Intervention des Kulturbeirats sah die Sache doch noch nach Happy End aus – bis heute.
Künstlerin ging viele Kompromisse ein
Die Künstlerin habe sich im Verlaufe des Prozesses auf viele Kompromisse eingelassen, die unter anderem die Neuverhandlung des Standortes der Skulptur oder deren Beschaffung betrafen. Die erst kürzlich vom Haftpflichtversicherer der Landeshauptstadt Wiesbaden mitgeteilten Versicherungsbedingungen für die Skulptur im Sinne der Spielplatz DIN definierten nicht nur die aktuellsten Einschränkungen des Projektes, sondern vielmehr auch den Punkt, an dem sie die Realisierung der eingereichten Ideen nicht mehr für durchführbar halte, führte die Künstlerin laut Pressemitteilung weiter aus.
„Wir waren auf einem guten Weg, bis vor kurzem die Versicherungsauflagen kamen“, erklärt Thomas Sante, Betriebsleiter der TriWiCon, „aber die Absage der Künstlerin kam dann doch etwas überraschend“. Es sei bedauerlich, dass nun alle Mühen umsonst zu sein scheinen, ergänzt Sante, „aber auf die Versicherungsbedingungen des Kunstwerks hatten wir keinen Einfluss“. In den kommenden Wochen werde die Suche nach einer alternativen Lösung erfolgen. Nach den Worten von Sante fange er nun zwar wieder von vorne an, aber in jeder Niederlage steckt auch der Lösungsansatz für etwas Neues.
Kulturpolitikerin Angor enttäuscht und irritiert: Kritik an Planungsprozess
„Am Ende „Nichts“? Damit kann sich doch eine weltoffene, immer so gerne „moderne“ Stadt nicht zufrieden geben“, zeigt sich die Dorothea Angor, stellvertretende Vorsitzende des Kulturbeirats und kulturpolitische Sprecherin der Rathaus-Grünen, enttäuscht – und irritiert: „Die Absage von Monica Bonvivini kam überraschend- aber mal ganz ehrlich: wenn einzuhaltende DIN Normen für Spielplätze als Grundlage eines öffentlich zugänglichen Kunstwerkes für einen gewährten Versicherungschutz gelten (müssen)- implementiert dies ja geradezu einen Konflikt.“. Angor weiter: „Überraschend ist hier also nur, dass die Rahmenbedingungen für eine Skulptur im öffentlichen Raum im Vorfeld des Planungsprozesses offenbar vollkommen vernachlässigt wurde.“
Wie gewonnen, so zerronnen – ohne informiert zu werden
Die unerfreulichen Kapitel der „Bonvicini und Wiesbaden“-Geschichte gingen so so: Ein siebenköpfiges Expertengremium befand im Mai 2017 über acht bei einem Wettbewerb eingereichte Kunstwerks-Entwürfe. Aus drei Favoriten wurde im August 2018 der Vorschlag der 1965 in Venedig geborenen, in Berlin lebenden und international renommierten Künstlerin Monica Bonvicini zum Siegerentwurf gekürt.
Dann wurde – unter Ausschluss und ohne jegliche Information der Öffentlichkeit wie schon der komplette Wettbewerb – die Entscheidung vom verantwortlichen städtischen Eigenbetrieb TriWiCon mit fragwürdigen Begründungen kassiert und die Künstlerin darüber noch nicht einmal informiert. 100000 Euro des insgesamt anberaumten Etats von 500000 Euro sollten für das bisherige Prozedere, das nun im und mit „nichts“ zu enden drohte, zu diesem Zeitpunkt bereits draufgegangen sein. Der damalige Museumsdirektor Alexander Klar, der der Jury angehört hatte, trug das Vorgehen in die Öffentlichkeit – und auch in den Kulturbeirat, dem er damals angehörte.
Kulturbeirat intervenierte
Das 25-köpfige Gremium lud im November 2018 den RMCC-Betriebsleiter Thomas Sante zu einer öffentlichen Sitzung ein, wo dieser jedoch – über die mittlerweile versandte Ein-Satz-Pressemitteilung mit der Aussage „Die Betriebskommission der TriWiCon hat den Wettbewerb `Kunst am Bau´ am RheinMain CongressCenter in seiner jüngsten Sitzung beendet“ hinaus – wenig sagen konnte oder wollte, da die Vorgänge vor seiner Zeit vonstatten gegangen seien. Der Kulturbeirat reagierte so irritiert wie entschlossen. Die Mitglieder rieten an, die TriWiCon aufzufordern, in direkte Gespräche mit der Künstlerin Monica Bonvicini zu gehen. Es gelte zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen es dennoch zu einer Realisierung des ausgewählten Kunstwerkes kommen kann. Ein knappes Jahr später konnte Kulturbeirats-Vorsitzende Ernst Szebedits nun heute aus dem Schreiben von RMCC-Boss Thomas Sante zitieren: „Das Kunstwerk wird aufgestellt“. In seinem Telefonat mit der Künstlerin habe es von ihrer Seite „uneingeschränkt positive Reaktionen“ gegeben. Es gehe nun nur noch um Details.
Vor einem der teuersten und prestigeträchtigsten Gebäude der Landeshauptstadt sollte als Kunst am Bau die Skulptur mit dem Titel „Mit einem Spiegel bis zum Himmel bauen“ entstehen. Eine Skulptur, „die aus Betontreppen und einem Spiegel besteht, beginnend bei einer organisierten geometrischen Grundlage bis hin zu deren Abhandlung. Sie steht für einen Ort der Reflektion und Kommunikation.“ So heißt es in der Projektbeschreibung. Ende gut, gar nichts gut: Gebaut wird nun gar nichts.
Wer sich trotzdem ein Stück Bonvicini ins Haus, oder gar auf die Haut, holen möchte – hier entlang.
Gott sei Dank !!!
Endlich mal eine gute Nachricht in dieser verkorksten Zeit !!!
Ein solches Kunstwerk vor dem neuen RMCC zu installieren wäre der größte Fauxpas und würde die Sicht auf die klare und schöne Frontansicht des RMCC’s total verschandeln. Hier gilt: Weniger ist Mehr !!!