Was bewegt die Kreativen in der Ukraine? Was bedeutet es, unter permanenter Bedrohung und Angst Kunst zu schaffen? Wen erreichen sie damit? Und was bedeutet ihnen die Solidarität von Künstlerinnen und Künstlern aus dem Ausland? Antworten darauf sucht und findet ein Wiesbadener Filmemacher. Seine eindringliche Doku „Kunstfront – Ukrainische Kulturschaffende im Ausnahmezustand“ läuft auf 3sat und im Caligari.
Der Autor der Dokumentation, Andrzej Klamt, reist von Wiesbaden aus, wo er seit 1994 die halbtotal Filmproduktion betreibt, zum orthodoxen Weihnachtsfest in die Ukraine und begegnet Künstlerinnen und Künstlern in Kiew, die das Land nicht verlassen haben. Ihnen ist es wichtig, gerade in diesen Kriegszeiten der Bevölkerung Kraft durch Kultur zu schenken. „Unsere Arbeit ist Symbol für die Existenz des Staates“, sagt einer von ihnen.
In Kiews Zentrum für zeitgenössische Kunst „Dach“ wird Theater gespielt, es finden Proben, Performances und Konzerte statt. Auch der Kinderchor „Schedrik“ übt weiter in Kiew, die Leiterin Marianna Sablina ist per Internet aus Ihrem Exil in Berlin zugeschaltet.
Auf der größten Bühne der Stadt, dem Iwan-Franko-Theater, wird aus aktuellem Anlass Bertolt Brechts „Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui“ inszeniert. Der britische Graffiti-Künstler Banksy ist undercover nach Kiew gereist und hat für die Menschen in der Ukraine Streetart Graffitis an Hauswänden und Mauern hinterlassen.
Weitermachen wollen, weitermachen müssen
Andrzej Klamt zeichnet in 37 Filmminuten ein eindringliches, vielschichtiges und emotionales, ein berührendes und bei aller Trauer, Wut und Verzweiflung auch immer wieder tröstliches und hoffnungsvolles Bild von den Menschen, die in Zeiten des Krieges weitermachen wollen und weitermachen müssen. „Wir sind alle am Durchdrehen“, sagt der Maler Oleskand Lapin, dem das – völlig veränderte und ununterbrochene – Malen hilft, eben nicht wirklich durchzudrehen. Seine aktuelle Werkreihe (Bild links) heißt: „Mein Kopf explodiert“. Und die Leiterin der Proben des Kinder- und Jugendchors in Kiew sagt: „Wir alle wissen, dass es vielleicht kein Morgen gibt. Deshalb müssen wir heute alles tun.“
„Kunstfront“ wird am Samstag, 18. Februar, um 19.20 in 3sat erstausgestrahlt und ist anschließend in der 3sat-Mediathek zu sehen. Zwei Wochen später – am Donnerstag, 2. März, gibt es um 20 Uhr eine Sondervorführung im Caligari Kino mit Diskussion – und als Doppelvorführung mit dem Film „Zurück in die Ukraine – Die Heimkehr des Fotografen Juri Kosin“ ebenfalls von Andrzej Klamt.
(dif/Szenenfotos Halbtotal)