Mit wohltuender Substanz lieferte der neue Kulturdezernent Axel Imholz seine Statements bei der goEast-Pressekonferenz wenige Tage vor Beginn des Festivals des mittel- und osteuropäischen Films ab. „goEast öffnet den Blick für eine Wirklichkeit, die man ansonsten niemals kennenlernen dürfte“ – so brachte er auf den Punkt, was dieses Festival so besonders macht. „Natürlich sind es nur Facetten der Wirklichkeit“, ergänzte er, „aber viele Facetten ergeben gemeinsam ein Bild“. Genau 111 Facetten werden es diesmal sein, so viele Kurz- und Langfilme laufen zwischen dem 26. April und 2. Mai im offiziellen Programm auf insgesamt acht Leinwänden (in Wiesbaden im Caligari, Apollo, Murnau und im Festivalzentrum in der Casino-Gesellschaft, aber auch in Kinos in Mainz, Frankfurt, Darmstadt und erstmals Gießen).
Die Wirklichkeit, die das von sensor als Medienpartner präsentierte goEast nach Wiesbaden bringt, kommt in politisch hochbrisanten und unvorhersehbaren Zeiten aus insgesamt 29 Ländern, kleinen und großen, (scheinbar) bekannten und unbekannten. Der Weg zur Wirklichkeit führt natürlich zuallererst über die Filme selbst, die im Wettbewerb und unterschiedlichen Reihen gezeigt werden, die Legenden und „Gurus“ huldigen, aber auch dem Nachwuchs ein Forum bieten. Genauso aber führt er über Gespräche und Begegnungen, sei es in Diskussionen und Workshops, beim Symposium oder an der Bar und auf den Tanzflächen bei den legendären goEast-Partys. Wohl keines der zahlreichen Filmfestivals in Wiesbaden ist so ernsthaft und ausschweifend zugleich.
Nach der heutigen Eröffnungsfeier im Caligari läuft um 21.30 Uhr der Eröffnungsfilm „Meine Glückliche Familie“. Der neueste Film des deutsch-georgischen Regieduos Nana & Simon erzählt eine fast alltägliche Geschichte, die irgendwie doch unerhört ist. Wunderbar modern und treffsicher wird in schönsten Farben und Lichthelle das Familienideal dekonstruiert. Stark gespielt von der Leinwand-Neuentdeckung Ia Shugliashvili entsteht das vielstimmige Porträt einer unabhängigen Frau. Wer es heute nicht schafft, hat am Donnerstag, 27. April, um 17.30 Uhr im Apollo erneut Gelegenheit, „Meine Glückliche Familie“ anzuschauen.
Starke Frauen und Kämpfernaturen im Fokus
Inhaltlich stehen laut Festivalleiterin Gaby Babic diesmal unbeirrbare Frauen und Kämpfernaturen im Fokus. Überglücklich ist sie, dass nach jahrelangen Anläufen endlich die große Dame des ungarischen Films, die 85-jährige Márta Mészáros, zum Festival kommen wird. Auch die 98-jährige Produzentenlegende Artur „Atze“ Brauner plant diese Reise nach Wiesbaden, ebenso wie der Schauspieler Ulrich Matthes (30. APril, 20.30 Uhr, „Im Exil“ im Caligari), die Berlinale-Silberner-Bär-Gewinnerin Agnieszka Holland (Foto), der die Sonntag-Matinée im Caligari gewidmet ist, und die serbische Filmikone Mirjana Karanović,
Eine qualitative Besonderheit: die Mehrzahl der Filme des Symposiums Feministisch wider Willen: Filmemacherinnen aus Mittel- und Osteuropa und alle Filme der Hommage an die ungarische Regisseurin Márta Mészáros werden im selten gewordenen 35mm-Format gezeigt: insgesamt 21 Lang- und 13 Kurzfilme. goEast ist in der glücklichen Lage, in wiesbaden gleich zwei Kinos zu seinen Festivalspielstätten zählen zu können, die für eine analoge Projektion – auch von wertvollen Archivkopien – ausgestattet sind: die Caligari FilmBühne und das Murnau-Filmtheater.
sensor präsentiert als Medienpartner das goEast-Festival des mittel- und osteuropäischen Films vom 26. April bis 2. Mai in Wiesbaden: www.filmfestival-goeast.de
(Dirk Fellinghauer / Fotos goEast/Jacek Poremba)