Von Sylvia Winnewisser. Foto kuenstlerhaus43.
Von den sieben Zwergen sind nur noch drei geblieben, die vier übrigen sind nach Amerika gegangen. Und Shakespeare wird von einer jungen Frau verkörpert. Wenn der Sonnenberger Burggraben zum Schauplatz für frisches junges Theater der besonderen – und gerne überraschenden – Art wird, wissen Kenner: Die 11. Wiesbadener Sommerfestspiele sind angesagt. Heute ist Premiere.
Veranstaltet vom kuenstlerhaus 43 – Theater im Palast, darf das Publikum sich auf vergnügliche Schauspielkunst, Musik und Tanz made in Wiesbaden freuen. Mit den Stücken „7 Zwerge rocken den Wald“ und „As you like ist“ gehen Intendant Wolfgang Vielsack und seine Truppe an den Start. Fortgesetzt wird die Zusammenarbeit mit den Nachwuchs-Darsteller:innen der „Musical Arts Academy Mainz“ , die 2022 mit „Hamlet“ schon Erfolge feierte. Eingebettet in die beiden Stücke ist am 26. Juli um 19:30 Uhr der Dichterwettstreit auf der Burg mit The Best of Poetry im Theater im Palast 2022/23.
Neue Deutsche Märchenwelle
Nach dem Erfolg der „Bremer Stadtmusikanten“ im letzten Jahr kommt diesmal Grimms Märchen „Schneewittchen und ihre sieben Zwerge“ auf die Bühne, in einer Neubearbeitung von Ute Kindermann. Die sieht vor, dass – siehe oben – nur drei der Handwerkerzwerge bleiben. Diese (gespielt von Patrick Twinem, Alina Stemmerich und Sol Spies Bermúdez) stellen schnell fest, dass sie ohne Schneewittchen (Dorothee Weingarten), die zwar aussieht wie Barbies große Schwester, aber ordentlich anpacken kann, ziemlich verloren wären. Auch die böse Königin, der Jäger und ein Prinz sind natürlich am Geschehen beteiligt. Wolfgang Vielsack hat das Stück, bei dem vor allem viel gesungen und getanzt wird, inszeniert. „Die Texte stehen fest, die Musik wird im Stil der Neuen Deutschen Welle improvisiert.“ Aber auch Rock, Pop und Klassik haben „Auftritte“.
Flucht aus der Gesellschaft
Ulrich Cyran hat die Textfassung zu „As you like it“ geschrieben und führt auch Regie bei dem Musik-Theaterstück. Er habe Shakespeares „Wie es Euch gefällt“ umgeschrieben, betont er, doch seien viele Handlungsstränge und Personen erhalten geblieben.
Bei Cyran ist Gott ein alter Mann (gespielt von Patrick Twinem) und Komiker („Gottschalk“), der Probleme mit seiner Show hat. Kurzerhand holt er sich William Shakespeare (eine junge Frau: Elisa Rehlinger) als Berater an seine Seite. Und dieser inszeniert nach seiner Art eine Handlung um Täuschung, Verwirrung, Flucht und natürlich Liebe.
Cyran will sein Stück in die Moderne versetzt sehen. Die Flucht in den Wald sei für ihn die Flucht aus der Gesellschaft, „soweit dies überhaupt vollständig möglich ist“, die Menschen sieht er vergleichbar mit der 68er-Generation. „Gott steht als Synonym für unser aller Idealzustand, Shakespeare verkörpert die Mittel, die man einsetzen kann, um den Idealzustand zu erreichen“, erklärt Cyran die Intention. Für die Körperarbeit ist Choreografin Isabella Arndt zuständig. Auf der Bühne stehen auch junge Mitglieder der Musical Arts Academy, die damit teilweise ihre Abschlussarbeit vorlegen, neben Patrick Twinem sowie Wolfgang Vielsack. Die Musik kommt von Thomas Elben.
Chaos trifft Diziplin
Die „jungen Wilden“, wie Vielsack die etwa 20-jährigen Musicaldarstellerinnen nennt, geben sich im Team mit den „alten Hasen“ gekonnt professionell. Er sei oft erstaunt, wie hier Chaos und Disziplin zusammenarbeiten, schmunzelt Vielsack. Die jungen Frauen sehen das durchweg positiv. „Jeder ist ein anderer Mensch. Ich kann viel lernen von den anderen“, beschreibt Ainikki Arndt, die die Rosalinde spielt, die Zusammenarbeit. Sie finde es toll, dass sie sich ähnlich fühlen könne wie jemand, der Erfahrung hat, meint Sol Spies Bermúdez. Und der alte Hase Patti ergänzt: „Jeder bringt seine Individualität mit. Ich finde das sehr spannend, die Entwicklungen zu sehen.“ Fazit des Intendanten: „Ich glaube, das wird eine gute Unterhaltung für die Leute.“
Stolz ist Wolfgang Vielsack übrigens auch darauf, dass es in diesem Jahr ein 24 Meter langes Bühnendach geben wird, das zumindest einem Teil der Zuschauer Sonnen- und Regenschutz bietet.
sensor präsentiert: Sommerfestspiele Wiesbaden, 16. Juli bis 5. August, Burggarten Sonnenberg. Premiere „7 Zwerge“: 16. Juli um 15:30 Uhr, weitere Termine: 17.-20. Juli um 9:30 Uhr; 23., 29., 30. Juli sowie 05., 06., Aug. jeweils 15:30 Uhr. Premiere „As you like it“: 22. Juli, weitere Termine: 27.-29. Juli, 03.-05. Aug. jeweils 20 Uhr. www.sommerfestspiele-wiesbaden.de