Direkt zum Inhalt wechseln
|

Alles darf raus! Coaching im Selbstversuch

SENSOR_COACHING-WEB

Von Rebekka Farnbacher. Fotos Simon Hegenberg

Nimmt man das schier unüberschaubare Coaching-Angebot als Gradmesser, haben auch viele Wiesbadener das Bedürfnis, ihre berufliche und persönliche Zufriedenheit zu… tja, was denn eigentlich? – diskutieren, trainieren, optimieren? sensor wagte den doppelten Selbstversuch. Und war verblüfft.

Eigentlich bin ich ganz zufrieden mit mir. Probleme kann ich mit Freunden besprechen, Veränderungswünsche ganz gut in Eigenregie verfolgen. Bislang hatte ich mir noch nicht die Frage gestellt, welche Beratungs- oder Schulungsmethode meinen Werdegang unterstützen könnte. Auf dem Weg zu meinem ersten Coaching-Seminar hatte ich keine präzise Vorstellung, was mich erwartete. Ich überlegte, was ich antworten könnte, wenn man mich nach meinen Stärken und Schwächen fragt. Wie beim Vorstellungsgespräch. Nur, dass ich ehrlich sein darf.

Das Seminar von Nina Fischer und Katja Aujesky heißt „Freigestimmt“ und verspricht eine Kombination aus Selbst-, Stimm- und Sprecherfahrung, die zeigen soll, welche Wirkung der eigene Ausdruck haben kann. Worte und Gesang haben dann eine besondere Stärke, so die Grundidee, wenn wir uns im Klaren über das sind, was uns bewegt und das mit Sicherheit und Vertrauen ausdrücken können. Ich bin kein großer Redner. Ich rede gerne, aber wenn es ernst wird, schreibe ich lieber. Und beim Singen geht es mir um die Freude daran, nicht um Professionalität. Auch auf der Fahrt zum Seminar habe ich das Geknatter meines Motorrollers mit Wonne übertönt. Die Seminarteilnehmerinnen lachen. Ich frage mich kurz, wieso. Dann verstehe ich, dass hier eine sehr herzliche Atmosphäre herrscht.

Ein Lied von Björk in die Stille hinein

Nina Fischer hat eine beeindruckende Kompetenz als Mediatorin, ohne dabei dozierend zu wirken. Obwohl einige der Beiträge sehr persönlich waren und auch bei mir an Substanzen rührten, von denen ich nichts ahnte, bestand von vornherein eine „Alles darf raus“-Sicherheit. Das hat auch dazu geführt, dass die Übungen erst im Prozess ihre Wirkung entfalten konnten. Es ging um das Machen, nicht um das Angst haben. So auch beim Singen. Ein Lied von Björk, in einen stillen Raum hinein, mit Zuhörern, die ich kaum kenne? No way! Doch quasi parallel zu den Überlegungen, wie ich mich da herauswinden könnte, nahm mich Vocalcoach Katja Aujesky mit ihren stärkenden Worten bei der Hand und ich sang – ein Lied von Björk, in einen stillen Raum hinein, mit Zuhörern, die mich mit einem Melodienchor unterstützten. Ein tolles Erlebnis!

Eine knappe Woche später fuhr ich zu Veronika Etz zu einem Einzelcoaching. In meinem Kopf wütete ein persönliches Problem und ich hoffte, das würde nicht zur Sprache kommen. In ihrem Atelier erfuhr ich vom Coachingprozess, der dem Klienten ein Bewusstsein über seine Ausgangssituation und seinen Weg hin zu seinen Zielen eröffnen soll. Bestimmte Ressourcen, wie Talente, Erfahrungen, Glaubenssätze, aber auch die familiäre Situation prägen uns und bedingen die Art, mit Hindernissen umzugehen.

Im Sog der Vision

Eine Vision habe einen enormen Sog für das Erreichen unserer Ziele, aber sie müsse in unserem Leben nicht unbedingt realisiert werden. Jeder einzelne Schritt dahin sei sinnvoll, erklärte mir Veronika Etz. Ich erklärte ihr mein Problem, was ich  doch ursprünglich so gerne vermeiden wollte.

Insbesondere Aufstellungsarbeit kann nach Veronika Etz´ Überzeugung helfen, das Selbstverständnis für einen „Freiraum für Veränderung“ exemplarisch bewusst zu machen. In der physischen Gegenüberstellung werden Dynamiken nicht nur sichtbar, sondern auch erlebbar. Wie kann eine Vorstellung etwas für mich erlebbar werden lassen, frage ich mich. „Ich möchte etwas ausprobieren“, sagt mein Kurzzeitcoach. Mit geschlossenen Augen gelingt es mir nicht nur, bestimmte Gefühle in meinem Körper zu lokalisieren und zu beschreiben, sondern sie sogar in ihrer Wirkung zu beeinflussen. Als ich die Augen öffne, werde ich gefragt, wie es mir geht. „Total gut“, sage ich verblüfft und muss lachen. Nur indem wir gehen, können wir sehen, dass es geht. So einfach ist das und so schön, das zu begreifen.

Infos und Termine unter:  http://www.ninafischer.net und http://www.veronika-etz.de