Direkt zum Inhalt wechseln
|

Auf geht´s zu Folklore 012! Festival im Kulturpark startet und ist in seiner 36. Auflage politischer denn je

Endlich: In wenigen Minuten öffnen sich die Tore zu Folklore 012 – dem von sensor präsentierten dreitägigen Festival im Kulturpark rund um den Schlachthof, dem unbestrittenen kulturellen Aushängeschild für unsere Stadt. Wie immer werden auf den Bühnen – in diesem Jahr trotz zweier Hallen auf dem Areal ausschließlich unter freiem Himmel platziert – angesagte und entdeckenswerte Gruppen auftreten, wie die Headliner Kraftklub, Jupiter Jones, Casper und Walk Off The Earth und Local Heroes und Neuentdeckungen wie Canyoucancan, Kenneth Minor, Black Ribbon und Okta Logue. Neben der ganzen fröhlichen Feierei wird Folklore 012 vielleicht auch das politischste Festival seit langem werden. Bevor wir uns auf den Weg machen, schauen mal genauer, was vom 24. bis 26. August abseits des „großen“ Bühnengeschehens zu erwarten ist.

Eine eigentlich völlig überflüssige „Folklore-Diskussion“ ist schon losgebrochen, bevor das Festival überhaupt startete.  Ein gewisser Andreas Knüttel, seines Zeichens CDU-Politiker und Ortsvorsteher in Wiesbaden-Südost – dem Stadtbezirk, in dem Folklore stattfindet -, witterte mal wieder seine „3 days of fame“ und wetterte in vorauseilender Hellhörigkeit mit großer Drohgebärde gegen die ach so schlimmen Klänge, die vom Festivalgelände in seinen beschaulichen Stadtteil hinein schallen könnten, und das sogar noch zu so nachtschlafender Stunde wie 20 Uhr. Logisch, dass der Protest gegen derlei Albernheiten nicht lange auf sich warten ließ. Die Knüttel-Belastung stört unsere Stadt in diesen Tagen jedenfalls eindeutig mehr als dieses einzigartige Festival , das nun schon zum 36. (!) Mal rund 20.000 Besucher friedlich, fröhlich und entspannt zusammenbringen wird. Und dazu gehört aber sowas von selbstverständlich auch der Sound der fantastischen Bands, die in mühevoller Arbeit von den Veranstaltern nach Wiesbaden „gebucht“ wurden. Wer sich trotzdem für den Unsinn interessiert, den der Herr Knüttel so von sich gibt, und für die Reaktionen darauf, findet die Berichte unserer Kollegen vom Wiesbadener Kurier hier und hier.

Protest ganz anderer Art ist am Samstag auf dem Festival geplant – angezettelt von den Veranstaltern selbst. „Nicht unerwähnt muss bleiben, dass uns die Festnahme von PUSSY RIOT immer noch mächtig ankotzt, so dass wir zu einem FREE PUSSY RIOT Flash Mob am Samstag vor der Hauptbühne aufrufen“, schreiben die Veranstalter und haben folgende Idee: „Vor dem Auftritt von BONAPARTE – Samstag, 18.45 Uhr –  bitte mit bunten Mütze in PUSSY RIOT Style oder schlicht T-Shirt über dem Kopf vor die Bühne gehen – und dann soll die Presse bitte schön ein paar starke Fotos machen. So können wir einen Beitrag zum weltweiten Protest leisten!“ Ob die Prawda sich zum Festival akkreditiert hat, war im Vorfeld nicht mehr in Erfahrung zu bringen.

An schlimmste vergangene – und doch bis heute nachwirkende – Zeiten erinnert eine Fotoausstellung, die ebenfalls am Folklore-Samstag um 18 Uhr eröffnet wird. In drei großen Deportationen sind von der Viehverladerampe des Schlachthofes, an dem das Festival Folklore 012 stattfindet, Juden und Sinti deportiert worden. Die letzte große Deportation war vor genau 70 Jahren, am 1. September 1942. Von diesem Abtransport vornehmlich älterer Wiesbadener Jüdinnen und Juden haben nur drei Menschen überlebt. Das Denkmal mit der historischen Mauer der Fauthschen Ölmühle erinnert seit Mai 2010 an diese Deportationen und ihre Opfer. „70 Jahre danach stellen wir uns die Frage nach der Bedeutung des Erinnerns an diesem Ort. Dabei befassen wir uns mit der Be- und Verarbeitung der Geschichte und der Entwicklung der Demokratie in diesen 70 Jahren“, schreiben die Initiatoren von für Spiegelbild, der Jugendinitiative des Aktiven Museums, in der Einladung zur Eröffnung der Ausstellung, die Fragen fragt:  „Was ist wichtig, 70 Jahre danach?“ „Es geht uns nicht um eine chronologische Auflistung, was „offiziell“ in Wiesbaden zur demokratischen Entwicklung beigetragen hat“, erläutert Hendrik Hartemann: „Wir haben Knackpunkte, Spannendes, Bewegendes und auch Vergessenes, welches wir auf Fotografien gefunden haben, ausgewählt. Wir möchten auffordern, verschiedene Perspektiven zu sehen.“

Graffiti-Aktion mit weltbesten Sprayern

Seit jeher gehören Stände unterschiedlichster politischer Gruppen und Initiativen zum Folklore-Bild, hier darf also ebenfalls fleißig diskutiert werdne. Immer zum Politikum geeignet ist das Thema Graffiti. Bei diesem Folklore kehrt das legendäre International Wall Street Meeting an den Ort des Entstehens zurück. Beste Sprayer aus aller Welt werden die Rückwand der noch im Bau befindlichen neuen Schlachthof-Halle live verzieren. Und auch im offiziellen Musikprogramm geht es politisch zu, zum Beispiel gleich heute am Auftaktabend beim Auftritt von Egotronic. „Egotronic hören seit nunmehr zehn  Jahren auf Rave und Antifa, Politik und Pillen, leere Taschen und volle Säle… und umgekehrt“, steht im Programm zu lesen: „Es dürfte mithin klar sein, was bei dieser Show passiert. Elektro-Wahnsinn, Agit-Prop-Rave, Leuchtstäbe und geballte Fäuste feiern fröhlich Urstände.“

 sensor vor Ort

sensor wird natürlich bei Folklore 012 vor Ort sein und das Festival in all seinen unpolitischen wie politischen Facetten genießen. Wir werden auch die gestern gedruckte September-Ausgabe des frischen und erfrischenden Stadtmagazins für Euch dabei haben und verteilen – unter anderem am loungigen Chillout-Stand unserer Freunde von stadtleben.de Auch die Kamera haben wir dabei und werden aktuelle Fotogalerien vom Festival auf www.facebook.com/sensor.wi veröffentlichen Zum Vor-, Mit- und Nachfreuen empfehlen wir Euch auch den Folklore-Blog von Falk Sinß http://folklore2012.tumblr.com/ , der Euch auch als sensor-Kolumnist (Falk Fatal) und –Autor vertraut sein dürfte.

So, jetzt aber los. Auf ein gelungenes Folklore 012!

Wir sehen uns heute, morgen und übermorgen.

www.folklore-wiesbaden.de

Folklore Programm und Zeitplan

(Dirk Fellinghauer – Foto: „Bonaparte San Francisco Crowd“ (c) Melissa