Eine sprunghafte Angelegenheit war der 44. Ball des Sports, der am Samstagabend wieder reichlich Glamour nach Wiesbaden brachte. 1800 Gäste erlebten ein spektakuläres Showprogramm und feierten bis in die Morgenstunden für ihr eigenes Vergnügen und für den guten Zweck der Sportförderung. „Sprung nach Sotschi“ war das vielfältig umgesetzte Motto des diesjährigen Balls, der zum letzten Mal in den „alten“ Rhein-Main-Hallen stattfand, aber – das war die Überraschungsnachricht des Abends – auch nach dem Abriss des bisherigen Schauplatzes in Wiesbaden bleiben wird.
Der Sprung in die Zukunft ist perfekt: OB Sven Gerich verkündete im vollbesetzten Ballsaal, dass ein Vertrag für weitere 10 Jahre Ball des Sports in Wiesbaden geschlossen wurde. Erst am Abend vor dem Ball wurde alles eingetütet: Die Rhein-Main-Hallen-lose Zeit wird in den nächsten Jahren im Kurhaus überbrückt. Der Baukonzern Bilfinger & Berger, dessen Boss, Ministerpräsident a.D. Roland Koch, zu den Stammgästen des Balls gehört und der auch am Samstag dabei war, wird als Ergänzung auf dem Bowling Green eine eigens entwickelte Zeltkonstruktion beisteuern.
So bleibt Wiesbaden ein Ereignis erhalten, das natürlich zuallererst den eigentlichen Gästen größtes Vergnügen bereitet, das aber auch der Stadt, die sich das Ganze (bisher) 400.000 Euro kosten lässt, einiges bringt mit Blick auf Außenwirkung, Hotels, Gastronomie und Geschäftswelt. So zumindest argumentieren die Befürworter der aus dem Öffentlichkeitsetat der Stadt bestrittenen Investitionen, allen voran der Rathauschef, der seinen Deal nun freilich noch dem Stadtparlament erklären werden muss.
Europas größte Benefizveranstaltung
Vor allem aber bringt „Europas größtes Benefizveranstaltung“ der Stiftung Deutsche Sporthilfe etwas, nämlich große Aufmerksamkeit und Hunderttausende von Euro. 750000 Euro Reinerlös zur Förderung des Leistungssports bescherte der kunterbunte Abend, den Sporthilfe-Chef Michael Ilgner als den wichtigsten Tag des Jahres für die Sporthilfe bezeichnet. Allein 1000 Euro zahlen die Gäste für die Eintrittskarte. Dazu muss man wissen, dass der stets restlos ausverkaufte Ball des Sports auch eine Versammlung von Reichen und Superreichen ist, dass nicht wenige der Besucher Millionäre oder gar Milliardäre sind, die ganz locker mal einen Tausender locker machen und wahrscheinlich noch einiges mehr. Die natürlich auch noch genügend Kleingeld parat haben, um sich gleich bündelweise Lose der Tombola zu kaufen zum Stückpreis von 25 Euro mit der Aussicht auf ein paar wenige Autos als Hauptgewinne und auf Unmengen weiterer in einer eigenen Halle drapierten Preise, die sie garantiert nicht brauchen. Nach der Mitternachtsshow – in diesem Jahr von Pur bestritten – wird traditionell die Gewinnfarbe ermittelt, in diesem Jahr „Weiß“.
Die hatte auch der OB in seinem von Ehemann Helge im coolen Outfit gehüteten Glücksportfolio, weil er von jeder Farbe drei Lose erstanden hatte. Der Rathauschef gewann keines der Autos. Das fand er nicht weiter schlimm, da der neue Dienstwagen bereits bestellt sei, wie er uns verriet. Der werde „eine Nummer kleiner“ als der vom Vorgänger-OB Helmut Müller übernommene BMW 5er GT, nämlich ein Audi A6.
Ein Hauptgewinn war der Besuch auch dieses Ball des Sports wieder für alle, die beste Unterhaltung und vielfältiges Kurzweil, feinstes Essen und Getränke, illustre Gesellschaft und beste Kontakte suchten. Ablauf und Rituale der Großveranstaltung sind immer gleich und doch jedes Jahr wieder anders. Los geht´s mit dem Aufgalopp der Prominenz am roten Teppich und beim Sektempfang im Foyer – Veronika Ferres und Franzi van Almsick waren wieder da, dazu Politiker, ein Großaufgebot aktueller und früherer Spitzensportler und ein Stelldichein der Wirtschaftsbosse – ach, aber wo war eigentlich Roberto Blanco? Der Auftakt des Abends ist die Hauptarbeitszeit der Fotografen und Reporter auf der Suche nach dem aufregendsten Kleid, dem interessantesten Paar und mehr oder weniger gehaltvollen Statements. Während die Journalisten ihre Beute im Medienzentrum verarbeiten, begeben sich die Gäste für rund drei Stunden an ihre festlich gedeckten Tische im Saal mit sorgfältig ausgeklügelter Sitzordnung, wo ihnen ein Drei-Gang-Menü serviert wird, garniert mit allerhand Showeinlagen. In diesem Jahr drehte sich getreu des Ballmottos alles um Sprünge. Hochspringer, Weitspringer, Stabhochspringer, Skispringer Slackline, Trampolin und vieles Sprunghaftes mehr gehörte zum von Johannes B. Kerner gagenfrei moderierten Programm.
Trainingshose trifft Abendkleid
Das hat dann schon immer was, wenn gut gebaute Athleten in ihren Sportleroutfits inmitten der feinen Roben oft nur hautnah vorbei an Geschirr, Besteck und Gläsern zeigen, was sie können. Staunen und stockender Atem gehören dazu, wenn Athleten zu Akrobaten werden und unter sehr erschwerten Bedingungen ihre Höchstleistungen darbieten.
Erst Stunden nach der Öffnung der Hallen wird der Ball tatsächlich und offiziell eröffnet, nämlich mit dem Eröffnungstanz nach dem Dessert. Da begeben sich dann unter Blitzlichtgewitter eine Handvoll prominenter Pärchen aus Politik und Spitzensport aufs Parkett, bevor das Tanzgeschehen für alle freigegeben wird.
Eine Art Hafa für die High Society
Parallel öffnen sich auch die übrigen Schauplätze in den wie verwandelten Hallen und machen den Ball des Sports zu einer wundersamen Mischung aus Schlaraffenland, Vergnügungspark und Partymeile. Zentrum des kulinarischen Geschehens ist Johann Lafers Genießerlounge, wo Austern und Trüffel und weitere Köstlichkeiten weggehen wie warme Semmeln, dazu fließt Champagner in Strömen. An anderen Ecken der Halle wird Kaviar gereicht, aber auch deftige Würschtel und natürlich Süßes aller Art ist im Angebot. So viel zu den Sünden, aber auch für körperliche Ertüchtigung ist gesorgt. An „Aktivstationen“ können sich die Ballgäste an unterschiedlichsten Sportlichkeiten probieren, vom Basket- und Handball über Tischkicker, Schießen, Baseball, Rollstuhlsport und Tanz bis zum Eishockey reicht die Palette, die oft ein große Diskrepanz zwischen Outfit und Aktivität offenbart. Unerschöpflich auch das Angebot an Hochprozentigem. Wer auf dicke Hose machen will, und das sind natürlich einige, geht zum Beispiel in die Bilfinger und Berger Cigar Lounge und raucht mehr oder weniger gekonnt Cohiba zum Cocktail oder lümmelt sich in der Playboy Lounge unter leicht bekleideten Mädels (die auf Fotos an den Wänden hängen). Jede Menge Sponsoren sind mit jeder Menge Ständen vertreten, was streckenweise das Flair einer Hafa für die High Society schafft.
Nonchalanter Debütant
Bemerkenswert am Ball des Sports ist die lockere und ausgelassene Stimmung, die auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière begeistert: „Es ist ein feiner Ball, aber nicht so hochgestochen“, befand er: „Man begegnet sich auf Augenhöhe.“ Souverän und nonchalant bewegte sich auch Ball-Debütant Sven Gerich durch den langen kurzweiligen Abend. Dauerstrahlend absolvierte er den Rundgang mit den Spitzenpolitikern und lauschte beim gemeinsamen Schampus durchaus gerne Ministerpräsident Volker Bouffier – erzählt dieser doch dem Bundesinnenminister voller Anerkennung vom Überraschungs-Wahlsieg des Wiesbadener Oberbürgermeisters, der zur Mitternachtsshow dann wieder ein Bierchen bevorzugte.
Auf dem Weg zum Ball ließ es sich Gerich nicht nehmen, gemeinsam mit seinem Mann der Demo des Vereins „Warmes Wiesbaden“ einen Besuch abzustatten, der gegenüber der Halle im Regen gegen die homosexuellenfeindliche Politik in Putins Russland protestierte. Sogar Sporthilfe-Chef Michael Ilgner ging zu den Demonstranten und betonte vor laufender Hessenschau-Kamera seine Sympathien für ihre Anliegen und seine Kritik an der Vergabepolitik des IOC.
Hier geht es zum sensor-Fotoalbum vom Ball des Sports 2014.
– Text und Fotos: Dirk Fellinghauer –