Von Dirk Fellinghauer. Foto Rainer Eidemüller
Georg Schmidt-von Rhein, der Vorstandsvorsitzende der Casino-Gesellschaft, empfängt zum Gespräch in der eleganten Casino Lounge. Der Raum, in dem man sich wie einem klassischen englischen Clubzimmer fühlt, ist nur die erste von vielen Überraschungen in einem Gebäude, das mitten in Wiesbaden – in der Friedrichstraße – steht und doch den meisten Bewohnern der Stadt unbekannt sein dürfte. Am ehesten noch kennt die Öffentlichkeit den prächtigen Herzog-Friedrich-August-Saal, in dem auch Konzerte (eigene oder zum Beispiel der Mozart-Gesellschaft), Ausstellungen, Vorträge und Empfänge stattfinden. Dass es in dem 1874 im Stil des strengen Historismus errichteten Gebäude aber zum Beispiel auch einen Weinkeller und eine Kegelbahn gibt – und dass diese von den Clubmitgliedern rege genutzt werden – wissen nur Eingeweihte.
Die vielen Räume sind Orte eines regen Clublebens, das der noch recht neue Slogan „Das Forum für Kultur, Geschichte und Geselligkeit“ treffend zusammenfasst – und doch nur einen Hauch davon vermittelt, was in der ältesten bürgerlichen Vereinigung Wiesbaden so alles los ist. Das erfährt, wer dem knapp 80-jährigen Herrn Vorstandsvorsitzenden lauscht, wenn er mit Verve, strahlend und mit funkelnden Augen von Geschichte, Gegenwart und Zukunft des Clubs erzählt. „Mit der Kultur einer Gesellschaft steht und fällt das Leben des Einzelnen sowie die gesamte Struktur eines Staates“, zitiert der pensionierte Landgerichtspräsident den seit 200 Jahren gültigen Leitgedanken des Vereins, der seine Gründung dem Impuls der Aufklärung verdankt. Bis heute meldet sich die Casino-Gesellschaft, besonders vernehmbar und energisch in Person ihres Vorsitzenden, auch stadtpolitisch zu Wort, etwa bei Themen wie Weltkulturerbe-Bewerbung oder Stadtmuseum.
Wer sich Bildergalerien von festlichen Veranstaltungen der Casino-Gesellschaft, etwa dem alljährlichen Herbst-Ball, anschaut, fühlt sich schon ein wenig in längst vergangene Zeiten versetzt. Wer die Casino-Gesellschaft deswegen für eine verstaubte Angelegenheit hält, wird eines Besseren belehrt. Dem Vorsitzenden, der von sich selbst sagt „Ich engagiere mich, um jung zu bleiben“, ist im Gegenteil sehr daran gelegen, den einst sehr geschlossenen Zirkel – erst seit 1994 dürfen auch Frauen zu Mitgliedern gewählt werden – zu öffnen. Für neue und auch besonders für junge Mitglieder – auf dass diese frischen Wind und neue Ideen bringen in ein reges Vereinsleben.
„In der heute immer anonymer werdenden Zeit suchen junge Menschen wieder nach gepflegter Kommunikation im persönlichen Umgang miteinander“, schreibt Christine Rother, bekannte Wiesbadener Galeristin und im Vorstand der Casino-Gesellschaft für Öffentlichkeitsarbeit zuständig, in der exakt 200 Seiten starken spannenden Festschrift zum 200-jährigen Bestehen. Kein Wunder also, dass sich bei einer stetig wachsenden Mitgliederzahl auch immer mehr junge Menschen für das Angebot begeistern. „Wenn man nach den Wünschen der jungen Mitglieder fragt, hört man immer wieder, dass das Interesse an Diskussionsrunden zu aktuellen politischen Themen, zu Kultur, Literatur oder Geschichte von großem Interesse ist“, berichtet sie.
Der Nachwuchs, und damit der Fortbestand der traditionsreichen Gesellschaft mit Zukunftsvisionen, scheint also gesichert. Auch für die Unterhaltung der aufwändig renovierten Räume ist gesorgt. Firmen und Institutionen, aber auch Privatpersonen, die die einzigartigen Räume für verschiedenste Zwecke mieten, finanzieren die Gesellschaft mit.
Diverse Jubiläums-Termine geben Gelegenheit, die Casino-Gesellschaft zu entdecken – allen voran der Tag der offenen Tür am 2. April, aber auch das Jubiläums-Kammerkonzert mit der Pianistin Fumiko Shiraga (5. April) und das Jazz-Konzert mit der Big Band der Leibnizschule am 24. Juni (19 Uhr). www.casino-gesellschaft.de