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Die erfreulich erfolglose Suche nach dem Sound der Stadt – Editorial September-sensor

Editorial_MusicCityWiesbaden

Kennen Sie den Sound der Stadt, liebe sensor-Leser? 

Bevor Sie jetzt verkrampft losgrübeln, kann ich Ihnen direkt sagen: Es gibt ihn nicht. Ich meine den Sound der Band- und Livemusikszene in Wiesbaden. Es gab ihn mal in sehr guten noch gar nicht mal so alten Zeiten, und da hieß dieser Sound Indie.

Es gab unfassbar gute Bands wie Readymade, Rekord, Solarscape oder Scut, später noch ein wunderbares Projekt namens Tobacco, bestehend aus dem Sänger von Readymade, Zac Johnson, und dem Sänger von Rekord, Daniel Riedl. Es gab Wiesbadener Labels namens Rewika Rekords und Apricot Records, und der Sound von Wiesbaden hatte einen guten Klang auf der Musiklandkarte in ganz Deutschland und darüber hinaus.  

Die genannten Bands, Labels, Akteure sind weitgehend Geschichte, von diesem feinen Sound Wiesbadens ist nur noch das Schwelgen in Erinnerungen geblieben, ein kleiner Haufen zerknitterter Band-T-Shirts – und natürlich die Möglichkeit, die Platten von einst, die heute noch so gut wie damals sind, zu hören.

 Den Sound Wiesbadens gibt es nicht mehr, aber – und das ist absolut aufregend, spannend, bemerkenswert und hörenswert – es gibt die Sounds Wiesbadens. Die Bands, die dieser Tage den Ton angeben und Duftmarken in der Musikszene der Stadt und auch auf der musikalischen Landkarte in ganz Deutschland und darüber hinaus setzen, könnten unterschiedlicher kaum klingen. Es gibt The Blind Circus, In Hope, Front, Zaitsa, Johann, Miumi oder The Razorblades, es gibt Rock´n´Roll, Punk, Folk, Singer-Songwriter, Weltmusik und Jazz. Es gibt Sounds in dieser Stadt und aus dieser Stadt, die so sind wie die Stadt selbst: vielfältig.  

Es macht Spaß, diese vielen Bands zu entdecken, ihnen zu lauschen, sie zu feiern. Es macht Freude zu sehen, wie gut diese Bands auch miteinander können, sich miteinander vernetzen und gemeinsame Sache/n machen.Es ist wunderbar, dass diese „Local Heroes“ sich auch außerhalb der Stadtgrenzen ganz klar bekennen zu ihrer Stadt und sich vorstellen als „Band xy aus Wiesbaden“ und nicht wie früher oft üblich ein wenig verschämt mit „Band yz aus der Nähe von Frankfurt“.  

Es wäre schön, wenn es mal wieder eine Bestandsaufnahme gäbe der reichen, bunten, brodelnden und ganz aktuell wieder beachtlich an Fahrt aufnehmenden Musikszene unserer Stadt. Die letzte gab es 1997 mit einem Sampler namens „My private Wiesbaden“. Für diese Ausgabe haben wir uns auf den Weg gemacht durch „Music City Wiesbaden“ zu unserer ganz eigenen Bestandsaufnahme. Diese können Sie nicht hören, aber immerhin schon mal lesen und anschauen. Sie hat einiges zu Tage gefördert und ist doch sicher unvollständig geblieben, weil die Musikszene unserer Stadt unendlich viel mehr an Gesichtern, Geschichten – und Sounds – zu bieten hat als wir in eine Ausgabe packen können. Und das ist ein gutes Zeichen für „Music City Wiesbaden“. 

Aber schauen Sie selbst. Und hören Sie selbst. „There´s no music like live music“ – auch und ganz besonders in Wiesbaden. Gehen Sie mit offenen Augen und Ohren durch die Stadt, und Sie werden feststellen: Hier spielt die Musik! 

Dirk Fellinghauer – sensor-Impressario