Von Dirk Fellinghauer.
Frank Stella bekommt den Jawlensky-Preis. sensor präsentiert die Schau des vielschichtigen Revolutionärs im Museum Wiesbaden, die heute im Rahmen der Preisverleihung eröffnet wird.
„Aber schließlich ist es das Ziel der Kunst, Raum zu schaffen — Raum, der nicht durch Dekoration oder Illustration kompromittiert ist, Raum, in dem die Themen der Malerei leben können. Das ist es, worum es in der Malerei immer ging.“, schreibt Frank Stella in „Working Space“.
Serielles Arbeiten
Als Jawlensky-Preisträger 2022 bekommt der US-Amerikaner nun eine große Ausstellung im Museum Wiesbaden gewidmet – mit thematischen Bezügen zum Namensgeber des Preises. Alexej von Jawlensky hatte in seinem Spätwerk in Wiesbaden seine ersten Serien vollendet. Serielles Arbeiten kennzeichnete auch von Anfang an das Schaffen Stellas, der 1936 in einem Vorort von Boston geboren wurde und in New York lebt und arbeitet. Darüber hinaus ist Stellas Werk überaus vielschichtig, voller literarischer Bezüge und dabei weder abstrakt noch gegenständlich im herkömmlichen Sinne.
Aus gesundheitlichen Gründen kann der 86-jährige Preisträger nicht persönlich nach Wiesbaden anreisen. Den mit 18000 Euro dotierten Preis wird heute Stellas Tochter Rachel entgegennehmen.
Bis heute erweitert Frank Stella die Malerei: in den Raum, aber auch konzeptionell. „Gerade weil wir von der alten Kunst, über den Jugendstil, bis hin zur Gegenwart unterschiedlichste Facetten der Kunst zeigen können, ist Stella in seiner Vielschichtigkeit für uns eine ideale Besetzung“, heißt es aus dem Museum.
Aufbruch mit Streifen – das Gemälde ist einfach da
In der großen Schau, die Jörg Daur kuratiert und die sensor als Medienpartner präsentiert, werden selbstverständlich auch Stellas revolutionäre Streifenbilder nicht fehlen: Diese markierten für viele seiner Kolleginnen und Kollegen zu Beginn der 1960er Jahre einen Aufbruch in ein vollkommen verändertes Verständnis von Malerei. Auch hier bietet das Museum Wiesbaden mit seinem Schwerpunkt amerikanischer Kunst einen Kontext für die frühen Werke Frank Stellas. Die Streifen als Bildgegenstand verbinden die Spur des Pinsels mit der Bildkante, das Gemälde selbst stellt nicht mehr dar, sondern ist einfach da. Die Streifen bilden zudem ein Ornament, das zum flächenfüllenden, zugleich aber auch rahmenden und damit formbestimmenden Charakteristikum des Trägers wird.
Zeiten ändern sich, Themen bleiben
Frank Stella ist ein Künstler, der sein Werk nicht allein in der Gegenwart verortet. Stattdessen sucht er vielfältige Bezüge in die Vergangenheit. Er selbst studierte neben Malerei auch Kunstgeschichte. Hier beschäftigte er sich intensiv mit verschiedenen Epochen. Die „Problemstellungen“ der Malerei erschienen ihm dabei stets ähnlich, grundlegende Fragestellungen – nach Abstraktion oder Gegenständlichkeit, nach Fläche und Raum, nach Abbild, Zeichen, Ornament – begleiteten alle Malerinnen und Maler durch die Jahrhunderte.
Den neuesten Arbeiten des Künstlers aus der Serie der „Salmon Rivers of the Maritime Provinces“ ist ein eigenes Kapitel der Ausstellung gewidmet.
Es dürfte eine spannende, aufregende Ausstellung werden, die das Museum Wiesbaden dem Jawlensky-Preisträger widmet. Einem großen, einem berühmt, aber auch mit millionenschweren Werken (28 Millionen US-Dollar erzielte etwa sein „Point of Pines“ 2019 bei Christie´s) keineswegs steinreich gewordenen Künstler. Das Kunstmagazin „monopol“ zitierte den Künstler mit der Leidenschaft für schnelle Autos im Porträt zu seinem 85. Geburtstag: „Die Menschen werden ganz aufgeregt bei diesen hohen Summen, aber fast alle Künstler, sogar die sehr erfolgreichen, leben von der Hand in den Mund. Man wird kein Künstler, um Geld zu verdienen. Da würde man sich etwas vormachen.“
Die Jubiläumsausstellung „Alles! 100 Jahre Jawlensky in Wiesbaden“ wird zur Feier des Jawlensky-Preisträgers bis zum 14. August verlängert.
„Moby Dick“-Gruß von den Nachbarn – mit Leihgabe und Video
In der Austellung wird auch eine Leihgabe des Museums Reinhard Ernst zu sehen sein, das im Frühjahr 2023 auf der Wilhelmstraße 1 direkt neben dem Museum Wiesbaden eröffnet werden wird. Das Werk ist Teil der Moby-Dick-Serie, an der Frank Stella von 1986 bis 1997 arbeitete. Sie umfasst insgesamt 266 großformatige Skulpturen und Metallreliefs, eine Wandmalerei, Collagen und Druckgrafiken. Jedes Werk der Serie ist nach einem der 135 Kapitel des gleichnamigen Romans von Herman Melville benannt.
Zu Ehren des Jawlensky-Preisträgers 2022 hat das Museum Reinhard Ernst zudem – realisiert von der Wiesbadener Filmproduktion „Involve“ – zwei großformatige Skulpturen aus Frank Stellas Moby-Dick-Serie filmisch zum Leben erweckt.
sensor präsentiert: „Frank Stella“, 10. Juni bis 9. Oktober, Museum Wiesbaden, Eröffnung am 9. Oktober, 19 Uhr, Publikum willkommen, https://museum-wiesbaden.de/frank-stella.
Wir verlosen 3 Ausstellungskataloge: Mail mit Postanschrift bis 15. Juni an losi@sensor-wiesbaden.de
Norbert Nolte Gleimstr. 19 79478 Nürnberg
Die sehr frühen (schwarzen ) Arbeiten von Frank Stella haben mich, als ich als Jugendlicher diese in Schloss Jägerhof in Düsseldorf erstmalig und wiederholt sah, tief und nachhaltig beeindruckt. Kein eigentliches Verstehen dieser Arbeiten, aber ein starkes Beeindruckt – Sein von der radikalen Bildsprache und Bildgestaltung, die nichts schenkt, sondern pur sich selbst behauptet.
Ein verloster Katalog wäre eine tolle Überraschung.
Mit freundlichem Gruß Norbert Nolte