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Editorial Dezember/Januar-sensor: Wenn ich nicht zwei linke Hände hätte …

Wenn ich nicht zwei linke Hände hätte,

liebe sensor-Leser:innen, wäre ich vielleicht Handwerker geworden. Oder auch, wenn ich zu Berufswahlzeiten die Eindrücke und Anregungen von heute gehabt hätte. Den Eindruck, dass Handwerk nicht nur elementar wichtig, sondern auch super faszinierend ist. Die Anregung, dass Handwerk eine geniale Sache sein kann, wenn die Entscheidung ansteht, was man wohl mal werden will.

Mich jedenfalls hat damals niemand auf die Idee gebracht, dass Handwerk eine Option sein könnte. Und daran, dass kaum jemand junge Leute auf Handwerks-Ideen bringt, hat sich offenbar in den Jahrzehnten, die seit meiner Berufswahl vergangen sind, kaum etwas verändert.

Als ich neulich auf der „Deutsches Wirtschaftsforum“-Konferenz in der Frankfurter Paulskirche war, saß als letzter Gast eines langen Tages Andrea Nahles – früher Bundesarbeitsministerin, heute Chefin der Bundesagentur für Arbeit – auf der Bühne und beklagte sich: Wenn ihr Haus auf Infotouren für Berufswege abseits des für viele vorgezeichneten Studiums werben wolle, ließen sie viele Schulen gar nicht auf den Hof.

Ähnliches berichtet uns der Wiesbadener Handwerks-Präsident Stefan Füll im 2×5-Interview dieser Ausgabe. Handwerk als Option ins Spiel zu bringen, als denkbare Alternative zum Studium? Bloß nicht die Kinder und Jugendlichen auf „dumme“ Gedanken bringen, scheinen Gedanken gymnasialer Besitzstandswahrer zu sein, in erster Linie auf Elternseite übrigens. Da frage ich mich: Wovor haben Sie denn Angst?. Und finde: Es ist höchste Zeit, auch hier umzudenken und neu zu denken.

In dieser Ausgabe feiern wir das Handwerk! Wir stellen fest, wie vielfältig und potenzialgeladen das Handwerk ist, und stellen vor, wer sich für das Handwerk entschieden hat und warum, und wer sich wie dafür einsetzt, dass sich vielleicht künftig mehr junge Leute für das Handwerk entscheiden. Schon jetzt gehen Verantwortliche neue Wege, um Nachwuchs anzusprechen, hier in Wiesbaden ganz aktuell zum Beispiel zuletzt mit einem innovativen Makerspace im Luisen-Forum. Auch hip-urbane Wiesbaden-Orte wie das nun endlich durchstartende Alte Gericht oder das neue Maldaner-Loft-Space „Werkstatt 37“ entdecken das Thema Handwerk.

Weil aktuell rund um das Handwerk der (fehlende) Nachwuchs im Fokus steht, haben wir diese Titelstory – ein Novum in nun über zehn Jahren sensor – unserem Nachwuchs, der derzeitigen sensor-Praktikantin, anvertraut. Und Sie werden beim Lesen feststellen: Wir haben ihr nicht zu viel zugetraut. Eine starke Geschichte hat Samira Schwarz geschrieben und zeigt, dass sie ihr journalistisches Handwerk schon recht souverän beherrscht.

Mit dem Zukunftsthema Handwerk – und natürlich mit vielen weiteren spannenden Themen im Heft  –  beschließen wir das sensor-Jahr 2022 – und melden uns nach dieser Doppelausgabe Dezember/Januar im Februar mit Ihrer Lieblings-Wiesbaden-Lektüre zurück. Vielen Dank für die interessierte und motivierende Begleitung unseres Schaffens in diesem Jahr. Genießen Sie die Zeit bis Weihnachten, machen Sie sich schöne Feiertage, und kommen Sie hervorragend in ein gelingendes neues Jahr.

Dirk Fellinghauer, sensor-Linkshänder

PS _ Übrigens: Bei aller Begeisterung müssen wir sie demnächst ziehen lassen, ihre Zeit als Praktikantin neigt sich dem Ende zu. Wir suchen eine:n neue:n Redaktionspraktikant:in zum 1. März 2023 für mindestens 6 Monate. Wer interessiert ist oder jemanden kennt: Ich freue mich auf Bewerbungen oder auch erst mal Rückfragen bei Bedarf – per Mail an hallo@sensor-wiesbaden.de, Betreff: Praktikum.