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Editorial Mai/Juni-sensor: Ich muss in letzter Zeit oft an Karlheinz Böhm denken …

Karlheinz Böhm (1928-2014) mit Siedlern in der Sahelzone, wo er mit seiner Hilfsorganisation „Menschen für Menschen“ ab 1981 „Hilfe zur Selbstentwicklung“-Projekte realisiert hat. Ausgangspunkt und Grundlage der bis heute vielfach aktiven Stiftung, war eine simple Wette.                            Foto: Ronnie Zimmermann/ Menschen für Menschen

Ich muss in letzter Zeit oft an Karlheinz Böhm denken,

liebe sensor-Leser*innen. Erinnern Sie sich? Am 16. Mai 1981 schrieb der Schauspieler bei „Wetten, dass …?“ Geschichte. Nicht mal jeder dritte Zuschauer würde – „in der Überwindung des eigenen faulen Schweinehundes“ – eine D-Mark für die unter Hungersnot leidende Sahelzone spenden, wettete* er – und behielt recht. Aber: 1,2 Millionen Mark kamen zusammen, Grundstock für die Hilfsorganisation „Menschen für Menschen“, die Karlheinz Böhm fortan verkörperte – seine Äthiopienhilfe, die seither mit Hunderten von Millionen Euro und unterschiedlichsten „Hilfe zur Selbstentwicklung“-Projekten Not gelindert und Lebensbedingungen von über 6 Millionen Menschen verbessert hat und dies bis heute, fast vierzig Jahre später, erfolgreich und wirkungsvoll tut.

Ich weiß noch genau, wie ich damals, als elfjähriger Junge, vor dem Fernseher saß und beeindruckt war, was dieser Mann da erzählte. Die Idee schien so einfach und sollte so viel bewirken.  Und ich grüble nun: Eine Idee dieser Art bräuchten wir heute irgendwie auch. Und komme nicht weit, weil ich merke: Wer soll denn da wem helfen, bitteschön, wer alles einen kleinen Betrag geben, damit es am Ende ein großer wird? Irgendwie sind doch gefühlt alle irgendwie betroffen von den Folgen dieser Pandemie, die gerade unser aller Leben beherrscht, die so vieles über Bord geworfen hat. Und die viele in arge Nöte bringt – überhaupt nicht vergleichbar mit den vom Verhungern bedrohten Menschen in der Sahelzone, aber doch existenziell. Und so unerwartet wie unverschuldet. Da kann man schon verzweifeln.

Weil Hilfe, die gewährt wird, oft so hilflos wirkt. Weil ein „diese Hilfe wird genügen“ kaum wo in Sicht scheint. Weil vieles, an das man denkt, und immer und immer noch Neues, an das man bislang noch nicht gedacht hatte, so aussichtslos scheint. Und manches, über das sich kluge Köpfe, bestimmt in bester Absicht, die Köpfe zerbrochen haben, am Ende doch so wenig durchdacht, oder auch ungeschickt und/oder unzureichend und/oder widersprüchlich erklärt, daherkommt.

Vieles wirkt aussichtslos, aber längst nicht alles. Deshalb sollten wir uns so gut es geht vor Verzweiflung hüten (und übrigens auch vor Aluhüten). Und nicht vergessen, unsere Blicke immer wieder auch auf das zu richten, was Hoffnung macht, was glücklich macht und was, auch in diesen Zeiten, fröhlich macht. Und sei es nur der Sonnenschein und der in diesem Frühling und Sommer besonders blaue Himmel. Resilienz ist ein Wort der Stunde. Wer das Glück hat, damit ausgestattet zu sein, mag versuchen, jene, denen dies nicht vergönnt ist, ein wenig damit „anzustecken“.

Ein Glück in der Krise: Wir erleben lauter kleine Karlheinz-Böhm-Effekte

Genau geschaut, erleben wir sogar lauter kleine Karlheinz-Böhm-Effekte, sehen wir überall „Menschen für Menschen“. Die Bereitschaft zu helfen und zu geben, ist groß. Auch bei vielen, die nicht viel haben. Beachtliche Resonanzen bei konkreten Crowdfunding- und Spenden-Aktionen – sei es für Hilferufende in der eigenen Stadt oder in der weiten Welt – zeugen davon, auch nach wie vor die große Solidarität mit Gastronomen oder auch Kultureinrichtungen, die in offiziellen Verlautbarungen und Paketen konsequent, wenn überhaupt, erst ganz am Schluss erwähnt und „behandelt“ werden. Die Scholz-Bazooka wird am Ende doch nicht alle, die jetzt mit Hilfs- und Rettungsgeldern beschossen werden müssten, treffen.

Krude-Gedanken-Bommel bitte getrost wieder einpacken

Wo wir gerade bei „den Politikern“ sind: Nein, die machen in diesen „ungeübten“ Zeiten ganz gewiss nicht alles richtig und im Gegenteil sogar einiges falsch, die dürfen auch hinterfragt und kritisiert werden. Aber: „Die“ handeln bestimmt nicht im Auftrag finsterer Menschen und Mächte, alle krude-Gedanken-Bommel in solche buchstäblich wahnwitzige, aber tatsächlich gar nicht witzige Richtungen dürfen getrost wieder eingepackt werden.

Nicht so schnell wieder einpacken müssen Sie diesen sensor: Er begleitet Sie ein wenig länger. Coronabedingt haben wir eine außerplanmäßige (und etwas verzögert gedruckte) Doppelausgabe für die Monate Mai und Juni gemacht. Ende Juni folgt dann die planmäßige Sommer-Doppelausgabe Juli/August. Auch diesmal wieder Danke allen, die ganz unterschiedlich dazu beigetragen haben, dass diese Ausgabe so erscheinen – und verteilt werden – kann. Sie ist prall gefüllt, und doch habe ich in diesen Zeiten irgendwie noch mehr als sonst das Gefühl, dass noch viel mehr reingehören würde. Weil so viel Wichtiges und Erzählenswertes passiert in unserer Stadt.

Danke für jede Info, jeden Input, jede Inspiration, die uns in dieser Zeit mehr als sonst schon erreichen – und Danke für Nachsicht, wenn wir nicht immer nachkommen, auf alles angemessen zu reagieren. Um mehr zu erlesen, lohnt sich auf jeden Fall der regelmäßige Besuch auf www.sensor-wiesbaden.de  und auch bei uns auf Facebook, Twitter oder Instagram. Wetten, dass?

Dirk Fellinghauer, sensor-Wettkönig

* Karlheinz Böhms Wettauftritt aus dem Jahr 1981 ist hier zu sehen (Minute 1:30)

Corona-Soforthilfe für Äthiopien

Übrigens: „Das Coronavirus macht vor keiner Ländergrenze halt und ist längst auch in Afrika und Äthiopien angekommen“, schreibt „Menschen für Menschen“ ganz aktuell auf seiner Webseite: „Das äthiopische Gesundheitssystem ist auf eine solche Katastrophe nicht vorbereitet, gerade mal 435 Beatmungsgeräte stehen laut Äthiopiens Gesundheitsministerium für über 100 Millionen Einwohner zur Verfügung. Gelingt es nicht die Ausbreitung von Covid-19 rasch einzudämmen, steht das Schlimmste zu befürchten. Jetzt müssen wir alle Kräfte vereinen! Menschen für Menschen leistet neben der Projektarbeit deswegen Soforthilfe in Äthiopien.“ Spenden sind auch hierfür willkommen.