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Exil-Festival „Minenfeld“: Polizei schützt Demo für Kunstfreiheit, Prinz veranstaltet „Courage zeigen“-Lesung

Von Dirk Fellinghauer (Text und Fotos).

„IN THE NAME OF LOVE oder EUPHORIE DES ZERFALLS. Demonstration für die Kunstfreiheit, die nur zu einer wurde weil uns das ANDERE nicht erlaubt wurde.“ Mit diesen Worten hatte Mareike Buchmann von der Performancegruppe „Raum (0)“ das angekündigt, was kürzlich am Platz der Deutschen Einheit seinen Anfang nahm und von dort zu einem bunten Spaziergang durch die Stadt wurde, der nach drei Stunden im Walhalla im Exil in der Nerostraße endete.

Das Ganze sorgte für reichlich Verwunderung bei Passanten und war der fantastische Auftakt des EXIL-Festivals „Minenfeld“, das am 27. Oktober mit der Lesung von Die Prinzen-Sänger Sebastian Krumbiegel mit dem Titel „Courage zeigen“ weitergeht und den ganzen November über Außergewöhnliches aus verschiedensten Sparten in die Nerostraße bringen wird.

Der performative Spaziergang musste als Demonstration angemeldet werden, weil er nicht in das Schema der Ordnungsbehörden passte, Deshalb gab es Polizeischutz für die Kunst, die für Kunstfreiheit demonstrierte. Deshalb mussten auch eilig noch Ordnerbinden – „in weiß, bitte“, sagte der Beamte – gebastelt werden, aus Klopapier, mit Edding beschrieben, mit Tesafilm festgeklebt an den Armen der Ordner. Deshalb musste in der von den Beamten mitgeführten Anmeldung auch nochmal fix nachgelesen werden, ob denn auch diese undefinierbare Flagge tatsächlich genehmigt ist. Deshalb sagte eine Mutter zu ihrer Teenietochter, die etwas länger verweilen wollten als sie: „Bleibt aber nicht so lange, okay, falls das Ganze eskaliert …“

Foucaults „Wahnsinn und Gesellschaft“ als Ausgangspunkt

Das Dargebotene basierte auf Michel Foucaults Buch „Wahnsinn und Gesellschaft“, aus dem per Megaphon vorgelesen wurde, während allerhand Verrücktes, Witziges, Überraschendes, Irritierendes, Geplantes und Spontanes und Unerklärliches passierte. Auch viel Glitzer war im Spiel. Und auch die schützende Polizei war streckenweise sichtlich amüsiert. Wenn das so weiter geht, werden die Polizisten der Landeshauptstadt noch die kunstbeflissensten der Republik. Die Performancegruppe jedenfalls hat schon mal versprochen: „Nach der Demo ist vor der Demo – We´ll do it again …“

Mehr Eindrücke vom demonstrativen „Wahnsinn und Gesellschaft“-Spaziergang hier im sensor-Fotoalbum.

„Courage zeigen“ zur Festival-Eröffnung am 27. Oktober

Das Exil-Festival „Minenfeld“ wird nun am Samstag, dem 27. Oktober, offiziell im Exil in der Nerostraße 24 eröffnet. Dazu wird ein „Prinz“ erwartet. Sebastian Krumbiegel (Frontsänger der „Prinzen“ ) sieht eine Zwischenbilanz seines Lebens und verknüpft seine Biographie mit zeitgeschichtlichen Ereignissen .Das Thema Courage ist für Sebastian Krumbiegel nicht erst seit dem traumatischen Überfall auf ihn durch Rechtsradikale enorm wichtig. Schon als Jugendlicher im rigiden DDR-System und während seiner Ausbildung im Thomanerchor fiel er durch sein rebellisches Naturell aus. Da kamen die Umbrüche, die zum Ende der DDR führten, gerade recht. Denn beides gehört untrennbar zusammen. So lernen wir ihn aus mehreren Perspektiven kennen: als Popstar und Musiker, als Zweifler und sozial Engagierten. Und Krumbiegel offenbart seine zentralen Fragen: Wann habe ich mich für etwas stark gemacht? Wann fehlten mir Mut und Haltung? Und was habe ich daraus gelernt?

Das komplett Festivalprogramm wird in Kürze auf www.walhalla-im-exil.de und im November-sensor veröffentlicht.

sensor verlost 3 Exemplare des Buchs „Courage zeigen“ von Sebastian Krumbiegel. Mail an losi@sensor-wiesbaden.de

1 response to “Exil-Festival „Minenfeld“: Polizei schützt Demo für Kunstfreiheit, Prinz veranstaltet „Courage zeigen“-Lesung

  1. Mich irritiert ein wenig, dass im Artikel überall von „Polizei“ geschrieben wird, aber auf dem Bild die StaPo (Stadtpolizei) abgebildet ist.
    Auch wenn beide ähnlich aussehen, haben sie ganz unterschiedliche Befugnisse. Der Unterschied wird besonders deutlich, wenn man die Ausbildungsdauer beider Berufe vergleicht. Die Laufbahn eines Polizeibeamten beginnt mit einer dreijährigen Ausbildung, während die Angestellten bei der StaPo nach nur sechs Wochen ausgebildet sind.

    Dieser Unterschied ist politisch gewollt, da es die Staatsausgaben senkt.

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