Wenn man mich früher fragte, wie ich es mit Hunden halte, antwortete ich meist mit einem Lied der Berliner Punkrockband Terrorgruppe. „Der Bernhardiner ist mir der Liebste, denn er trägt ein Fässchen voller Brandwein. Darum sollten Bernhardiner die einzigen Hunde auf der Erde sein“, sang ich meinen Gesprächspartnern dann vor – womit sich das Gespräch über Hunde meist erledigte (was aber auch meinen Sangeskünsten liegen kann). Es war nicht einmal so, dass ich groß etwas gegen Hunde hatte. Ich wollte einfach keinen besitzen. Zu viel Verantwortung und Einschränkung schien es mir, sich um einen Hund zu kümmern. Ich habe ja schon genug damit zu tun, für mein eigenes Leben Verantwortung zu tragen, wie soll das dann bei einem anderen Lebewesen funktionieren, redete ich mir ein.
Was war ich für ein Narr! Amy ist es zu verdanken, das alles anders kam. Sie liebt Hunde. Jahrelang bearbeitete sie mich, bis ich schließlich einwilligte, mir eine Hündin anzuschauen, die ein neues Zuhause sucht. Steter Tropfen höhlt bekanntlich den Stein. Als ich Bailey sah, war es um mich geschehen: Es war Liebe auf den ersten Blick. Die süßeste Hundedame der Welt hatte mich um den Finger gewickelt. Ein schwarzer Mischling, dem wir gerne ein neues Zuhause bieten wollen.
Meine Befürchtungen bestätigten sich natürlich nicht. Früher hatte ich immer den Vorsatz, vor der Arbeit ins Fitnessstudio zu gehen. Ich stellte mir den Wecker eine Stunde früher und blieb dann regelmäßig liegen. Jetzt mit Bailey, kein Problem. Selbst wenn meine Finger mal auf der Snoozetaste landen, fährt kurz darauf eine feuchte Hundezunge über mein Gesicht und erinnert mich an mein Gassidate. Dann springe ich aus dem Bett und freue mich auf unseren Streifzug durchs Viertel oder den Park. Abends und am Wochenende geht es dann meist in den Wald.
Ich liebe diese Spaziergänge. Ich hätte nie gedacht, wie viel Spaß es macht, einfach zu beobachten, wie Bailey scheinbar gedankenverloren an einem Strauch schnüffelt, plötzlich den Kopf hebt, die Ohren spitzt, kurz nach links und rechts schaut und dann wieder den Kopf senkt, um zu vollenden, was sie begonnen hat. Oder einfach diese Strahlen in den Augen, wenn ich nach Hause komme und sie mich mit wedelndem Schwanz begrüßt. Und ich lerne täglich dazu. So weiß ich endlich, woher die Redewendung von der Nase, die in alles gesteckt werden muss, kommt. Kaum ein Busch, in der Baileys Nase nicht verschwindet. Ein weiterer schöner Nebeneffekt: Ich lerne die Stadt von einer Seite kenne, der ich in der Vergangenheit viel zu wenig Beachtung geschenkt habe. Unglaublich, wie viel Schönheit vor unserer Haustür zu finden ist.
Ich hätte nie damit gerechnet, jemals einen Hund zu haben. Jetzt nach knapp drei Monaten mit Bailey, kann ich mir nicht mehr vorstellen, ohne Hund zu leben. Und das mit dem Fässchen voller Brandwein: Das kriegen wir auch noch hin.
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Illustration: Marc „King Low“ Hegemann