Von Anja Baumgart-Pietsch. Fotos Kai Pelka.
„Kraft, Geduld, Feingefühl“ – das seien die wichtigsten Eigenschaften, die sie für ihr Handwerk brauche, sagt Sofia Konaka. Die Wiesbadenerin mit griechischen Wurzeln macht etwas ganz Besonderes: Sie polstert antike Stühle und andere Sitzgelegenheiten. Und das noch genau so, wie es in früheren Jahrhunderten üblich war: als es nur Naturmaterialien und keine maschinellen Hilfsmittel gab. Sofia Konaka knotet und spannt das Innenleben von Sitzkissen mit unglaublichem Geschick und Akribie so gekonnt, dass der „Be-Sitzer“ wie auf Wolken Platz nehmen kann.
Die Idee der offenen Werkstatt
Das Besondere ihrer „Payos Polstermanufaktur“ – benannt nach dem griechischen Wort für „Popeye“, ihrem Spitznamen als Kind mit außergewöhnlich kräftigen Händen – , ist aber noch etwas anderes: „Mir schwebte eine offene Werkstatt vor“, sagt Konaka, die eine bewegte Berufsbiographie hinter sich hat und mit der Werkstatt im gemütlichen Nerostraßen-Ambiente nun „genau das“ macht, was sie „immer schon wollte.“ Sie ist ausgebildete Raumausstatterin, arbeitete kurz in einem Hotel: „Aber das war langweilig. Da habe ich immer nur die gleichen Stühle repariert.“ Sie schloss eine Ausbildung zur Heilpraktikerin an und studierte anschließend noch Psychologie an der Uni Mainz, arbeitete dann auch als Psychologin.
Britischer Mentor mit Aufträgen in „allerhöchsten Kreisen“
„Als Ausgleich zur Kopfarbeit habe ich immer etwas mit den Händen machen müssen“, sagt Konaka, die sich im Keller eine Werkstatt einrichtete und begann, Stühle auf traditionelle Art zu polstern – zunächst für den Eigenbedarf. Dann sprach sich aber herum, wie gut die Wiesbadenerin das beherrschte und mit welchem Perfektionismus sie zu Werke ging. „Und irgendwann begann ich auch, ernsthaft zu investieren“, erzählt Konaka, die vor Begeisterung für das eigene Handwerk geradezu sprüht. Sie erwarb eine Industrie-Nähmaschine und anderes Profi-Werkzeug und knüpfte über das Internet Kontakte zu Fachleuten in anderen Ländern. Hauptsächlich zu ihrem britischen Mentor Stephen Franklin, der in Hereford bei London eine der führenden Polsterwerkstätten Großbritanniens betreibt und bei Kunden aus Pop-Business und Hochadel die Räume schick ausstattet.
Knotennetz nach ausgeklügeltem System
Mittlerweile fährt Sofia Konaka regelmäßig zu ihm, um sich weiterzubilden – und Franklin kommt auch mal nach Wiesbaden, um ein besonderes Stück gemeinsam mit Sofia Konaka zu bearbeiten. Dafür nahm auch er sie schon in die „allerhöchsten Kreise“ mit – „ich darf da aber nichts Genaues erzählen“, schmunzelt die Fachfrau für exklusives Wohnen. Was sie am meisten schätzt, seit sie sich Anfang des Jahres selbstständig gemacht hat, ist aber tatsächlich der Kontakt zu den Kunden. Die erzählen ihr dann nicht nur die Geschichte ihrer antiken Sitzmöbel, sondern auch noch viel mehr – und da kann sie sich auch schon fast wieder als Psychologin betätigen. Aber ihre Passion ist tatsächlich die Arbeit mit den Händen. Die ist durchaus anstrengend: Wenn ein Stuhl erst mal vom durchgesessenen Sitz befreit ist, muss Sofia Konaka mit „Kraft, Geduld und Feingefühl“ zunächst Gurte kreuz und quer spannen, anschließend die Metallfedern so positionieren, dass sich genau die gewünschte Rundung ergibt. Dann wird nach einem ausgeklügelten System mit speziellem Faden ein Knotennetz geschnürt, das die Federn auf Spannung hält, so dass der Sitz im gewünschten Maß nachgibt. Weitere Schichten folgen, ausgepolstert wird das Ganze dann mit Schurwolle, Rosshaar oder anderen Naturmaterialien. Und dann kann ein dekorativer Stoff aufgespannt werden, von denen Sofia Konaka auch jede Menge zur Auswahl hat. Viele davon kommen auch aus England, dem Land des eleganten Country-Styles – man denke nur an die Serie „Downton Abbey“, ein optisches Paradies für Interieur-Begeisterte.
Sofia Konaka kann viele Geschichten erzählen und überlegt auch schon, mal einen Workshop in ihrem gemütlichen Laden anzubieten, obwohl es natürlich nur besonders geschickte Menschen schaffen, das komplizierte Knotennetz zu spannen und mit den historischen Werkzeugen zu arbeiten. „Und im Sommer schiebe ich dann meine Fensterfront auf, stelle eine Bank mit tollen Kissen raus und warte, wer so vorbeikommt und mir bei der Arbeit zuschaut.“
Herzlichen Glückwunsch, ich wünsche Ihnen viel Etwa und bleiben Sie gesund!