Von Anja Baumgart-Pietsch. Fotos Kai Pelka.
Es duftet nach Bienenwachs. Kerzen brennen, ein Kind klimpert an einer Spieluhr und gerade sind auch noch ganz andere Klänge zu vernehmen: Geprobt wird für ein neues „immersives Theaterstück“, und da wird gesungen, getrommelt … Wir sind auf Schloss Freudenberg, über den Dächern von Wiesbaden, seit vielen Jahren ein ganz besonderer Ort für Kultur.
Objekte für alle Sinne
Es wird oft in der Kategorie „Museum“ eingeordnet, aber schon lange bevor andere Museen auch das partizipative Element für sich entdeckten, konnte man in diesem Schloss, dessen Ausstellung sich von Anfang an „Erfahrungsfeld“ nennt, immer mitmachen, die Sinne wecken, anfassen, erleben. Klar, dass es in so einem Haus auch keinen konventionellen „Museumsshop“ gibt, sondern eine „Schatzkiste“ mit Objekten für alle Sinne.
Über China im Schloss gelandet
Bei unserem Besuch empfängt hier Suzan Brans-Brabant, eine überaus freundliche Mitarbeiterin im Schloss-Team mit charmantem niederländischem Akzent. Wie sie nach Wiesbaden kam? „Eine lange Geschichte“, lacht sie. „Ich kam über China.“ Spannend – wie alles hier im Schloss. Brans-Brabant ist nicht nur für die Schatzkiste zuständig, wie überhaupt das ganze Schlossteam jeweils mehrere Aufgaben wahrnimmt. Daher kennen sich auch alle mit dem besonderen Konzept des Erfahrungsfeldes aus.
Shop für das, was im Alltag zu kurz kommt
Die Sinne werden geweckt durch Klang -, Tast-, Riecherlebnisse, durch optische Täuschungen und Wortwitz, durch Essen im Dunkeln, Schattenspiele und alle möglichen Dinge, die sonst im Alltag eher zu kurz kommen. Und das Sortiment der „Schatzkiste“ ist darauf gut abgestimmt. Von kleinen Edelsteinen für 50 Cent bis zu Zungentrommeln, Holzlabyrinthen und Klangschalen für mehrere hundert Euro gibt es ganz viel zu entdecken. Viele Bücher natürlich, vom Erfahrungsfeld–„Erfinder“ Hugo Kükelhaus, von Goethe, aber auch ausgesuchte Kinderbücher, Sachbücher, beispielsweise zu Naturthemen, und ausgewählte Literatur für Erwachsene.
Handschmeichler mit Psychogramm
Honiggläser mit von Joseph Beuys inspirierten Etiketten sind im Angebot, der Inhalt kommt allerdings nicht mehr von den eigenen Bienen: „Wir ernten den Honig nicht mehr, wir lassen ihn den Bienen. Aber der Imker aus dem Hunsrück, der diesen Honig erzeugt, hat lange mit uns zusammengearbeitet“, lässt Suzan wissen. Es gibt kleine hölzerne Handschmeichler aus dem Holz, das nach keltischer Denkweise zu der jeweiligen Person passt: Meins wäre eine Kastanie, und das zugehörige Psychogramm kann ich mir gleich im passenden Buch durchlesen. Ob man daran glaubt oder nicht, das schön gedrechselte Oval macht sich gut in der Jackentasche.
Fluch-Generator
Wer es rustikaler mag, findet den lustigen „Fluch-Generator“ oder die ebenso praktische „Phrasen-Dreschmaschine“. Spielzeug in allen Varianten ist im Angebot, vom derzeit angesagten Magnet-Spiel „Kluster“ über nostalgische kleine Zwerge, die eine schiefe Ebene herunterpurzeln, Papp-Tiere zum Selberbasteln, eine „Sanduhr“, die nach oben läuft bis zu einem ganz kleinen, runden Teil mit Guckloch: Wenn man durchschaut, wirft jedes Licht einen Regenbogen.
Dabei sind viele schöne und originelle Dinge für den kleinen Geldbeutel dabei, die zwar nicht unbedingt exklusiv hier zu haben sind, aber doch nicht an jeder Ecke. Wunderschön auch die Klangobjekte, die entweder auf die vier Jahreszeiten oder die vier Elemente abgestimmt sind. Und dann gibt es noch den Holzfisch, einen von Hugo Kükelhaus entworfenen „Greifling“ für kleine Babys, hergestellt in einer Werkstätte für Menschen mit Beeinträchtigungen, der sich wirklich sehr angenehm anfassen lässt und sogar klappert.
Tiefsinn ohne erhobenen Zeigefinger
Man gebe sich Mühe, sagt Suzan, Dinge, die in Europa hergestellt werden und möglichst wenig Plastik enthalten, im Shop anzubieten. „Aber komplett schafft man das nicht“ – gerade die Verpackungen sind oft aus Kunststoff. Doch vieles ist in Pappe oder Stoffbeuteln verpackt. Alles, was hier zu finden ist, ist jedenfalls lehrreich, schön und regt zum Entdecken, zur Erfahrung, zum Probieren, Zusammenbauen, Hören, Experimentieren an: Rein Dekoratives ist selten, fast alles bringt einen tieferen Sinn, aber keineswegs einen erhobenen Zeigefinger mit. Da lohnt es sich wirklich, mal ein Weilchen in der Schatzkiste zu wühlen.
Im Moment kann ich mich noch nicht entscheiden, da mir einige Veränderungen bevorstehen!
Gutes Neues Jahr, Friede, Gesundheit und alles Gute‼️🕊