Direkt zum Inhalt wechseln
|

Grenzenlos Kultur – inklusives Kunst- und Theaterfestival vom 13. bis 23. September

Grenzenlos Kultur bietet seit 20 Jahren eine lebendige Plattform für behinderte und nicht behinderte Künstler, die ungewöhnliche, oft experimentelle, meist gesellschaftspolitisch motivierte Kunst- und Theaterformen zeigt.
Mit dabei: Das Zürcher Theater HORA mit „Bob Dylans 115ter Traum“, ein Konzert von Percujam (F) und 17 Hippies (D), „Touch me_“ von tanzbarbremen und viele mehr.

Das Zürcher Theater HORA zeigt „Bob Dylans 115ter Traum“, eine Hommage an den Songpoeten und Literaturnobelpreisträger. Im Doppelkonzert von Percujam und den 17 Hippies trifft Weltmusik auf französischen Rap. Und draußen machen Les Grooms mit „La Baronnade“ die Mainzer Innenstadt unsicher.

Zur Industriekultur gehört aber auch die Arbeiterklasse. In der Lecture Performance „Wot? No fish!!“ berichtet Danny Braverman aus Großbritannien von einem Fabrikarbeiter, der über 30 Jahre jede Woche auf seine Lohntüte eine Episode aus dem Leben der Familie malte, zu der auch ein autistisches Kind gehörte. Braverman lenkt mit seiner Arbeit den Fokus auf diejenigen, die die Industriekultur erst möglich gemacht haben – und zeigt, wie viel Mühsal, aber auch Poesie und Witz in diesen Leben steckt(e). Zur Arbeitsklasse in einer globalisierten Welt gehören heute zum Beispiel die Putzfrauen. In der griechischen Produktion „Clean City“ von Anestis Azas und Prodromos Tsinikoris erzählen Reinigungskräfte verschiedener Einwanderergenerationen von einer Arbeit, in der soziale Gegensätze alltäglich aufeinanderstoßen, sowie von Solidarität in Zeiten der Krise.

Aber wie funktioniert überhaupt der Kapitalismus? In „£¥€$“ lädt die gefeierte belgische Gruppe Ontroerend Goed zum Bankenspiel – und lotet so die Grundregeln der Marktwirtschaft aus. Aber was ist eigentlich mit denen, die nicht mitspielen wollen oder können? In „Mental“ erzählt der britische Performer the vacuum cleaner vom Bett aus von einem Leben, das nicht ins System passt – und deshalb bekämpft und pathologisiert wird.

Auch Weltliteratur bringt „Grenzenlos Kultur vol. 20“ nach Mainz. In der „Reise um die Erde in 80 Tagen“ schilderte Jules Verne 1873, wie die industrielle Revolution den Geist beflügelt und den Körper beschleunigt, zeigte aber auch, dass am Ende nicht das Schneller, Höher, Weiter zählt. Ein Dokument der Entfremdung ist wiederum „Not I“, Samuel Becketts Monolog für einen leuchtenden, körperlosen Mund, dem es unmöglich ist, „ich“ zu sagen. Touretteshero wird sich dieses Sprachkunstwerk auf ihre ganz eigene Weise aneignen. Gleiches gilt für „Richard III.“, jenen körperlich und seelisch gebeutelten Shakespeare-Schurken. Was passiert, wenn eine Schauspielerin diese Rolle „verkörpert“, deren Körper nicht der Norm entspricht, zeigt die Llanarth Group.

Aber „Grenzenlos Kultur“ steht seit jeher auch für Utopien. „Touch me“ der tanzbar_bremen zeigt die Kraft von Berührungen. „Der Tag, an dem Kennedy ermordet wurde und Mimmi Kennedy Präsidentin wurde“ von Dennis Seidel erzählt eine hinreißend komische Krimi-Seifenoper, in der am Ende das Gute siegt. Und „Gans anders“, das Kinderstück von Meine Damen und Herren und der transnationalen Performance-Gruppe HAJUSOM, beschäftigt sich mit Vorurteilen, Vorbildern und Zugehörigkeit.

Seit Jahren schon wird „Grenzenlos Kultur“ von einem Symposium begleitet, das wesentliche Fragen von Inklusion und Theater vertieft. In diesem Jahr steht bei „Out of Time?“ Zeit und (Un)produktivität im inklusiven Theater im Mittelpunkt. Erfordert inklusives Theater einen neuen oder anderen Umgang mit Zeit? Apropos Zeit: 2018 steht auch für „Grenzenlos Kultur“ ein Jubiläum an – die 20. Ausgabe, von der bei der Gründung des Festivals 1997 kaum einer zu träumen gewagt hätte.