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Großer Bahnhof für „hyperMOODbox“: Albern oder wütend – der Weg zum Abstellgleis lohnt sich

Von Dirk Fellinghauer (Text und Fotos).

Mal wieder „typisch Wiesbaden“, könnte man gleich losschimpfen: Besondere Kunst wird hier, ganz anders als bei den vorherigen Stopps in den Hauptbahnhöfen Frankfurt und Darmstadt, fast auf dem Abstellgleis präsentiert. Eigentlich hätte die „hyperMOODbox“ auch hier in der Landeshauptstadt mitten rein ins Hauptbahnhofs-Geschehen und den Menschenströmen buchstäblich in den Weg gestellt gehört. „Schuld“ daran, dass die unbedingt sehens-, hörens- und erlebenswerte Installation bei der Abschlussstation etwas ab vom Schuss an Gleis 10 platziert wurde, ist allerdings die Deutsche Bahn. Auf die lässt sich bekanntlich auch trefflich schimpfen. In dieser Angelegenheit sollte man darauf aber nicht allzu viel Zeit verschwenden. Nur bis zum 8. Juli haben die Wiesbadenerinnen und Wiesbadener, und Ankommende und Wegfahrende, Gelegenheit, interaktiv in die „hyperMOODbox“-Welten einzutauchen – und ihren eigenen Soundtrack für die Wartezeit am Bahnhof zu komponieren.

Die hyperMOODbox, geschaffen vom eigens für diese Arbeit zusammengestellten interdisziplinären Künstlertrio Annesley Black, Marc Behrens und Julia Mihály, ist eine begehbare, interaktive 9-Quadratmeter-Installation als Klang- und Farbinsel inmitten der Besucherströme des Transit-Ortes Bahnhof. „Transit“ ist auch das nun auslaufende Themenschwerpunkts des Kulturfonds Frankfurt RheinMain, der – in Kooperation mit der Deutschen Bahn – Auftraggeber des Projektes ist.

Einfahrende und abfahrende Züge, Rollkoffer, Schritte, Gespräche, Fahrplandurchsagen, Klingeltöne, Musik, Automatengeräusche – die Klangkulisse eines Bahnhofs ist vielfältig. Sie besteht aus einer Mischung von einzelnen Geräuschen, die entstehen, weil Besucher diesen Ort auf verschiedene Weise nutzen: Als Ankunfts- oder Durchgangsort, als Wartezone, als Treffpunkt oder als Ort zum Essen und Einkaufen. Gerade beim Warten kann diese Klangkulisse zu einem Faktor werden, der unsere mentale und körperliche Befindlichkeit beeinflusst.

Der in Offenbach lebende, weltweit tätige Künstler Marc Behrens (hier rechts im Bild beim „Aufnehmen“ zweier Damen, die als Erste die „hyperMOODbox“ in Wiesbaden testesten) benannte zum Auftakt die Stimmungslagen und Gemütszustände, die in den einzelnen Filmen und Songs mit real vorhandenen Geräuschen, Bildern und Farben der drei Bahnhöfe Wiesbaden, Frankfurt und Darmstadt künstlerisch umgesetzt wurden, wie „glücklich“, „albern“, „sexy“, „verliebt“, „traurig“, „gelangweilt“ oder „wütend“ … – „was man am Bahnhof halt so hat“.

Der Reiz für die Besucher, oder besser Nutzer, der Installation besteht darin, zwischen den Gemütslagen per Knopfdruck umherzuswitchen, sie auch zu beeinflussen und durch mehrmaliges Drücken quasi zu manipulieren. Man kann das alles als pures Vergnügen oder bloßen Zeitvertreib sehen, aber genauso gut auch Tiefe in all dem entdecken.

Einladung, sich von der Außenwelt abzukapseln

Kulturfonds-Geschäftsführer Helmut Müller meinte beim Startschuss des Wiesbaden-Gastspiels, dieses passe perfekt in die laufende Ferienzeit – lade die „hyperMOODbox“ doch dazu ein, „sich von der Außenwelt abzukapseln“. Kulturdezernent Axel Imholz äußerte sich begeistert über „den ganz anderen Blick und Einblick in das, was Bahnhof ist“. Der Besuch bietet sich natürlich auf jeden Fall an, sollte man einen Zug verpasst haben oder, soll ja vorkommen, ein Zug Verspätung haben oder ganz ausfallen. Aber Vorsicht: Das Ganze ist so spannend, dass man aufpassen muss, den angepeilten Zug nicht aus Versehen zu verpassen. Und es ist so spannend, dass es sich lohnt, den Bahnhof auch ganz ohne Absicht anzusteuern. In welcher Stimmung auch immer.

Weitere Impressionen im sensor-hyperMOODbox-Fotoalbum.

„hyperMOODbox“ im Hauptbahnhof Wiesbaden, bis 8. Juli 2018, geöffnet von 11:00 – 20.00 Uhr, Eintritt frei. http://kulturfonds-frm.de/