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In alter Frische – Maifestspiele 2015 starten: Was aus aller Welt bringt der neue Intendant nach Wiesbaden?

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Von Dirk Fellinghauer. Fotos Chris van der Burght / Armin Smailovic.

1896 wurden die Festspiele begründet, die bis heute in jedem Mai mit rotem Teppich, vorfahrenden Limousinen, livrierten Pagen und herausgeputzten Theatergängern tendenziell älteren Semesters für Bilder wie aus längst vergangenen Zeiten sorgen – und dabei topaktuell, am Puls der Zeit und hier und da höchst brisant sind. Die 119. Ausgabe wird die erste unter Leitung des neuen Intendanten Uwe Eric Laufenberg sein. Mit entsprechend großer Spannung wurde erwartet, was „aus aller Welt“ er in diesem Jahr nach Wiesbaden bringen wird. Die Antwort: Spannendes, Aufregendes, auch Überraschendes. 61 Veranstaltungen aus allen Sparten und aus der ganzen Welt stehen vom 1. bis 31. Mai auf dem Programm.

„Die ganze Stadt Wiesbaden begleitet die Maifestspiele seit vielen Jahren“, geriet Kulturdezernentin Rose-Lore Scholz bei der Programmvorstellung ins Schwärmen über „das“ Theaterereignis im Jahr. Nun, die ganze Stadt ist es vielleicht nicht. Aber auch der neue Intendant will ausdrücklich die Schwelle zum Besuch der Maifestspiele, die sich in vielen Köpfen als recht elitäre Veranstaltung für ein gut betuchtes Publikum manifestiert haben, niedrig halten. „Natürlich sind die teuren Karten teuer“, sagte der Intendant und betonte im gleichen Atemzug: „Es gibt aber auch die günstigen Preise von 8 bis 10 Euro. Wer nicht so viel Geld hat und dabei sein möchte, kann es auf jeden Fall tun.“

Nicht nur preislich wird der „Einstieg“ leicht gemacht – sei es durch das Programm, etwa bei „ABBA jetzt“, einer „unverschämten Hommage an die schwedischen Popgötter“ (31.5.) oder etwa durch die Location: Der Schlachthof wird zum Maifestspiel-Schauplatz beim dreitätigen Gastspiel von „The Public Theatre“ aus New York mit „The Apple Family – Scenes from Life in the Country“ (15./15./16. Mai).

Mit Maßanzügen in den Slums  

Ein besonders aufregendes Schauspiel- und Performance-Erlebnis dürfte auch „Coup Fatal“(Foto oben, 8./9. Mai, Großes Haus ) werden über die „Sapeurs“, die als „Dandys aus Kinshasa“ in feinsten Maßanzügen einen Auftritt pflegen, als würden sie die Welt regieren –  vor dem Hintergrund des Bürgerkriegs im Kongo.  Dreizehn kongolesische Musiker verschmelzen europäische Klänge auf Likembes, einer Art Daumenklavier, E-Gitarren und Percussion mit der kongolesischen Rumba zu einem Fest der Musik. Kuratorin Maria Magdalena Ludewig, die auch Leiterin der nächsten Biennale sein wird, war bei der Uraufführung in Wien und berichtete von minutenlangen begeisterten Ovationen.

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Auch „Die Tragödie von Romeo und Julia“ (5./6. Mai) beim Gastspiel des Thalia Theater Hamburg ist etwas für Musikfans. Sie nähert sich der größten Liebesgeschichte aller Zeiten theatral, physisch mit einer „Massenbewegung“ von zwanzig Jugendlichen und musikalisch mit Anja Plaschg von der Band Soap & Skin und Anton Spielmann von 1000 Robota, die auch privat ein Paar sind. Als neues Format wird es einen „Ausklang“ mit den Künstlern im Foyer geben. Deutschen Ernst und britischen Humor bringt das Performancekollektiv Gob Squad zusammen und führt mit „Western Society“ (15./16. Mai, Malsaal) herrlich vor, wie spannend die Suche nach dem langweiligsten YouTube-Video, das man finden kann, ausgehen kann. In Sachen Tanztheater wollen die Maifestspiele laut Kurator Bruno Heynderickx „in Zeiten von Je Suis Charlie auch gesellschaftliche Fragen stellen.“

IS auf der Bühne

Politisch brisantes Schauspiel wird etwa mit „Riding on a cloud“ von Rabih Mroué aus Beirut geboten, der die Geschichte seines jüngeren Bruders im libanesischen Bürgerkrieg verarbeitet, oder in „Wartende Frauen“ des Ensembels Erbil & Dohok aus Kurdistan/Irak. Von Fundamentalisten verschleppt, erwarten Frauen in der Wüste ihr Schicksal: Vergewaltigung, Zwangsheirat, Versklavung. Trotz allem bleibt ein Funken Hoffnung. In der Stadt Dohok, 35 Kilometer entfernt von durch den IS besetzten Gebieten, haben ein rein weibliches Ensemble und ein Mann einen eindringlichen Abend erarbeitet.

Zur Eröffnung am 1. Mai gibt es die Gelegenheit, mit Benjamin Brittens „The Turn of the Screw“ in der Inszenierung von Robert Carsen Musiktheater der Weltklasse und, mit Helen Donath als Mrs. Grose, in Starbesetzung zu erleben.

Das volle Programm und alle Infos zum Stand der Eintrittskartendinge: www.maifestspiele.de