„Jüdisches Glück“ erzählt die Geschichte von Menachem Mendel aus dem ukrainischen Schtetl Berdytschiw. Er hat große Träume, aber keinen beruflichen Erfolg. Schließlich versucht er sich als Schadchen, wie im Jiddischen die Heiratsvermittler heißen … – Alexander Granowskijs Stummfilm (1925) ist ein einmaliges Dokument der jüdisch-ukrainischen Kulturgeschichte, gedreht an Originalschauplätzen. Die Kinopremiere ist heute um 20 Uhr in der Filmbühne Caligari, vor dem Film gibt es ein Einführungsgespräch mit der Komponistin über ihre Arbeit mit den historischen Tonaufnahmen. Die TV-Premiere auf ARTE folgt am Montag, 28. November, um 23.30 Uhr.
Der Film ist laut ARTE ein einmaliges Dokument der jüdisch-ukrainischen Kulturgeschichte, gedreht an Originalschauplätzen und damaligen Zentren des jüdischen Lebens wie Berdytschiw, Odessa, Letytschiw. Legendär ist die lange, im Hafen von Odessa gedrehte Traumszene, in der sich Menachem als versierter Heiratsvermittler ausgibt. Die Schauspieler kamen vorwiegend vom Jüdischen Theater Moskau. Einige Mitglieder der Filmcrew wurden später Opfer der Stalin’schen Säuberungsaktionen, wie der Autor des Drehbuchs, Isaak Babel, oder der Hauptdarsteller Solomon Michoels, der 1948 ums Leben kam.
Die neue Musik stammt von der 1980 geborennen ukrainischen Komponistin Masha Khotimski. Sie hat in ihre Musik authentische jüdische Gesangsaufnahmen aus den 1910er Jahren einbezogen. Diese wurden im Gebiet der heutigen Ukraine bei einer Expedition der Gesellschaft für jüdische Geschichte und Ethnographie unter Leitung des jüdischen Schriftstellers Sholem An-Ski aufgezeichnet. Er unternahm mit Ethnologen von 1912 bis 1914 eine systematische Quellensammlung in den damaligen jüdischen Siedlungsgebieten des zaristischen Russlands und nahm auf Phonographen liturgische Lieder, Geschichten und Volksmusik auf. Ein Teil der Tonaufnahmen ist in der Wernadski-Nationalbibliothek von Kiew erhalten.
Trance als mystische Gotteserfahrung
Die Gesangsaufnahmen sind teils Lieder, teils chassidische Nigun-Gesänge, die gerade in den ukrainisch-jüdischen Gemeinden gepflegt wurden. Es sind einfache Melodien, die endlos variiert werden und die die Sänger in Trance als mystische Gotteserfahrung versetzen. Masha Khotimski bearbeitete die historischen Aufnahmen, kombinierte sie mit neuer Musik für kleines Ensemble und reicherte sie mit Geräuschen zu einem großen Klangraum an. „Die Vorahnung, dass diese gemütliche Welt bald verschwindet, war der Schlüssel meines Konzeptes der Musik. Die Begegnung der Instrumente wie Trompete, Schlagzeug, Keyboard, Bass, Sounddesign mit den historischen Aufnahmen, verwandeln sich in eine neue musikalische Sprache. Zwischen diesen verschiedenen Klängen entwickelt sich ein neuer Dialog“, erklärt Masha Khotimski in Kürze ihre Arbeitsweise – und ausführlicher heute persönlich im Caligari-Kino (dif/Foto Arte)
Hier geht es zur Vorschau mit Trailer.
Vor vielen Jahren war ich Odessa und bin auch in der ganzen Gegend gereist – meine Geburts-stadt ist Krakau – aber es ist so lange her, dass sich sicher seitdem viel verändert hat. Ich schaffe es nicht ins Kino, werde aber online auf Arte zuschauen.