Aufatmen in der Kulturszene, Verärgerung bei Gewerbetreibenden, Beruhigung bei sozialen Einrichtungen, Aufruhr bei Hundebesitzern – so könnten Reaktionen auf die heute verkündeten Ergebnisse der Haushaltsberatungen von CDU und SPD im Wiesbadener Rathaus ausfallen. Die große Koalition hat ihre Beratungen zum Doppelhaushalt 2016/2017 abgeschlossen. „Vor dem Hintergrund schwieriger Rahmenbedingungen ist es uns gelungen, die wichtigsten Aufgaben in den Dezernaten auch weiterhin zu finanzieren. Viele angedachte Kürzungen und Gebührenerhöhungen, beispielsweise im Sozialbereich, kommen damit nicht zum Tragen“, so die Fraktionsvorsitzenden Bernhard Lorenz (CDU) und Christoph Manjura (SPD) – hier auf einem Archivfoto. Die Ergebnisse ihrer Verhandlungen stellte das Gespann heute bei einer Pressekonferenz im Rathaus vor. „Im Kulturbereich werden auf Grund der Anpassung der Kurbeitragssatzung die pauschalen Kürzungen bei den freien Kulturinitiativen zurückgenommen“, lautet eine gute Nachricht. “ Die Schulsozialarbeit bleibt vollumfänglich erhalten“, eine weitere. Die Anhebung von Grund- und Gewerbesteuer dürfte hingegen vielen übel aufstoßen, allen voran der IHK Wiesbaden.
In den Verhandlungen der vergangenen Wochen sei es vor allem um die Verteilung von zusätzlichen Mitteln aus dem Kommunalen Finanzausgleich auf die verschiedenen Politikbereiche gegangen. „Nachdem sich die Koalition bereits vor den Herbstferien auf eine Minderung des Spardrucks verständigt hatte, konnte nun eine Einigung auf die konkrete Verteilung innerhalb der Dezernate erzielt werden“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung von CDU und SPD.
CDU und SPD einigten sich – auf Betreiben der SPD – auf eine Anhebung der Grund- und Gewerbesteuersätze auf den so genannten Nivellierungshebesatz der kreisfreien Städte Hessens, sowie eine Anhebung des Kurbeitrags – diese Idee hatte der kulturpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Hendrik Schmehl, Ende August erstmals in einem sensor-Gastbeitrag ins Spiel gebracht, als Replik auf ein sensor-Editorial zum Thema Kulturkürzungen – und der Hundesteuer.
Ebenso einigte sich die Koalition auf die Verwendung der kompletten Landesmittel aus dem Kommunalen Investitionsprogramm (KIP) für den Schulbaubereich. Zusätzlich kämen weitere fünf Millionen Investitionsmittel pro Jahr dem Schulbau zugute. Mit diesen Geldern könnten in den kommenden Jahren weitere Baumaßnahmen an Wiesbadener Schulen angegangen werden. Daneben wurde eine „Überarbeitung der Straßenreinigungssystematik“ beschlossen.
Trotz des aus ihrer Sicht „guten Ergebnisses“ sind sich die Fraktionsvorsitzenden einig, dass in naher Zukunft strukturelle Veränderungen in der Stadtverwaltung notwendig sind. „Nur so wird die Stadt auch in Zukunft handlungsfähig bleiben. Gleichzeitig appellieren wir an Bund und Land endlich für eine aufgabengerechte Finanzierung der Kommunen zu sorgen“, sind sich Bernhard Lorenz und Christoph Manjura einig. Daher wird es eine Struktur-AG geben, die innerhalb der Verwaltung eine Aufgaben- und Prozesskritik durchführen sowie Optimierungsbedarfe aufzeigen wird. Außerdem müsse man sich mit den Vor- und Nachteilen einer zentralen Steuerung in den Bereichen Flächen, Datenverarbeitung, Organisation, Recht, Personal, Finanzen und Revision beschäftigen, so die beiden Fraktionsvorsitzenden abschließend.
Die wichtigsten Ergebnisse der Koalitionsberatungen im Überblick:
- Durch Zusetzungen im Sozialbereich in Höhe von ca. 12,7 beziehungsweise ca. 14 Millionen Euro kommen viele angedachte Kürzungen nicht zum Tragen. Beispiele:
– Keine Gebührenerhöhung und Abschaffung der Geschwisterbeitragsreduzierung im Bereich der Kinderbetreuung.
– Wertvolle Projekte im sozialen Bereich wie das Nachbarschaftshaus und der Biberbau werden auch weiterhin gefördert.
– Die Ausbildungstätigkeit der Wiesbadener Jugendwerkstatt wird gesichert.
– Die Schulsozialarbeit bleibt vollumfänglich erhalten
- – Das Schuldezernat erhält für den Schulbau die kompletten Mittel aus dem Kommunalen Investitionsprogramm (KIP) in Höhe von rund 18,6 Millionen Euro. Zusätzlich können, nach Rücksprache mit dem Land, pro Haushaltsjahr Darlehen in Höhe von 5 Millionen Euro aufgenommen werden, die ebenfalls im Schulbau eingesetzt werden.
- – Im Bereich Sauberkeit wird die Straßenreinigungssystematik überarbeitet. Zusätzlich werden eine Million Euro pro Jahr für Straßenreinigung und Stadtentwässerung zur Verfügung gestellt. Außerdem würden aus den zusätzlichen Mitteln des Kommunalen Finanzausgleichs 1,2 Millionen Euro pro Jahr für Personal im Bereich Sicherheit und Sauberkeit verwendet.
- – Im Kulturbereich werden auf Grund der Anpassung der Kurbeitragssatzung die pauschalen Kürzungen bei den freien Kulturinitiativen zurückgenommen.
- – Einig ist sich die Koalition auch, dass die Bürgerhäuser Medenbach und Dotzheim komplett finanziert werden, dass die Zusammenlegung von Ortsverwaltungen nicht nötig ist und dass die Funktionsstärke der Feuerwehr auf derzeitigem Stand erhalten bleibt.
- – Zudem sind Mittel für den Hochwasserschutz in Rambach vorgesehen, wird Geld für die Sanierung von Straßen bereitgestellt und können in den Dezernaten viele Sparmaßnahmen abgemildert werden. (dif / Archivfoto Dirk Fellinghauer)