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Kiff-Koalition im Wiesbadener Rathaus: Linke/Piraten, Grüne, FDP für Cannabis-Legalisierung – „SPD am Zug“

Von Dirk Fellinghauer (Text & Foto).

Heute startet um 15.30 Uhr vor dem Rathaus Wiesbaden erneut eine Aktion, mit der für einen Cannabis Social Club in Wiesbaden geworben wird.  Das „Kiff-In vorm Rathaus: Legalisierung. Regulierung. Prävention!“ findet anlässlich der Stadtverordnetenversammlung statt, die ab 16 Uhr im Rathaus tagt. „Am Mittwoch könnte Wiesbaden endlich einen Schritt in Richtung Legalisierung gehen“, lautet die Ankündigung und Absicht: Nach einer Initiative der Linken haben sich – eine bemerkenswerte „Koalition“ – Linke, Piraten, Grüne und FDP auf einen gemeinsamen Antrag verständigt – und sehen die SPD in „Zugzwang“, natürlich rein politisch.

Der Antrag fordert den Magistrat auf, die Möglichkeiten für einen Cannabis Social Club in Wiesbaden zu prüfen. Es wäre der bundesweit erste seiner Art, international gibt es bereits solche Clubs. „Wir werden erneut mit einer kreativen Aktion vor dem Rathaus deutlich machen, dass wir insbesondere die SPD zur Annahme des Antrags auffordern. Dann hätte der Antrag eine klare Mehrheit“, erklären die Initiatoren. Bereits im November 2017 stand das Thema auf der Tagesordnung, begleitet von einer ähnlichen Aktion, wurde dann aber vertagt – auf heute. Damals berichtete Ingo von Seemen von der Linken-Fraktion, dass die Wiesbadener SPD auf Einladungen zur Verständigung über das Thema nicht reagiert hätte. Umso ergiebiger war der Austausch mit Grünen und FDP, so dass es heute zur außergewöhnlichen Kiff-Koalition im Rathaus kommt.

Kriminalbeamte fordern vollständige Legalisierung

Ganz aktuell fordert der Bund der Kriminalbeamten erneut eine vollständige Legalisierung von Cannabis in Deutschland, weil dies „historisch willkürlich und weder intelligent noch zielführend sei“. Viele andere Länder hätten sich längst erfolgreich auf diesen Weg gemacht und stellen Prävention und Regulierung vor Kriminalisierung und Schwarzmarkt, argumentieren die Legalisierungs-Befürworter. Statt sinnloser Strafverfolgung und illegalem Drogenmarkt gebees dort Hilfe bei Drogenproblemen und staatliche Markt-Kontrolle und Einnahmen. Auch die Mehrheit der Strafrechtler in Deutschland spreche sich längst für Prävention und Regulierung, statt willkürlicher Kriminalisierung aus.

„Wir wollen nicht dem Kiffen das Wort reden und nicht zum illegalen Konsum aufrufen!“, stellen die Antragsteller klar: „Auch wenn Cannabis einen hohen medizinischen Nutzen haben kann, bleibt jede Droge eine Droge und mit besonderen Gefahren behaftet. Doch es ist nötig aufzuklären, insbesondere den Jugendschutz und Hilfe bei Drogenmissbrauch zu stärken, den Markt zu regulieren und mehrere MillionenCannabis-Nutzer in Deutschland zu entkriminalisieren.“ Bei fast 200.000 Toten durch Tabak und Alkohol pro Jahr in Deutschland sei eine ehrlichere Debatte über Drogenmissbrauch und die willkürliche Einteilung in legale und illegale Drogen nötig.

 Cannabis Besitz und Konsum sollte aus ihrer Überzeugung

  • gesundheitspolitisch und drogenpolitisch präventiv begleitet,
  • als Medizin und Genussmittel anerkannt und erhältlich,
  • in staatlich reguliertem Anbau und Handel zugelassen,
  • und nur im Fall illegalen Handels strafrechtlich geahndet werden.

Aufgrund von Fastnacht treffen sich die eigentlich immer donnerstags tagenden Stadtverordneten zu ihrer nächsten Sitzung ausnahmsweise schon am Mittwoch, 7. Februar 2018, um 16 Uhr im Wiesbadener Rathaus im Sitzungsaal der Stadtverordneten. Auf der Tagesordnung stehen neben der Fragestunde Anträge der Fraktionen unter anderem zu den Themen Vertreterbegehren zum Projekt CityBahn, Standorte einer neuen Rheinbrücke, städtebauliche Nutzung des AFEX-Geländes in Kastel, Rauchen von Wasserpfeifen in Gaststätten, Legalisierung von Cannabis sowie Windkraft auf dem Taunuskamm.

Der Antragstext „Cannabis verantwortungsbewusst legalisieren“ im Wortlaut:

Die Stadtverordnetenversammlung wolle beschließen: Der Magistrat wird beauftragt, Möglichkeiten und Rahmenbedingungen aufzuzeigen, wie Cannabis in Wiesbaden (ggf. im Rahmen eines Modellprojektes unter wissenschaftlicher Begleitung) unter kontrollierten Bedingungen an Konsumenten abgegeben werden kann. Dieses Angebot muss eingebettet sein in eine Präventionsstrategie, die erwachsenen Konsumenten den verantwortungsvollen und sicheren Umgang ermöglicht, Kinder und Jugendliche schützt, dem illegalen Handel mit Cannabis den Nährboden entzieht und die Behörden (Polizei und Staatsanwaltschaften) entlastet.

Insbesondere ist zu prüfen, ob die Einrichtung eines Cannabis Social Clubs (CSC) möglich wäre.

Dabei sind folgende Aspekte besonders zu berücksichtigen:  Die Abgabe soll an jede*n Einwohner*in der LHW erfolgen, die nicht wegen Verstößen gegen das BTM vorbestraft sind.  Anbau, Ernte und Weiterverarbeitung des Cannabis ist streng zu kontrollieren.  Ein Handel mit Cannabis oder eine Abgabe an Dritte, insbesondere Minderjährige, bleibt illegal.  Die Landeshauptstadt Wiesbaden kontrolliert die Sicherheit, Qualität und den Wirkstoffgehalt des Cannabis vor dessen Abgabe.  Zudem sorgt die LHW für bedarfsgerechte Präventions-, Informations- und Hilfsangebote.  Das Modell ist so zu konzipieren, dass Menschen durch den damit verbundenen Besitz von Cannabis keine rechtlichen Nachteile – insbesondere kein Risiko einer strafrechtlichen Verfolgung – entstehen.  Das mit der Abgabe betraute Personal muss geschult sein, um einen umfassenden Verbraucher- und Gesundheitsschutz zu gewährleisten.  Das Projekt sollte wissenschaftlich begleitet werden. Hierfür ist ein Vorschlag zu erarbeiten.

Begründung: Erfolgt mündlich.