Von Hendrik Jung. Fotos Frank Meißner
Kurz vor Eröffnung des neuen Veranstaltungsraums Kesselhaus sowie des 60/40 geht es im alten Wasserturm am Schlachthof zu, wie in einem Ameisenhaufen. Überall sind Handwerker der verschiedensten Gewerke am Arbeiten, damit es mit dem Eröffnungswochenende Mitte März klappt. An einigen Stellen werden noch Fliesen gelegt, ein Presslufthammer beseitigt störende Elemente, bei der Elektrik wird das Feintuning vorgenommen, und auch das Außengelände bekommt langsam seine Form.
Musste man bislang vom Eingang der neuen Halle um den halben Schlachthof herum gehen, um zur Räucherkammer zu gelangen, liegen sich die Pforten zu den Veranstaltungsräumen in Zukunft gegenüber. „Dadurch wird sich eine schöne Plaza bilden“, freut sich der zweite Vorsitzende des Schlachthofs, Carsten Schack. Während sich also das Kesselhaus in der Hälfte des Wasserturms befindet, die der neuen Halle zugewandt ist, zieht das 60/40 samt Biergarten auf die den Bahngleisen zugewandte Seite. Schöne Aussichten für Drinks mit Sonnenuntergang. Die frisch sanierten Backsteinmauern sind mit einer Fensterfront versehen worden, die mit dem Charakter des mehr als einhundert Jahre alten Industriebaus architektonisch bestens harmoniert. Ein Gestaltungsmerkmal, das sich auch im Inneren fortsetzt.
Historie des Gebäudes bleibt präsent
„Es ist eine gelungene Mischung. Wir haben gemacht, was nötig ist, aber gelassen, was geht“, erklärt der Schlachthof-Vorsitzende Gerhard Schulz. Auch wenn die großen Wasserkessel, die dem neuen Veranstaltungsraum ihren Namen gegeben haben, entfernt worden sind, ist die Historie des Gebäudes an allen Ecken sichtbar. Im mit einem Kamin ausgestatteten 60/40, dessen Gastraum fast doppelt so groß wie in der alten Halle ist, sorgen einige alte Maschinen für Atmosphäre. Auch an verputzten Wänden sind viele Elemente der Backsteinarchitektur frei gelassen worden. An einer Stelle wurden sogar zwei Säulen der ehemaligen Schlachtstraße aus der alten Halle eingesetzt. Was der alten Räucherkammer das Kreuzgewölbe war, ist hier nun die preußische Kappendecke. „Wir haben die Säulen nicht mehr. Die waren schön, haben aber auch gestört. Die Nähe zu den Künstlern bleibt bestehen“, vergleicht Carsten Schack die Verhältnisse von Räucherkammer und Kesselhaus.
Gleiche Fläche, neue Potenziale
Zwar ist die Fläche des Veranstaltungsraums nahezu gleich geblieben, aber die sogenannte lichte Höhe ist größer geworden, die Bühne ist größer dimensioniert worden und es ist Platz für eine kleine Lounge sowie eine Garderobe. Kurz: Alles was in der Räucherkammer möglich gewesen ist, wird auch weiterhin möglich sein, es gibt aber auch Potenzial für darüber hinaus gehende Veranstaltungen. Durch den Einzug einer Decke ist außerdem ein Kellergeschoss geschaffen worden, in dem sich ein Backstagebereich samt Betten befindet. „Wir haben weniger Hotelkosten. Über die Jahre wird sich das rechnen“, ist sich Carsten Schack sicher. In den oberen Stockwerken bekommen die 22 fest angestellten Mitarbeiter des Schlachthofs ihre Büros mit Blick über die Stadt. 4,5 Millionen Euro kostet die Landeshauptstadt die Sanierung und der Ausbau des denkmalgeschützten Gebäudes.
„Zusammen mit den 6,7 Millionen Euro für die neue Halle kommt man witzigerweise etwa auf den Betrag, den die Sanierung der alten Halle gekostet hätte“, betont Gerhard Schulz. Die Entscheidung für die jetzige Lösung bereut inzwischen aber niemand mehr: „Eigentlich geht nichts verloren, weil du es nur in der Erinnerung mitnehmen kannst.“ Dennoch ist er sich sicher, dass „die dicken Tränen rollen, wenn der dicke Bagger kommt“ und die alte Halle endgültig Vergangenheit werden lässt. Schließlich sei die Räucherkammer der „Ursprung allen Übels“ gewesen. Hier hat im Dezember 1994 die erste Veranstaltung des Kulturzentrums stattgefunden und jeder, der aus der Gründergeneration noch dabei ist, hat hier an irgendeiner Stelle Hand angelegt, um eine Wand zu verputzen oder eine Mauer einzuziehen. Bald wird das nur noch Schall und Rauch sein, aber in der Erinnerung zahlloser Schlachthof-Besucher für immer weiter existieren.
Abschied und Neueröffnung – Das Eröffnungsprogramm
Wo etwas Altes aufhört, fängt was Neues an:
Die Abschiedsparty für die Räucherkammer stieg am letzten Wochenende unter dem Motto „The Last Waltz“, auch wenn dort danach noch allerletzte Konzerte ausgerichtet werden: 10. März Mick Flannery, 11. März Lemur, 12. März Erik Cohen/ Genepool.
Das Eröffnungswochenende im Wasserturm läuft vom 13. bis 15. März. Nach einem Empfang für geladene Gäste ist die Öffentlichkeit willkommen zu Partys (13. März „Juicy!“ mit Old-School-Hip-Hop und All-Time-Classics, 14. März “KOMM-Disco” Houseparty) und am 15. März zum Tag der offenen Tür mit Führungen und dem ersten Open-Air-Flohmarkt des Jahres.
Das allererste Konzert im Kesselhaus bestreiten To Kill A King am 17. März, für das zweite Konzert kommen die legendären Fehlfarben am 19. März ins neue Kesselhaus. sensor präsentiert beide Shows und verlost jeweils 3×2 Freikarten: Mail an losi@sensor-wiesbaden.de
An allen Tagen wird auch das 60/40 geöffnet haben.
www.schlachthof-wiesbaden.de , www.das6040.de