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Lieber auf den zweiten Blick: Stadt und Land wollen Wohnungen im Alten Gericht bauen. Eine Initiative will mehr.

AltesGericht_Gruppe_3spDirk Fellinghauer
Foto Heinrich Völkel und Andrea Diefenbach

Der Start der Kampagne ist ein wenig missglückt. Als die neu gegründete Initiative „Haus der Stadtkultur und Stadtgeschichte im Alten Gericht“ mit einer ausführlichen Pressekonferenz an die Öffentlichkeit trat, blieb irgendwie nur das Reizwort „Stadtmuseum“ hängen und einige offene Fragen. Das war bedauerlich. Die Gründer der Initiative und hundert Erstunterzeichner – darunter einige bekannte Namen der Stadtgesellschaft – haben nämlich weitaus umfassendere Ideen, was mit dem seit 2009 leer stehenden denkmalgeschützten Areal Sinnvolleres passieren könnte, anstatt dort – wie von Stadt und Land gemeinsam beabsichtigt – Wohnungen zu errichten.

Idee geht weiter über das Reizwort „Stadtmuseum“ hinaus
Ihre Ideen, „das Alte Gericht als wertvolles Erbe der Baukultur für öffentliche Nutzungen zu erhalten“, konnten die Engagierten mittlerweile klarer und umfassender unters Volk bringen – über eine sehr umfassende Homepage, und in vielen Gesprächen an Informationsständen in der Fußgängerzone. „Das Haus der Stadtkulturen wird Generationen verbinden, Bildung, Kultur, Arbeiten und Wohnen beispielhaft vereinen und der Wiesbadener Stadtentwicklung – im Bewusstsein ihrer Geschichte – innovative Impulse geben“, haben sie ihre Vision formuliert.

Ja, zu dieser Vision gehört das Stadtmuseum. Aber nur als ein Bestandteil des riesigen 7000-Quadratmeter-Gebäudes, und zwar neu gedacht, modern gedacht, auch Schritt für Schritt gedacht. Ein Stadtmuseum, das „Denk- und Spielräume für urbane Entwicklung eröffnet“, als ein Bestandteil neben anderen Nutzungen: Gerichtssaals wird Bürgersaal, das Schaffen von Begegnungsorten und Treffpunkten für Teilhabe und Bürgerengagement, auch bezahlbare Studios für Künstler und Designer im Dachgeschoss und eine bunte Gastronomie.

Raum und Räume für die Kreativwirtschaft
Ganz besonders sexy erscheint hier die Perspektive eines neuen Zentrums der Wiesbadener Design- und Kreativwirtschaft nach der geplanten Ansiedlung der Hochschule Fresenius direkt nebenan mit „anregenden Wechselwirkungen“. Bei der Grünen-Veranstaltung „Wie Wiesbadens kreativer Motor zündet“ wurde kürzlich der Bedarf an Raum und Räumen als besonders drängend identifiziert. Und gerade diese Idee kommt auch in der Wiesbadener Wirtschaft gut an. Sowohl der IHK-Ausschuss Kreativwirtschaft als auch die IHK-Vollversammlung beschlossen entsprechende Forderungen einstimmig.

Unterschriftensammlung nimmt Fahrt auf
Es sind Ideen, die immer mehr Wiesbadener überzeugen. Über 2100 Unterschriften für ihre Petition haben die Kämpfer für ein Haus der Stadtkultur bis heute (23. Juni) gesammelt. Die beachtliche und sicher noch kräftig weiter steigende Zahl der Unterstützer zeigt: Dass  die Initiatoren beim ersten öffentlichen Auftritt nicht auf jede Frage der kritischen Journalisten – vor allem bezüglich Kosten, Finanzierung und Eignung des Gebäudes – sofort eine Antwort parat hatten, bedeutet nicht, dass es keine überzeugenden Antworten gibt.  Natürlich müssen sie einige davon selber liefern.  Viele seit langem offene Fragen muss aber vor allem die Stadt beantworten. Und sollte in dieser wichtigen Frage Diskussionen nicht aussitzen oder abwehren, sondern (ergebnis-)offen, mutig und respektvoll mit den engagierten und im besten Sinne „beteiligten“ Bürgern ihrer Stadt führen. Am 6. März 2016 ist Kommunalwahl.

Ausführliches Themen-Special mit unterschiedlichen Positionen ab 15. Juli auf www.sensor-wiesbaden.de

Die Initiative trifft sich regelmäßig freitags um 18 Uhr in der Frankfurter Straße 28. Mitstreiter und Interessierte sind willkommen.

www.altesgericht.de , www.petition.altesgericht.de