Seit August 2017 steht der russische Film-, Theater- und Opernregisseur Kirill Serebrennikov unter Hausarrest. Dem regierungskritischen Künstler wird Betrug vorgeworfen, weltweit haben sich zahlreiche Künstler mit ihm solidarisch erklärt, ebenso ganz aktuell das Staatstheater Wiesbaden mit einer Kunstinstallation. Sein Theaterstück ‚Who Is Happy in Russia?‘ ist, präsentiert von sensor, am 3. und 4. Mai bei den am Montagabend eröffneten Internationalen Maifestspielen im Großen Haus des Hessischen Staatstheater zu sehen. Das Gastspiel des Gogol Center Moskau wird die Europapremiere des Stücks sein. Begleitend dazu läuft heute um 20 Uhr Serebrennikovs Film „Der die Zeichen liest“ im Caligari. Auch Mitglieder des Gogol Center Moskau haben sich in der Filmbühne angekündigt.
Serebrennikovs aktueller Film, der schon im Februar als sensor-Film des Monats im Murnau-Filmtheater zu sehen war, ist eine wilde und furiose Groteske, die in Cannes euphorisch gefeiert wurde. Die Satire voll pechschwarzen Humors hält uns die Fallen aktueller Denkmuster gnadenlos vor Augen. Nicht die radikale Religion ist der Feind liberaler Erziehung, sondern ihr gar zu enger Verwandter: Benjamin ist Schüler an einer aufgeklärten, staatlichen Schule. Doch als er zum Christentum konvertiert, verwendet er die Bibel als schier unendliche Ressource der Aggression. Während sich seine Mitschüler weiterhin in Reih und Glied liberaler Unterrichtsführung dirigieren lassen, ist Benjamin auf Rebellionskurs. Als Missionar und Kreuzzügler gegen Homosexualität, geschiedene Frauen und Evolutionstheorie weiß er die eine oder andere Bibelstelle ins Feld zu führen. So heftig und eloquent ist Benjamins Protest gegen den wissenschaftlichen Tenor der Schule, dass die Lehrerschaft bald ins Wanken gerät.
Pressestimmen: „Bietet gleichzeitig eine universal relevante Untersuchung des religiösen Fanatismus und einen verdammenden, satirischen Blick aufs moderne Russland, ein Land, dessen wichtigste Institutionen verstärkt von mittelalterlich denkenden Reaktionären und Scheinheiligen dominiert und eingeschüchtert wurden.“ (The Hollywood Reporter) „Der Film hört nie zu denken auf; er denkt (und spricht, und schreit) und ist dabei wunderbar in Bewegung.“ (Variety) (dif/Bild Veranstalter)
Der Trailer zum Film: