
Studienausstellung
Das Ei ist uns allen von großer Bedeutung. Aus ihm sind wir entstanden, mit ihm feiern wir und von ihm ernähren wir uns. Vom „Ei des Kolumbus“ bis zum „Gelben vom Ei“ ¬- eine Fülle an Alltagsweisheiten finden sich, die das Ei thematisieren. Die Studienausstellung „Oologische Studien – Der Ursprung liegt im Ei“ blickt vom 10. April bis zum 19. Oktober 2025 auf verschiedene Aspekte: Sie fokussiert das biologische Ei und dessen Nutzung in unserer Kultur.
Zwei Sammlungen bieten hierfür die Grundlage. Zum einen findet sich eine bereits im frühen 20. Jahrhundert begonnene Vogeleiersammlung in den Naturhistorischen Sammlungen. Sie umfasst heute etwa 8.000 Eier von 550 überwiegend europäischen Vogelarten. Zum anderen konnte 2024 eine kulturgeschichtliche Eiersammlung von Frau Dr. Birgit Scheps übernommen werden. Deren Inventarisierung mit mehr als 3.000 Ostereier erfordert noch viel Zeit und ehrenamtliches Engagement – für das das Museum sehr dankt.
Zur Biologie
Die Nutzung von Eiern geht mit der Vielzelligkeit und komplexeren Fortpflanzungsstrategien einher. Denn Dank der Arbeitsteilung finden sich erstmals spezialisierte Zellen. Neben Körperzellen dienen andere ausschließlich der Vermehrung. Diese Geschlechtszellen besitzen gegenüber den normalen Körperzellen einen einfachen Chromosomensatz (haploid). Von Eiern sprechen wir dann, wenn im Fall sexueller Vermehrung die weibliche, generative Zelle sich deutlich von der männlichen Form unterschiedet. Die meisten Fische sind Freilaicher, d.h. sie geben eine große Menge an Eiern ins freie Wasser ab. Diese werden durch das ebenfalls frei abgegebene Sperma der Männchen befruchtet. Relativ wenige Fische betreiben Brutfürsorge oder haften beispielsweise ihre Eier an Strukturen an.
Die Eier der Amphibien sind in der Regel von einer im Wasser aufquellenden Gelschicht umhüllt. Diese trägt in flachen Gewässern erheblich zur Erhöhung der Temperatur bei, indem sie wie ein Brennglas wirkt.
Zahlreiche Schwierigkeiten hatten Organismen vor dem Wechsel auf das Land zu bewältigen. Einige betrafen auch das Ei, denn einerseits drohte an Land die Austrocknung, andererseits bei zu starkem Schutz vor Austrocknung die Erstickung. Die Lösung entstand vor etwa 320 Millionen Jahren durch die Anlage einer dritten Eihülle im Inneren, dem Amnion. Dieses bietet sozusagen einen geschützten Tümpel außerhalb des Wassers. Der Embryo entwickelt sich in einer von Fruchtwasser gefüllten Fruchtblase. Davon profitierten bis heute Schuppenechsen, Schildkröten, Krokodile, Vögel und Säugetiere. Wie die Ausstellung Max und mini im Hochparterre verdeutlicht, finden sich gewaltige Größenunterschiede unter verwandten Arten in der belebten Natur. Die Eier sind davon ebenfalls betroffen. So stammt das kleinste bekannte Vogelei von den Kolibris (Trochilidae) und ist gerade einmal 11 mm lang. Mit 0,4 g nimmt es etwa 17 % des gesamten Körpergewichts ein. Heute ist das Straußen-Ei (Struthio camelus) das Größte mit einer Länge von 15 cm und einem Gewicht von bis zu 1,8 kg. Dies entspricht etwa 30 Hühnereiern. Im Verhältnis zur Körpergröße ist dieses Ei allerdings klein Es nimmt nur knapp 2 % des gesamten Körpergewichts ein.
Zur Kulturgeschichte
Der Frühling, die Zeit des Erwachens in der Natur, wird bei vielen Völkern unserer Breiten seit undenklichen Zeiten mit Festen und verschiedensten Bräuchen begrüßt. Diese Frühlingsfeste waren ehemals der vorchristlichen Frühlingsgöttin „Ostarun“ geweiht. Von ihr wurde dann das Wort „Ostern“ abgeleitet. Zahlreiche europäische Osterbräuche gehen auf die vorchristlichen Frühlingsfeste zurück. Dazu gehören seit dem 17. Jh. auch das mittlerweile weit verbreitete Suchen und auch Verschenken von gefärbten oder in verschiedenen aufwendigen Techniken verzierten Ostereiern. Das Färben und Bemalen von Eiern ist ein sehr alter Brauch. Aus Deutschland ist er uns seit mindestens dem 4. Jh. bekannt.
In Osteuropa bevorzugte man goldfarbene, in Mittel- und Westeuropa dagegen rot gefärbte Eier, die man seit mindestens Anfang des 17.Jh. „Ostereier“ nannte. Andere Färbungen und Verzierungstechniken wurden nun entwickelt, wie z.B. die Ätz- und die Kratztechnik, das Wachsbossieren (das Auftragen von farbigem Wachs) sowie die Wachsbatiktechnik, das Umnähen und Besticken der Eier. Unter den vielen bemalten Eiern Ost- und Südosteuropas fallen besonders die der Huzulen auf (ein Volk, das außer in Polen in einigen südosteuropäischen Ländern lebt) mit immer wieder variierten traditionellen Mustern auf. Die Holzeier aus Bulgarien sind mit Kerbschnittmustern, Brandstempeln und Abziehbildern religiösen Inhalts geschmückt. Die häufig aufwendig gestalteten Holzeier aus Russland sind mit Motiven aus der Religion und der Märchenwelt, aus der Natur und Folklore bemalt. Auch in vielen außereuropäischen, nichtchristlichen Kulturen galt und gilt das Ei als Quell allen Lebens.
Weitere Informationen: www.museum-wiesbaden.de
(sun/Foto: Museum Wiesbaden)